Kopfhörer #104: Die etwas andere Sigrid Horn
"Desmoi is gaunz aundas", singt Sigrid Horn zum Auftakt von "Nest". Das hört man schnell. Denn zu den Erfahrungen der Zeit kommt eine ungewöhnliche "Begleitmusik".
Das dritte Album der Liedermacherin ist ein Werk zum Hinhören und Mitdenken. Auf ihre eigene, charmante Art und Weise macht sie sich in den zwölf Songs Gedanken um sich, um das Geschenk des Lebens, um das Fliegen, um die Notwendigkeit von Courage in einer Zeit, in der die Schreihälse die Überhand zu gewinnen scheinen, und hat dabei nicht nur die große weite Welt im Visier, sondern auch ihren kleinen persönlichen und privaten Kosmos.
"guidn" ist eine Liebeserklärung an ihr Kind, an die Veränderung, die sich aus der Geburt eines jungen Menschen ergibt, der einem plötzlich das ganze Leben mit anderen Augen sehen lässt. Alles würde sie für das kleine Wesen geben, singt sie da, und dass eben mit dem Kind alles golden ist. "I woa nu nie so reich". So wahre, so ehrliche Worte über die Gefühlswelt, die sich aus der Geburt eines Kindes ergibt.
Düster und hoffnungsvoll
Die Produktion ist fokussiert auf Horns Fähigkeit, ihre Geschichten im Dialekt so erzählen zu können, dass man ihr einfach zuhören muss. Und so düster der Liederreigen in manchen Momenten auch ist, so hört man auch so viel Freude und Hoffnung aus den Texten. Ihre Band, ein unüblich besetztes Streichquartett verleiht "Nest" Wärme und Aufbruchstimmung. Mit Stefanie Kropfreiter, Marlene Herbst (Bratschen), Ulla Obereigner (Geige) und Anna Aigner (Cello) hat sie vier Musikerinnen an ihrer Seite, die den Liedern von Horn eine spezielle Note verleihen.
Die Leichtigkeit des Seins hört man am besten in "treviso", dieser Ode an das Leben und das Lieben, an die Freiheit, tun zu können. "He bua, is lebm geht voabei, entweda lossmas vageh oda samma mit dabei" - das könnte man sich schon ins Stammbuch des eigenen Lebens schreiben lassen. Denn wer nichts riskiert, hat das Leben nie probiert. Und probieren sollte man die Songs von "Nest". Immer und immer wieder. Sie treffen Herz, Hirn und Seele.
Sigrid Horn "Nest" (Bader Molden Recordings)