Ohne Berührungsangst
Erfrischendes Album von Harald Baumgartner
Seine Geschichten haben viel mit dem Leben zu tun. In ihnen spielen Menschen die Hauptrolle, die nicht aus dem geklonten Werbeprospekt kommen, sondern die das Leben geformt, zu dem gemacht hat, was sie sind.
Harald Baumgartner, waschechter Oberösterreicher, der mittlerweile in Wien seine Zelte aufgeschlagen hat, singt über unsere Zeiten und über diese Menschen. Mit viel Gefühl, lässigen musikalischen Grooves, Schmäh und jenem Respekt, den alle verdienen, mit denen man sich auseinandersetzt. "Melancholèrisch" (XTension) ist ein überraschend frisches Stück österreichischer Popmusik, weil sich sein Macher nicht um Konventionen schert.
So wenig wie er ein bestimmtes Genre bedienen will, so wenig hat er für starre Formate über. Er will einfach die Menschen berühren, sie zum Lachen wie zum Weinen und dazu noch zum Nachdenken bringen, womit er keineswegs der erste ist. Das wollen viele. So gut wie Baumgartner ist das aber schon lange keinem mehr gelungen. Er ist ein feinsinniger Songwriter, der sich im großen Gefühlsbad – "Wir" im Duett mit Andy Baum – ebenso gefällt wie im soulig-funkig versetzten "Die Lautflüsterer".
Mit leichter Hand verbindet er den tänzelnden Groove mit Gesellschaftskritik ("Immerwieder") und tut das in der Sprache, die seine ist. Der Dialekt ist nicht von gestern, der Dialekt ist von heute. Genau das macht "Melancholèrisch" zu einer spannenden wie interessanten Begegnung in insgesamt 16 Liedern, die alle eines gemeinsam haben: Sie lassen nicht kalt. (rgr)