"Ein Dorf zieht blank": Wenn die Bauern der Normandie die Hosen runterlassen müssen
Legere Komödie, in der ein Fotograf und ein Ortschef den Blick für Kunst und Agrarpolitik öffnen wollen.
Wenn Fotografen im Film auftauchen, bedeutet das meistens blanken Horror. Alfred Hitchcock setzte dem in "Das Fenster zum Hof" sogar ein eigenes Denkmal.
Die gleiche Welle des Misstrauens, wie sie James Stewart als "Voyeur mit Kamera" in dem Film aus dem Jahr 1954 entgegenschlug, erfährt auch der US-Fotograf Newman (Toby Jones) in "Ein Dorf zieht blank". Er hat sich ausgerechnet ein Feld in einer 600-Seelen-Gemeinde in der französischen Normandie ausgesucht, um Menschen dort festzuhalten – nackt! Das kommt Ortschef Georges Balbuzard gerade recht: Er braucht dringend Öffentlichkeit, um die Anliegen seiner immer stärker unter Druck geratenden Landwirte zu vermitteln.
Stolz, Scham, Sturschädeln
Doch der Künstler und der Bürgermeister, der selbst Bauer ist und von François Cluzet ("Ziemlich beste Freunde") einnehmend authentisch gespielt wird, haben Stolz, Scham und Sturschädeligkeit der Bewohner unterschätzt. Der Umstand, die Hose runterzulassen, legt alte, unverheilte Wunden frei und streut Salz in sehr frische. Es entspinnt sich eine humorvolle Seelenschau, tief hinein in die Mentalität der "Normannes". Dabei werden reichlich Themen aufgearbeitet – von der US-Befreiung über Stadtflucht bis hin zu einer desaströsen Agrarpolitik. Dazu eine Prise Liebe und Felder im Wind – und eine lockere Spätsommerkomödie ist serviert. Nur am blutigen Aktionismus hätte man sparen können – der ist in Hitchcock-Filmen besser aufgehoben. (nb)
"Ein Dorf zieht blank": 2018 105 Min., Regie: P. Le Guay
OÖN Bewertung:
Der Trailer zum Film: