"Birdman": Im rasanten Sturzflug Richtung Oscar
HOLLYWOOD. In "Birdman" brilliert der frühere Batman-Darsteller Michael Keaton als strauchelnder Star.
Riggan Thomson ist ein in die Jahre gekommener Superhelden-Darsteller. Als Weltretter mit Vogelmaske kennt ihn jeder – aber jetzt will er endlich große Kunst inszenieren. Er versammelt ein erlesenes Ensemble, um am New Yorker Broadway Theater zu spielen.
Michael Keaton spielt diesen Riggen in "Birdman", den neun Mal für den Oscar nominierten Film von Regisseur Alejandro González Iñárritu ("Babel", "Biutiful"). Besser wäre die tragende Säule des Films auch nicht zu besetzen gewesen: Michael Keaton, der in den 80er Jahren tatsächlich Batman war, und seitdem im Kino keinen würdigen Platz gefunden hat, zerstreut die zweifelhaften Erinnerungen an den Mann im Fledermaus-Kostüm spielerisch.
Zynismus und Geltungsdrang
Iñárritu lässt unsichere Diven aufeinander los, in einer Atmosphäre, die von Zynismus, Geltungsdrang, Machtspielen und Angst vergiftet ist. Dem Kinobesucher verheißt das aufreibende Chaos fesselnde Unterhaltung. Etwa wie Riggan stoisch ruhig die Entscheidungen für "seine" Inszenierung trifft. Den "grauenhaften" Co-Star wollte er ohnehin loswerden, ihm fällt wie zufällig ein Scheinwerfer auf den Kopf. Das kommentiert der auch die Hauptrolle spielende Riggan: "Dass er blutet, ist wenigstens authentisch!"
Es sind absurde Szenen wie diese, die "Birdman" ein schönes Gleichgewicht aus Witz und Tragik verleihen. Nach dem Beinahe-Tod des alten Co-Stars engagiert Riggan einen neuen: den jüngeren, gefeierten Darsteller Mike Shiner. Edward Norton ("Grand Budapest Hotel", "Fight Club") verkörpert ihn in Perfektion.
Norton treibt Shiner mit krankhafter Leidenschaft und monströsem Ego auf die Spitze – unübersehbar, unüberhörbar und derb. Während die beiden ein Stück über Liebe auf die Bühne bringen, quälen sich die zwei Alphamänner bis aufs Blut.
Von "Birdman" verfolgt
Iñárritu gesteht diesem Kampf keine falsche Dominanz gegenüber der Inszenierung zu. So elegant, dass es fast unmerklich geschieht, verknüpft er das Theaterspiel mit den Filmszenen und das Bühnenbild mit den bröckelnden Fassaden der Figur. Das Theater wird zum überdimensionalen Puppenhaus, in dem auch Zach Galifianakis als hypernervöser Manager, Naomi Watts als fragile Debütantin und Emmy Stone als Riggans kulleräugige, innerlich abgestumpfte Tochter brillante Szenen veredeln.
Je länger das alles dauert, umso stärker verdeutlicht Keaton, wie es in Riggan innerlich arbeitet. Immer wieder erscheint ihm die Comicfigur "Birdman", die ihn verfolgt und flüsternd fertig macht.
Eine ideale Metapher dafür, wie Hollywood seine Stars verheizt und fallen lässt. Aber Keaton steht mit "Birdman" wieder auf – wie ein Phönix aus der Asche.
Kino: "Birdman", USA 2014, 119 Min., A. G. Iñárritu
OÖN Bewertung:
Gewinnspiel