"Siegfried" im Musiktheater: Auf dem Weg zum freien Menschen
Am Samstag steigt im Linzer Musiktheater die Premiere von Richard Wagners "Siegfried".
Richard Wagner schrieb im Vorwort von "Oper und Drama": "Es liegt mir daran, nicht nur anzuregen, sondern mich auch vollkommen verständlich zu machen." Genau das sei bei Wagner irrsinnig kompliziert, weil seine Motivgeflechte aufeinander aufbauen. "Siegfried", der dritte Teil von Richard Wagners Tetralogie "Der Ring des Nibelungen", der am 1. November im Linzer Musiktheater seine Premiere erlebt, sei überhaupt das schwierigste Stück, um es plausibel zu erzählen, sagt Regisseur Uwe Eric Laufenberg. Warum? "Weil die Bedeutungsebene und die Naturmetaphern ganz schön auseinandergehen. Versuchen Sie einmal, die Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus zu inszenieren, die in einem Wald spielt – und dann kommt ein Drache, der mit einem Schwert bekämpft wird. Natürlich ist das Schwert das Synonym für eine neu produzierte Waffe, eine Waffe, die es vorher nicht gab, mit der jeder besiegt werden kann und deren Schmiedevorgang minutiös komponiert ist – aber wie machen Sie diese Metapher auf der Bühne deutlich?"
Zum Vatermord gezwungen
Siegfried sei für Laufenberg eine Figur, bei der man denkt, es könnte alles gut werden – "Siegfried ist für mich auch keine negative Figur. Er hat viel durchgemacht und er muss Mime töten, sonst wird er von Mime getötet. Das heißt, es ist eine Art der Selbstverteidigung, die nichts Bösartiges im Sinn hat. Der Schmied Mime hat Siegfried ja nur deshalb großgezogen, weil er in ihm selbst die Waffe gesehen hat, mit der er ein Vermögen machen wollte." Es sei nichts Außergewöhnliches, dass Erziehungsberechtigte ihre Kinder dazu benutzen, für sich selbst Wohlstand oder Versorgung zu sichern. Laufenberg: "Und wenn die Eltern dann so bösartig sind, wie Mime – Siegfrieds Ziehvater – es ist, dann ist man zum Vatermord gezwungen."
Laufenberg will Siegfried aus der Ecke der deutschen Helden wegzerren und international beleuchten. Er will einen Mann auf die Bühne stellen, der insgesamt versucht, ein freier Mensch zu sein, sich selbst zu verwirklichen, sich davon zu lösen, welche Aufträge ihm Tradition, Familie und Staat aufbürden. "Davon hat Wagner geträumt", sagt Laufenberg.
Der Schwede Lars Cleveman, der 2011 in Bayreuth als "Tannhäuser" debütierte, wird Siegfried – die längste und schwierigste Tenorrolle der Opernliteratur – in Linz singen. Cleveman: "Siegfried ist einer, der die Wahrheit in der Welt und in sich selbst sucht. Aber diese Überzeugung ist bei mir erst im Laufe der Arbeit gewachsen."
Und weil das Ende von "Siegfried" so positiv ist, weil Brünnhilde und der Held die Liebe feiern, schlägt Laufenberg lächelnd vor, "dass wir statt ,Götterdämmerung’ (Premiere: 7. Februar, Anm.) ,Die lustige Witwe’ machen". Dazu wird es dann doch nicht kommen.
Richard Wagners „Siegfried“
Richard Wagner (1813-1883) hatte den Text dieses Musikdramas 1852 abgeschlossen. „Die Musik wird mir sehr leicht und schnell vonstatten gehen“, hatte er Franz Liszt noch angekündigt; doch es stockte der Fluss, ein „schwermütiger Zweifel“ erfasste Wagner, und es ergab sich eine lange Pause: Die Entstehung des „Rings des Nibelungen“ kam für zwölf Jahre zum Erliegen.
Wagner selbst sprach bei „Siegfried“ von einem „Intermezzo“. Es erzählt „von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“, einem Helden, in den widerstreitende Hoffnungen gelegt sind. Das Werk wurde 1876 in Bayreuth uraufgeführt.
Oper: „Siegfried“, Linzer Musiktheater, Premiere: 1. 11., Termine: 15. 11., 7., 25. 12., 17. 1., 28. 2., 5. 4., 14. 5.
www.landestheater-linz.at