"House of Cards": Gegen Trumps realen Wahnsinn sieht sogar Frank blass aus
Die OÖN sahen die ersten zwei Folgen der am Dienstag anlaufenden fünften Staffel vorab.
Donald Trump residiert als US-Präsident im Weißen Haus und treibt die Welt mit seinen Verhaltensauffälligkeiten an den Rand des Abgrundes – was bedeutet das für ein von pointierten Zuspitzungen lebendes Polit-Drama wie "House of Cards"? Nur wenig Gutes! Das lassen jedenfalls die ersten beiden Episoden der morgen anlaufenden fünften Staffel der Netflix-Serie vermuten, die die OÖN bereits vorab sehen konnten.
Die echte Politik sei in Wahrheit die neue Reality-Show, so Hauptdarsteller Kevin Spacey, der seit 2013 als machiavellistischer US-Präsident Frank Underwood brilliert. "Kaum ein Tag vergeht, an dem ich nicht mit Staunen auf die Nachrichten schaue." Da hat der 57-jährige "Oscar"-Preisträger recht. Exakt dieser Umstand ist es aber, der seiner Serie mittlerweile schwer zu schaffen macht. Wer sich vor politischen Intrigen in Washington richtig gruseln will, braucht nicht "House of Cards" aufzudrehen, CNN reicht völlig. Zu Beginn der neuen Folgen findet sich Präsident Underwood mit "First Lady" und Vizepräsidentschaftskandidatin Claire (Robin Wright) mitten im Wahlkampf wieder. Das Problem: Sein republikanischer Kontrahent Will Conway (Joel Kinnaman) ist nicht nur jünger und fescher, sondern auch ein hochdekorierter Kriegsheld mit Schwiegersohn-Charme. Einen Terroranschlag nutzt Underwood, gegen den ein Komitee wegen früherer Verfehlungen ermittelt, zum Gegenschlag. Während einer wilden Kongress-Sitzung ergreift er das Wort und fordert die Verabschiedung einer Kriegserklärung gegen die Terrormiliz ICO. Mit Sprüchen à la "Angst ist unamerikanisch!" inszeniert er sich als Patriot, der als Einziger die im Fadenkreuz stehende Nation verteidigen könne. Dass er selbst nicht unschuldig an der Misere ist und in Folge zwei sogar einen Cyber-Angriff initiiert, um das Volk auf einen Krieg – und seine Wiederwahl! – einzuschwören, verschweigt Frank.
Erschreckend zahm
Das Spiel von Kevin Spacey und Robin Wright ist gewohnt grandios, die Dialoge sind pfiffig, Nebenplots wurden gestrafft – trotzdem ist "House of Cards" in Staffel 5 erschreckend zahm. Wenn der ursprünglich als Bösewicht von shakespeareschen Ausmaßen angelegte Antiheld plötzlich wie ein vernünftiger Realpolitiker wirkt, dann hat die Realität die Serienmacher leider abgehängt. Als Kammerspiel über die Macht mag die Serie noch funktionieren, das satirische Potenzial ist aber weg.
Trailer zur Staffel Fünf
Der erste große Netflix-Erfolg
Mit "House of Cards" läutete der US-Streamingdienst Netflix 2013 eine neue Ära ein, jene des nonlinearen Fernsehens. Die Serie von Beau Willimon ist eine Adaption der gleichnamigen BBC-Miniserie aus dem Jahr 1990, die wiederum auf dem Roman von Michael Dobbs basiert. Das Drama mit Kevin Spacey in der Hauptrolle war die erste Online-Show, die mit Emmy bzw. Golden Globe Awards ausgezeichnet wurde.
In Deutschland und Österreich läuft "House of Cards" zuerst beim Bezahlsender Sky, danach erst auf Netflix. Die fünfte Staffel startet morgen, Dienstag.
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