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Russisches Seelenfutter

09. Juni 2018, 00:04 Uhr
Russisches Seelenfutter
Masha Kosarewa, Vollblutrussin, gibt Philipp Braun, „Halbrusse“, Einblick in die russische Kulinarik Bild: Volker Weihbold

WM-Spezial: Während die Ballesterer dem Ball nachjagen, lehnen sich Kulinariker bei Borschtsch und Blini zurück.

Der Vielvölkerstaat bietet mehr als Dostojewski und Tschaikowski. Kulinarische Kochkunst zum Beispiel. Philipp Braun hat russische Wurzeln und genoss mit "Handwerkerin" Maria Kosarewa ein paar Kindheitserinnerungen.

Die Zutaten der russischen Seele bestehen aus mehr als dem Schwermut eines Iwan Karamasow, der Zerrissenheit von Raskolnikow oder der Lethargie eines Ilja Iljitsch Oblomow. Das Gefühlsleben der Russen bietet mehr als das. Schon allein deswegen, weil der Vielvölkerstaat mit seinen 17 Millionen Quadratkilometern den Superlativ der Flächenausdehnung besetzt. Im Vergleich dazu ist Österreich (83.879 km2) ein Püppchen und wirkt wie eine Matroschka-Miniaturausgabe – die bunten, schachtelbaren Holzfiguren.

Wenn man bedenkt, welche Animositäten und Mentalitätsunterschiede zwischen Tirol und Wien herrschen, gibt das einen Überblick darüber, wie wenig die russische Innenwelt mit Schwermütigkeit, Melancholie oder Nationalstolz verallgemeinert werden kann.

Stolze Seele

"Sicher bin ich ein stolzer Mensch. Aber ich bin stolz auf das, was ich selber mache, und nicht, aus welchem Land ich komme. Eigentlich ist es wurscht, welche Nationalität ich habe. Wichtig ist, welcher Mensch du bist. Ob Koreaner, Russe oder Österreicher. Wenn der Mensch nicht in Ordnung ist, ist es egal, ob er meine Sprache spricht", sagt Maria (Masha) Kosarewa in einwandfreiem Deutsch.

Die Russin wurde in der Mongolei in Ulan-Bator geboren, wuchs im Süden Russlands, in Pjatigorsk zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer an der Grenze zu Georgien auf und studierte danach in Moskau und St. Petersburg Keramik. Vor 16 Jahren absolvierte die Kunstakademikerin ein Praktikum bei Martin Kunze, verliebte sich und lebt seitdem mit ihrem Mann und den zwei Kindern in der Altstadt von Gmunden. "Ich glaube, dass ich mich gut integriert habe", sagt Masha, die dank ihres Charmes , ihrer Offenheit und ihrer Kunst zu den schillernden Persönlichkeiten in Gmunden zählt. Im Erdgeschoß des über 800 Jahre alten Hauses werden farbige Fliesen gebrannt, Figuren modelliert und Kunstwerke aus Porzellan gefertigt.

Im ersten Stock wohnt das Künstler-Ehepaar. Allerdings hängen nur wenig Stücke von Martin und Masha. "Ich mag gerne Bilder von anderen Künstlern. Wenn ich nur Sachen von mir aufhängen würde, wäre das grotesk. Aber die Sachen von meinem Mann liebe ich schon", erzählt Masha, die sich selbst nicht als Künstlerin sieht – "Ich bin eine Handwerkerin" und eine Verbindung zur Kulinarik zieht. "Beim Kochen benötigt man auch ein Auge, eine Vorstellung, und muss kreativ sein. Ich glaube, dass bei uns in Russland jeder kochen kann. Im Süden ist das auch nicht schwer, weil wir auf eine Vielfalt an Gemüse, Obst, Käse oder Fisch zurückgreifen können." Die Russin macht mit ihren Armen eine ausladende Bewegung und erzählt voller Freude über zwei Meter lange Störe, die auf den Märkten angeboten werden.

Kulinarischer Reichtum

Stör und Kaviar scheint ein Grundnahrungsmittel im Süden zu sein. "Ich bin mit schwarzem Kaviar aufgewachsen. Bei uns ist das nicht so teuer", sagt die kochende Künstlerin, die für Blinis, die russische Palatschinkenvariante, orangen Kaviar nimmt. Die Blinis werden anders als in Österreich nicht gerollt, sondern zu Vierteln zusammengelegt, reichlich mit Kaviar, Lachs oder Faschiertem gefüllt und danach mit den Fingern gegessen. Aber auch in Russland ändern sich die Ernährungsgewohnheiten. "Jetzt rollt jeder die Blinis", sagt Masha und vermerkt, dass immer mehr Leute reisen (wenn möglich) und sich auch dadurch Gerichte verändern. Zudem fangen Russen an, gesünder zu kochen.

"Früher verwendete man viel Öl, Mayonnaise, Speck. Es war schwer und üppig, nicht wirklich gesund, aber es schmeckte unglaublich. Der Tisch muss sich zu den Festen biegen", erklärt Masha. Zu den restlichen Tagen wird viel Brot gegessen. Und das zu jeder Mahlzeit. "Im Durchschnitt sind die Familien arm. Es wird einmal gekocht, das Gericht gibt es an mehreren Tagen. Wie Borschtsch. Zum Frühstück, zu Mittag und am Abend." Das Rote-Rüben-Gericht ist in der russischen DNA verankert und schmeckt vegetarisch genauso gut wie mit Fleisch. Eine andere Speise ist in Österreich eher unbekannt, gilt in Russland als Spezialität, die zu Silvester, Weihnachten oder zum Geburtstag zubereitet wird: Hering im Pelzmantel oder russischer Heringssalat. "Kostet davon! Dann habt ihr den Geschmack von unserem Silvester. So schmecken die Feiertage", sagt Masha, die es sich nicht nehmen lässt, Wodka auszuschenken. "Dazu müsst ihr schon Beluga-Wodka trinken."

Der angebliche Wodkakonsum ist für Masha eine Mär und gilt nicht für alle Russen. Das will sie so nicht stehen lassen. "Normale Menschen trinken nur am Wochenende und feiertags. Oder wenn Freunde kommen. Zumindest in meiner Familie war es so."

Blini

Entspricht Palatschinkenteig. Traditionell wird Buchweizenmehl und Germ genommen.

Zutaten: 10 g Germ, 300 ml Milch, 300 g Mehl, Prise Salz, 2 Eier, Kaviar

Zubereitung: Hefe zerbröckeln, mit Milch und 2 EL Mehl verrühren. 15 Minuten gehen lassen. Restliche Zutaten untermischen, in einer heißen Pfanne Blinis backen, auf Teller schlichten, mit flüssiger Butter bestreichen, und mit Kaviar füllen.

Borschtsch

Zutaten (für vier Personen:)
300 g Rindfleisch
150 g rote Rüben
300 g Kartoffeln
300 g Kraut
2 Tomaten
1 Karotte
1 Zwiebel
2 EL Tomatenmark
2 Knoblauchzehen
Petersilie, Lorbeer, Salz, Pfeffer

Borschtsch
Bild: Weihbold

Zubereitung: Zuerst eine Bouillon kochen.
Dann rote Rüben, Zwiebel, Karotte klein schneiden, in Öl anbraten bis alles durch ist (30 min).
Kartoffeln würfelig und Kraut fein schneiden und 15 min in Bouillon kochen.
Rüben, Karotten, Zwiebel in die Bouillon geben und 30 Minuten köcheln lassen. Am Ende Knoblauch hinein schneiden und servieren. Zum Schluss ein Sauerrahm-Häubchen drapieren und mit verschiedenen Gewürzen wie Dill, Petersilie oder Koriandergrün garnieren.

Hering im Pelzmantel

Zutaten (für vier Personen):
200 g Heringe
3 Stk. gekochte Rote Rüben
1 Zwiebel, 2 große gekochte Erdäpfel, 3 Dotter von hartgekochten Eiern, Mayonnaise

Zubereitung: Den Heringssalat in verschiedenen Schichten zubereiten. Zuerst kommt eine Schicht grob geriebener Roter Rüben. Dann geriebene Kartoffeln. Die nächste Schicht besteht aus klein geschnittenen Zwiebeln. Dann Hering, klein geschnitten. Darauf Mayonnaise streichen, dann wieder Zwiebeln, Kartoffeln, Rote Rüben, Mayonnaise. Zum Schluss mit den klein geschnittenen Dottern bestreuen.

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