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Schule als Bildungsmacht

Von Roman Sandgruber, 12. Februar 2011, 00:04 Uhr

Dass Bildung die entscheidende Macht ist, davon war Adalbert Stifter, Oberösterreichs erster Landesschulinspektor, zutiefst überzeugt. Bildungspolitik und Schulreformen standen immer wieder im Zentrum der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen.

Das frühe Schulwesen war eine Angelegenheit der Klöster. In Mondsee sind bereits ab dem 12. Jahrhundert Hinweise auf eine Klosterschule vorhanden. 1514 gründete Abt Wolfgang Haberl ein sechsklassiges Stiftsgymnasium, das erste seiner Art in Oberösterreich. 1549 folgte Kremsmünster.

Das Aufblühen der Städte führte zu einem gesteigerten Bildungsangebot. Die ersten dieser Schulen gab es in Enns 1242 und in Wels 1273. Der erste Linzer Schulmeister wurde 1355 im Zuge eines Streits zwischen dem Stadtpfarrer und den Linzer Bürgern erwähnt. Der Schulmeister, so wurde festgelegt, sollte vom Pfarrer und den Bürgern gemeinsam eingesetzt und abgesetzt werden können. Bei Konflikten sollte der Schlosshauptmann das letzte Wort haben.

Im 14. Jahrhundert hatte jede Stadt auch ihre Schule. Auch in vielen Landpfarren unterrichteten im Spätmittelalter niedrige Geistliche oder fahrende Studenten. Den hohen Rang dieses Schulwesens bestätigen im 15. Jahrhundert die vielen Oberösterreicher an der Universität Wien.

Mit der Verbreitung des Protestantismus ging die führende Rolle im Schulwesen von den Kloster- auf die Stadtschulen über. Steyrs Lateinschule erfreute sich eines besonderen Rufs. In Braunau gab es Mitte des 16. Jahrhunderts zwei lateinische und drei deutsche Schulmeister. In Freistadt aber wollte sich keiner finden, weil seine Entlohnung zu schlecht war und er durch die Reformation alle Einkünfte aus dem Kirchendienst verloren hatte. Über den Schulmeister von Lasberg beklagte sich 1559 der Pfarrer, dass er die Schule oft ausfallen lasse und sich umso eifriger dem Schnapsbrennen widme.

Im Bauernkrieg 1595 vertrieben die Bauern die Schulmeister in Rohrbach, Aigen und Ulrichsberg. Sie forderten, dass sie nicht lateinisch, sondern deutsch singen sollten.

Eine besondere Stellung hatte die 1543 begründete und 1567 von Enns nach Linz verlegte Landschaftsschule. 1574 wurde sie im neuen Landhaus untergebracht. Hier wirkten berühmte Lehrer wie der Mathematiker und Astronom Johannes Kepler.

Einstieg der Jesuiten

Mit der Gegenreformation mussten die protestantischen Schulmeister das Land verlassen. 1635 wurde die Landschaftsschule geschlossen. Die Jesuitengymnasien traten an ihre Stelle. Die Jesuiten hatten 1608 in Linz und 1632 in Steyr Gymnasien eröffnet und richteten auf Betreiben der Stände 1669 auch eine zweiklassige philosophische Lehranstalt ein, die im 18. Jahrhundert schrittweise um theologische, rechtswissenschaftliche und medizinische Lehrgänge erweitert wurde. 1674 hatte sie sogar das Recht zur Verleihung der unteren akademischen Grade erhalten. Das Stift Kremsmünster eröffnete 1738 ein naturwissenschaftlich ausgerichtetes Lyzeum, das 1744 mit einer Ritterakademie verbunden wurde.

Im niederen Schulwesen kam es bereits im ersten Jahrzehnt der Regierung Maria Theresias unter dem „Kindergeneral“ Ignaz Parhamer zu Reformen. Das „Spinnschulpatent“ von 1765 stand Pate bei der Einführung der allgemeinen Schulpflicht. Die von Ignaz Felbiger 1774 konzipierte Neuordnung sah in allen Pfarrorten ein- oder zwei-klassige Volks- oder Trivialschulen vor, in den größeren Städten dreiklassige Hauptschulen, und in jeder Landeshauptstadt eine vierklassige Normalschule zur Lehrerausbildung.

Die Schulpflicht für Knaben sollte vom 6. bis zum 12. Lebensjahr dauern. Für Mädchen blieb sie freiwillig, um den Eltern Gelegenheit zu geben, sie „bei einigen Wirtschaftsarbeiten ungehindert gebrauchen“ zu können.

Die Schulen, in der Regel einklassig, wurden nur während der Wintermonate geführt, was in alpinen Lagen erheblich vom Wetter beeinträchtigt wurde. Höher war der Schulbesuch in den stadtnahen oder wohlhabenden Gebieten wie der Eisenwurzen, niedrig in hausindustriellen Gebieten wie im Mühlviertel.

In der theresianischen Schulgesetzgebung war die sechsjährige Schulpflicht sehr verklausuliert ausgesprochen und wurde im Schnitt nur von rund einem Drittel der Kinder befolgt. Erst der josephinische Zwangserlass von 1781 für die Sechs- bis Zwölfjährigen hatte mehr Erfolg. Der Besuch der Trivialschulen, bislang mit Kosten verbunden, wurde für Knaben gratis oder auf die Hälfte reduziert. Für Mädchen musste weiterhin bezahlt werden.

Gegenteilige Tendenz

1784 wurden für Linz 1230 schulfähige Kinder gemeldet, aber nur 599 erschienen. Noch 1844 konnten von 2644 Schulpflichtigen höchstens zwei Drittel mit aller Nachsicht als Schulbesucher gelten. Allerdings erfolgte vor allem im Adel und im Bürgertum der Unterricht noch häufig durch Hauslehrer.

Im mittleren und oberen Schul- und Studienbereich war hingegen unter Maria Theresia und Joseph II. die gegenteilige Tendenz zu erkennen. Das Verbot des Jesuitenordens 1773 beeinträchtigte die höhere Ebene erheblich, zumal ein paar Jahre später mit der Aufhebung des Stiftes Mondsee auch der neben Kremsmünster wichtigste Schulstandort der Benediktiner wegfiel. Da die Jesuitengymnasien prinzipiell unentgeltlich zugänglich waren, wurde mit deren Aufhebung gerade den unteren Schichten die Möglichkeit zum Besuch höherer Schulen weitgehend entzogen.

Die Universitätsreform des späten 18. Jahrhunderts strebte eine Reduktion der Studentenzahlen an. Linz, das höchste Bildungsansprüche verwirklichen wollte, sank in eine bescheidene provinzielle Stellung ab: 1808 endete das ohnedies begrenzte Medizinstudium, 1810 wurden auch die juridischen Vorlesungen eingestellt.

Die Revolution von 1848 leitete auch eine Bildungsrevolution ein. Um das Niveau der Pflichtschulen zu heben, wurde das Amt der Landesschulinspektoren geschaffen. Adalbert Stifter bekleidete es in Oberösterreich als Erster von 1850 bis 1865. Mit dem Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869 wurde die achtjährige Schulpflicht wirklich durchgesetzt.

1875 gab es im Lande 485 Volks- und acht sogenannte Bürgerschulen, bis zum Ersten Weltkrieg deren 544 bzw. 20. Bei der Volkszählung 1880 waren unter den mehr als zehn Jahre alten Oberösterreichern noch etwa 20 bis 25 Prozent Analphabeten. Bis 1910 konnte der Anteil auf rund 1,7 bis 2 Prozent gedrückt werden.

Mit der Revolution wurde auch der Zugang zur höheren Schulbildung etwas erleichtert. Die Lyzeen in Linz und Kremsmünster wurden in Gymnasien umgewandelt und von sechs auf acht Klassen ausgeweitet. An vollwertigen Gymnasien gab es in Oberösterreich vorerst jenes von Kremsmünster und das Staatsgymnasium in Linz, das 1873 in den Neubau auf der Spittelwiese übersiedelte. 1867 folgten das Real- und Obergymnasium in Freistadt und 1871 das Staatsoberrealgymnasium in Ried. Gmunden und Wels erhielten 1896 und 1901 Gymnasien und Linz 1889 ein erstes Mädchenlyzeum, die Körner-Schule.

Die auswärtigen Schüler mussten in Linz in Privatquartieren wohnen, Priesterkandidaten in Internaten am Freinberg und im Sale-sianum. Die Prüfungen waren aber am Staatsgymnasium abzulegen. Nach der Eröffnung des Kollegiums Petrinum (1897) unterhielt dieses ein Knabenseminar.

Für den naturwissenschaftlich-technischen Bereich gab es eine Oberrealschule in Linz und Unterrealschulen in Ried, Steyr und Wels, Handelsschulen in Linz und Steyr, Fachschulen, z. B. für Holzbearbeitung in Hallstatt, Eisenindustrie in Steyr und Weberei in Haslach, sowie Landes-Ackerbauschulen.

Die Gymnasiallehrer begannen meist an kleineren Schulen im Sudetenland, bevor sie die Ehre hatten, ans Staatsgymnasium in Linz berufen zu werden. Auch die Linzer Realschule muss hervorragend gewesen sein, sonst hätte der Wiener Multimillionär Karl Wittgenstein sicher nicht seinen Sohn Ludwig, der als Philosoph weltberühmt wurde, dorthin geschickt.

Die großen Neuerungen

Den größten schulpolitischen Fortschritt im 20. Jahrhundert brachten erst die 1960er-Jahre mit dem enormen Ausbau des Netzes der Haupt-, Berufs- und Höheren Schulen und den Universitätsgründungen. Das Schulgesetz von 1962 schaffte die Ortsschulräte ab, die Schulpflicht wurde 1966 auf neun Jahre verlängert, der Übertritt ins Gymnasium erleichtert, für die Lehrerausbildung wurden pädagogische Akademien geschaffen.

Heute hat Oberösterreich rund 250 mittlere und höhere Schulen mit mehr als 70.000 Schülern, vier Unis, zwei Pädagogische Hochschulen und 40 Fachhochschullehrgänge. Die Zahl der Maturanten versiebenfachte sich von 1960 bis 2010. Der Akademikeranteil stieg von einem auf mehr als vier Prozent.

196 Schüler saßen in der ersten Klasse

Der Linzer Primarius Dr. Fritz Reiß hinterließ inter-essante Erinnerungen an seine Schulzeit in Linz.
Der Mediziner hatte am damaligen Staatsgymnasium auf der Spittelwiese anno 1900 die Reifeprüfung abgelegt. Über die allgemeine Schulsituation schrieb er:

„Da die Schülerzahl sehr groß war – 196 in der ersten Klasse –, gab es Parallelklassen ... Auch waren die meisten der Mitschüler von auswärts, zumeist vom Lande. Denn außer in Kremsmünster gab es in Oberösterreich kein zweites größeres Gymnasium, nur zwei kleine in Ried und in Freistadt. Die aber galten als Refugia peccatorum (Zuflucht der Sünder, Anm. d. Red.).
Zudem gab’s in Linz ein größeres bischöfliches Konvikt (Paulhaiderhof, später Salesianum) und auch sonst billige Kostorte bei älteren Frauen oder Ehepaaren, die ein wenig dazuverdienen wollten. Die Jesuiten auf dem Freinberg hatten 1892 zwar auch ein Internat mit Privatgymnasium, aber die Schüler mussten Jahresabschlussprüfungen am Staatsgymnasium ablegen, ebenso dort die Reifeprüfung machen.

Aber auch das hörte sich auf, als 1896 das Bischöfliche Gymnasium eröffnet wurde, wohin auch von meinen Mitschülern einige übersiedelten, die bisher im Paulhaiderhof gewohnt hatten und die Theologie weiterstudieren wollten.“
Emil Puffer (Hg.), „Das alte Linzer Gymnasium in den Augen eines Schülers, Oberösterreichische Heimatblätter, 43, 1989, Heft 4, Seite 342-364.

Schulstrafen

Erziehungs-Richtlinien für Lehrer zielten im 18. Jahrhundert auf Strenge ab.
1748 stand In der Schulordnung für Atzbach (Auszüge):
„ … wenn ein Kind betreten wurde, es zur gebräuchlichen Schulstrafe ziehen und die Offenbarer mit Bildern, Agnus Dei-Kreuzlein, Nachlass verdienter Strafen belohnen.

Mit der Schulstrafe soll er moderate procedieren und vornehmlich sich enthalten, dass er die Kinder nicht um den Kopf oder zwischen den Ohren schlagt, sondern nach ihrem Verdienen fein seltsam aber nicht in furi (Zorn, Anm. d. Red.) abstraft.
Die Furchtsamen soll er mit Sanftmut informieren, die Fleißigen loben, die Faulen mit Schmachworten und Schulstrafen belegen.
Allen Ernstes soll er die Schüler anhalten, dass sie dem Pfarrer, Kaplan oder anderen Geistlichen, vornehmen Personen und alten Personen die gebührliche Ehre mit Abziehung des Hutes oder auch mit Reverenzmachen erweisen…“
Zitiert nach Ferihumer, Das niedere Schulwesen, 22 f.

Die Schule wieder ernst nehmen

Wir erleben derzeit eine Bildungs-Explosion – und klagen dennoch über eine Bildungskrise.
Aber was man 1910 unter Lese- und Schreibfähigkeit verstand, war etwas ganz anderes, als der aktuelle Pisa-Test unterstellt. Absolventen wissen heute im Schnitt viel mehr als vor 50 Jahren, aber das Schulsystem wird in Frage gestellt. Zeugnisse zählen nichts mehr. Kaum ein Prominenter vergisst zu sagen, wie schlecht er in der Schule war. X-beliebige Studienberechtigungs-Lehrgänge, bei denen kaum mehr als 50 Vokabeln oder ein radebrechender Deutsch-Aufsatz verlangt werden, zählen gleich viel wie achtjährige Gymnasien. Wir werden die Schule wieder ernst nehmen müssen. Dann wird es keinen Bildungsnotstand mehr geben.

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