Das deutsche Basketball-Wunder
Wie das 3x3-Frauen-Nationalteam auf der Place de la Concorde über sich hinauswuchs
Der deutsche Basketballsport erlebt ein vor wenigen Jahren in dieser Form nicht zu erwarten gewesenes Hoch. Das liegt nicht nur am amtierenden Herren-Weltmeister im konventionellen "Fünf gegen fünf" um die Topstars Dennis Schröder und Franz Wagner. Das Duo führte das Nationalteam zur Mittagszeit zum 76:63-Erfolg über Griechenland und damit in das Halbfinale der Sommerspiele 2024.
Diese Errungenschaft steht trotzdem aktuell im Schatten der 3x3-Frauen-Auswahl, die Deutschland die allererste Olympia-Medaille im Basketball bescherte. Noch dazu in Gold.
Die Variante 3x3 (mit drei Aktiven, auf nur einen Korb zielend, bis 21 Punkte oder maximal zehn Minuten) ist eine echte Trendsportart, die pfeilschnelle Streetball-Variante füllt Stadien. Von 22. bis 25. August wird die Europameisterschaft im Wiener Prater Station machen.
"Ich bin stolz bis zum Mond"
In Paris wurde die Place de la Concorde zur Bühne, 5000 Fans, darunter die Legenden Dirk Nowitzki und Pau Gasol sowie Spaniens König Felipe VI., sahen den Showdown zwischen Spanien und den Deutschen, die mit 17:16 das bessere Ende für sich hatten. Eine Mega-Überraschung.
Die fantastischen vier – Sonja Greinacher, Elisa Mevius, Marie Reichert und Kapitänin Svenja Brunckhorst, die anschließend mit Nowitzki abklatschen sollten – spielten sich aus der krassen Außenseiterrolle in einen Rausch. "Das ist verrückt, ich bin stolz bis zum Mond und zurück", staunte Coach Samir Suliman mit offenem Mund: "Wir haben es geschafft, unsere Leistung ganz nah an die 100 Prozent zu bringen."
Sonja Greinacher erinnert sich an die bescheidenen Anfänge von 3x3, das Projekt wurde in Deutschland aus der Taufe gehoben, um den zugesprochenen Startplatz bei den European Games 2019 in Minsk zu nutzen. "Ich kam aus dem Fünf-gegen-fünf-Basketball. Da ist alles strukturiert, da werden Systeme gelaufen. Beim 3x3 geht alles so rasant, zu Beginn bin ich herumgerannt wie Falschgeld", berichtete die 32-Jährige.
Die Entwicklungsarbeit hat sich gelohnt. 2021 in Tokio feierte 3x3 seine olympische Premiere, damals war Deutschland noch nicht qualifiziert. Jetzt ist der Gipfel erreicht und die Weiche für einen echten Boom in der Heimat gestellt.
"Dieses Gold ist der Startschuss für vieles, es wird Türen öffnen", betonte Svenja Brunckhorst, die mit 32 Jahren am Höhepunkt ihrer Karriere abtritt und ins Management für Mädchen- und Frauen-Basketball bei Alba Berlin übersiedelt. Das Küken im Team, Elisa Mevius (20), wird noch länger spielen und Zeit brauchen, um das Wunder von Paris zu begreifen. "Es ist alles so besonders hier und kaum zu fassen, was da passiert ist."
Die Deutschen verloren nur eines ihrer neun Matches. Auf der Abschussliste standen auch die Nummer 1 (China) und 2 (USA) der Welt. Dirk Nowitzki zeigte sich vollauf begeistert: "Sie haben toll gekämpft, unglaublich gespielt und Historisches erreicht. Eine deutsche Olympia-Medaille ist der Wahnsinn."
Weitere sollen folgen. Auch die "5-gegen-5"-Damen sind stark unterwegs und heute im Viertelfinal-Einsatz gegen Frankreich. Die Equipe Tricolore ist auf dem Papier zu favorisieren. Aber das muss nichts bedeuten. Eine bessere Moralinjektion als den jüngsten 3x3-Höhenflug in den eigenen Reihen gibt es nicht.