Stars in der Manege: Wer entscheidet das 74. "Derby"?
SANKT PETERSBURG. WM-Semifinale: Frankreichs Kader hat einen Marktwert von 1,08 Milliarden Euro, jener der Belgier bringt es auf 754 Millionen.
Wer löst heute (20 Uhr, ORF eins) in St. Petersburg das erste Fußball-WM-Finalticket? Für Belgien, den Vierten der Endrunde 1986, wäre es eine Premiere, für Frankreich das dritte Mal nach 1998 (Titel) und 2006 (Endspiel-Teilnahme). Die Equipe tricolore startet in Bestbesetzung in dieses 74. "Derby", während die Belgier den gesperrten Thomas Meunier vorgeben müssen. Der 26-Jährige war derjenige gewesen, der Brasiliens Star Neymar entschärft hatte. "Ich habe es mir schwieriger vorgestellt", sollte er nach dem 2:1-Sieg sagen.
Er ist nicht der einzige Belgier, der vor Selbstvertrauen strotzt. Eden Hazard (Chelsea), der auf dem Wunschzettel von Real Madrid und Barcelona steht, traut seinem Team den großen Wurf zu. "Ein WM-Halbfinale ist fein, aber damit sind wir längst nicht zufrieden", betont der 27-jährige Kapitän, der im wallonischen Braine-le-Comte – nur 50 Kilometer von der französischen Grenze entfernt – aufgewachsen ist.
Schon mit 14 wagte Eden den Sprung in die Grande Nation – in die Nachwuchsakademie des OSC Lille. "Eigentlich ist er ja fast einer von uns", lächelte Frankreichs Team-Stürmer Olivier Giroud. Heute auf dem Platz hört sich die Freundschaft auf. Dafür steht viel zu viel auf dem Spiel.
Beide Teams sind gespickt mit Ausnahmekönnern. Dafür genügt ein Blick auf die Geldrangliste. Frankreichs Kader hat einen Marktwert von 1,08 Milliarden Euro – nicht zuletzt dank Kylian Mbappé (120 Millionen), Antoine Griezmann (100) und Paul Pogba (90). Das belgische Aufgebot bringt es auf 754 Millionen. Das ist vor allem Kevin de Bruyne (150 Millionen), Hazard (110), Romelu Lukaku (90) und Thibaut Courtois (60) geschuldet.
Unberechenbare "Rote Teufel"
Der Torhüter machte gegen Brasilien das Spiel seines Lebens, den 1,99-Meter-Hünen vom FC Chelsea müssen die Franzosen erst überwinden, dessen Vorderleute ebenfalls. Belgien stellt das unberechenbarste WM-Team. Für die bisherigen zwölf Tore zeichneten acht verschiedene Schützen verantwortlich.
"Niemand hat gesagt, dass es einfach wird. Aber wir brauchen uns sicher vor niemandem zu verstecken", betont Frankreichs Teamchef Didier Deschamps, der nach dem WM-Viertelfinal-Aus 2014 gegen Deutschland und der EM-Endspiel-Niederlage 2016 gegen Portugal auf den "Trainer-Olymp" klettern will.
Länderspiel-Bilanz
Nur gegen die Niederlande (126 Matches) hat Belgien öfter gespielt als gegen Frankreich. In 73 Duellen feierten die „Roten Teufel“ 30 Siege, 24 Mal gewann die Equipe tricolore, die auch beide WM-Begegnungen für sich entschieden hat: 1938 im Achtelfinale mit 3:1 und 1986 im Spiel um Platz drei mit 4:2 nach Verlängerung. Das jüngste Kräftemessen fand am 7. Juni 2015 in Saint-Denis statt. Belgien behielt mit 4:3 die Oberhand. Mann der Partie war Manchester-United-Legionär Marouane Fellaini, der zwei Tore erzielte.
Die Hazard-Brüder waren Frankreich-Fans
Auf Twitter ist ein Foto aufgetaucht, das die belgischen Fußball-Brüder Kylian (heute U23 FC Chelsea), Thorgan (Mönchengladbach) und Eden Hazard (FC Chelsea) als Kinder am Strand in Trikots von Frankreichs Legende Zinédine Zidane zeigt. Das war 2000, als die „Equipe tricolore“ Europameister wurde. Der damals neunjährige Eden Hazard erinnert sich mit einem Lächeln: „Wir haben uns schon immer als Belgier gefühlt, doch in der Vergangenheit haben wir eher die Franzosen unterstützt. Sie haben einfach viel besser Fußball gespielt.“ Heute kann man das nicht mehr so sagen.
Finale: Frankreich gg. England - und England packt's dann, ganz sicher