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Von Fjord zu Fjord

Von Eike-Clemens Kullmann, 21. Oktober 2018, 07:10 Uhr
Von Fjord zu Fjord
In den Fjorden wirkt selbst ein großes Kreuzfahrtschiff wie die „MS Nordnorge“ oftmals klein – die Natur ist dafür umso imposanter. Bild: eku

Früher haben sie Post und Fracht transportiert, heute bringen die Schiffe der Hurtigruten vor allem Naturliebhaber, die Norwegen von der See aus entdecken wollen.

Die "Finnmarken" wird nie wieder in See stechen. Die alte Lady, die an der Hafenkante des Museumsgeländes in Stokmarknes aufgepallt steht, heißt die Gäste aber heute noch gerne willkommen und gibt Einblicke in die faszinierende Geschichte der Postschiffe der Hurtigruten.

Nur die wenigsten wissen, auf welch lange Geschichte diese zurückblicken. Es war vor 125 Jahren Kapitän Richard With, der in Stokmarknes dem Küstenexpress mit Namen Hurtigruten (Hurtigruta – norwegisch für die schnelle Route) Leben einhauchte. Er sollte abgelegene Küstenorte Norwegens verbinden und Handel sowie Personenverkehr ermöglichen. Allein seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges beförderte Hurtigruten mehr als 30 Millionen Passagiere. Eines sind diese elf Schiffe heute aber längst nicht mehr: Postschiffe, denn die Poststellen an Bord gibt es seit 1984 nicht mehr.

Von Beginn an war die Flotte auch für den Tourismus konzipiert, denn die Norweger sind stolz auf ihren schönen Küstenstreifen, der auf der Karte wie der "Tigerrücken" Skandinaviens aussieht.

Von Bergen nach Kirkenes

Heutzutage sind im Schnitt 70 Prozent der Passagiere Touristen. Viele fahren in zwölf Tagen die ganze Strecke, von Bergen, an der Stirn des Tigers, entlang der Küste bis zum arktischen Kirkenes, am Schwanz-Ansatz, und wieder zurück. Zwischen Bergen im Süden und Kirkenes liegen 34 Häfen, 22 davon nördlich des Polarkreises.

Von Fjord zu Fjord
Die Landschaft genießen ist sogar von der Kabine aus möglich. Hier zu sehen die Felseninsel Torghatten mit einem großen Loch in 160 Metern Höhe. Bild: eku

Für die Fahrt von Fjord zu Fjord, die vielen Kennern als schönste Schiffsreise der Welt gilt, ist die "MS Nordnorge" unser Zuhause. Moderne Kreuzfahrt-Animation gibt es auf einem Schiff der Hurtigruten übrigens nicht. Statt Bikini auf dem Sonnendeck, Smoking bzw. Cocktailkleid am Abend ist zweckmäßige, über weite Strecken des Jahres warme, bequeme Kleidung angesagt. Zudem: Das echte Ereignis ist nicht das Schiff, sondern die beeindruckende Natur.

Als Passagier heißt es auch lernen – lernen, das Nichtstun zu genießen, einfach an Deck zu stehen und das Vorbeigleiten der Landschaft zu bewundern. Das geht auch sitzend etwa im Panorama-Salon. Und damit der Reisende doch etwas tut, hält er meist etwas in der Hand: Kamera oder Fernglas.

Ebenfalls auf Interesse der Reisenden stoßen die An- und Ablegemanöver. Die Schiffe der modernen Generation legen stets mit Backbord an, der linken Seite. Denn dort haben die für Hurtigruten gebauten Ro-Ro-Schiffe (Roll on / Roll off) Ladeluke und Gangway.

Dauert der Stopp länger als einige Minuten, heißt es runter vom Schiff, rein in die Natur und schnell wieder an Bord. Die Hurtigruten warten nämlich nicht auf Trödler. Diese müssen sich wohl oder übel gedulden – das nächste Schiff kommt am nächsten Tag, ebenfalls ein Vorteil dieses Linienverkehrs.

Küste in Endlosschleife

Die meiste Zeit aber ist man unterwegs, und so heißt reisen auf der MS Nordnorge vor allem eines: Zeit haben und auf Norwegens Küste in Endlosschleife blicken. Nur ab und zu wird diese Ruhe an Deck unterbrochen. Etwa, wenn über Lautsprecher markante Streckenabschnitte erklärt werden. Oder die Nordnorge ihr Horn ertönen lässt, um ein vorbeifahrendes Hurtigruten-Schiff zu grüßen.

Die Fahrt mit dem Küstenexpress geht immer weiter. In einem Strom aus Raum und Zeit, der nur zum Verweilen in größeren Städten hält. Eine der bekanntesten Anlaufhäfen ist Trondheim. Im Mittelalter religiöses Zentrum des Landes, besitzt die Stadt das nördlichste gotische Gebäude Europas, das zugleich größter mittelalterlicher Bau Skandinaviens ist: den Nidarosdom. Unter dem Altar soll sich das Grab von Olav I. befinden. Jenem Wikingerkönig, der vor rund 1000 Jahren die heidnischen Kulturen durch das Christentum ersetzte.

Trendiges Viertel Bakklandet

Noch öfter als der Dom wird die Altstadt Bakklandet fotografiert, die man über die alte Stadtbrücke mit ihrem schönen, hölzernen Tor des Glücks erreicht. Bakklandet mit seinen alten Holzhäusern aus dem 17. Jahrhundert und seinen bunten Speichern am Fluss Nidelv hat wie durch ein Wunder die Stürme der Zeit überlebt und ist heute ein trendiges Viertel mit sündteuren Wohnungen, vielen Cafés und kleinen Geschäften.

Von Fjord zu Fjord
Nicht nur die Natur begeistert die Reisenden: Ausflüge etwa in die Stadt Trondheim – hier im Trendviertel Bakklandet sind ein Muss. Bild: eku

Lange zu verweilen ist aber selbst in größeren Städten nicht möglich. Hurtigruten macht Reisende zu Nomaden, die für einige Tage zur Zunft jener gehören, deren Heimat das leise Summen und Wiegen eines Schiffes ist. Dauerhafter ist das für die Crew der Nordnorge. "Wir haben 22 Tage Dienst an Bord, dann haben wir 22 Tage an Land frei", erzählt Natas?a. Sie gehört zum Expeditionsteam, stammt ursprünglich aus der Slowakei, hat Skandinavistik studiert und lebt schon lange in Norwegen. In der Crew sind viele Nationalitäten vertreten, aber vor allem Norweger. Woran das liegt? Als die Frachtzahlen durch den Straßenausbau in den 1970er Jahren stark zurückgingen, drohte die alte Lebensader wirtschaftlich auszutrocknen. Um die Verluste auszugleichen, gibt es für Hurtigruten Subventionen vom Staat. Die Auflage: An Bord müssen norwegische Löhne bezahlt werden, weshalb es hier noch norwegische Matrosen und Bordpersonal statt der sonst in der Kreuzfahrtindustrie üblichen Billiglöhner aus der Dritten Welt gibt.

Das beschäftigt die Reisenden freilich wenig. Sie widmen sich vor allem der faszinierenden Natur. Etwa im Geiranger Fjord. 15 Kilometer hat sich hier das Meer ins Land hineingefressen. Man fährt wie mit einem Spielzeugboot zwischen bis zu 1700 Meter hohen Berggipfeln durch. In der Mitte des Fjords stürzen "Die sieben Schwestern", die bekanntesten Wasserfälle, in die Tiefe.

Von Fjord zu Fjord
Ein kulinarischer Genuss: Königskrabben, manchmal auch Monsterkrabben genannt. Bild: eku

Nicht minder beeindruckend ist die Durchquerung der Lofoten. Als wären sie aus einer anderen Welt, ragen ihre Bergspitzen wie Zähne aus dem Meer. Dazwischen winzige Dörfer, grüne Täler und verborgene Fjorde. Dem Reisenden bietet sich mit der atemberaubenden Natur eine grandiose Kulisse voller Vielfalt.

Weiter geht die Fahrt, schier unaufhörlich vorbei an hohen, verkarsteten Fjordwänden und flachen, glatt geschliffenen Felseninseln. Wie die Wirklichkeit, denkt man unweigerlich, mal uneben und kantig, dann abgerundet, fast sanft. An Ecken, die mit so frischem Grün bewachsen sind, dass man eines der hier weidenden Schafe sein möchte, stehen in Gruppierungen die typischen Unten-Stein-oben-Holz-Häuser in bunten Farben. Hinter jeder Biegung, die das Schiff befährt, ergibt sich ein neues Bild.

Laufen oder in den Whirlpool

Der Anblick dieser fantastischen Natur lässt die Passagiere beinahe auf die Köstlichkeiten der Küche vergessen. Aber eben nur beinahe. Wenn diese Genüsse aus dem Meer – ja, es gibt hier klarerweise häufig Fisch – nur nicht so verlockend wären, denkt man sich beim Blick auf die Waage. Zwei, drei Kilo mehr kommen in den Tagen an Bord schnell zusammen. Einige kämpfen dagegen an, indem sie ihre Runden an Deck laufen. Die Fauleren klettern lieber in einen Outdoor-Whirlpool – auch spätabends.

Von Fjord zu Fjord
Auch wenn sie nicht mehr fährt – eine Besichtigung der Finnmarken in Stokmarknes mit angeschlossenem Hurtigruten- Museum gibt Einblicke zurück bis zu den Anfängen der Postschiffe vor 125 Jahren. Bild: eku

Die Herausforderung: schnell ins und später noch schneller aus dem Wasser ins Warme zu kommen. Die Belohnung zieht bei tiefen Temperaturen vorbei. Während man im warmen Wasser sitzt, gleitet die Landschaft vorüber, Bergketten im diffusen Dämmerlicht, am Himmel ein halber Mond – einfach märchenhaft.

Kreuzfahrt mit Tunnelblick

Eine Attraktion ganz anderer Art ist die Polartaufe. Die magische Zahl 66? 33’ markiert die unsichtbare Linie, den Polarkreis. Auf das Überqueren dieses Breitengrades weist nur ein Globus auf der Insel Vikingen hin. Auf der Nordnorge gibt es für "Mutige" als Polartaufe noch alles andere als wohlschmeckenden Lebertran. In Löffeldosis wohlgemerkt – den Löffel gibt es geschenkt. Auf anderen Routen werden Passagiere mit Eiswürfeln getauft, die am Rücken in den Halsausschnitt der Kleidung geworfen werden.

Apropos Attraktion: Norwegens Regierung plant schon eine weitere. Weil auf dem Gebiet von Selje am Moldefjord die Halbinsel Stadlandet im Weg liegt, müssen alle Schiffe, die in den Vanylvs–fjord fahren wollen, den gefährlichen Weg durch das Nordmeer nehmen. Deshalb soll hier der weltweit erste Tunnel für ozeangängige Schiffe entstehen.

Der Staat will das zwei Milliarden Kronen (239 Millionen Euro) teure Projekt selbst finanzieren. Eine Maut soll nicht erhoben werden. Die fast zwei Kilometer lange Röhre wird 36 Meter breit und 49 Meter hoch sein. 37 Meter liegen über der Wasserlinie. Vorgesehen ist ein Tiefgang von zwölf Metern. Über der Tunnelröhre ragen die Berge dann mehr als 300 Meter in den Himmel. Pro Tag sollen 70 bis 120 Schiffe die Röhre passieren.

Von Fjord zu Fjord
Für eine „Seeadler-Safari“ heißt es umsteigen in ein kleineres Schiff. Mit Futter werden aber nicht nur die Adler angelockt. Noch viel näher kommen den Reisenden die Möwen – regelrecht in Scharen. Aber auch sie stellen ein hervorragendes Fotomotiv dar. Die Berglandschaft im Hintergrund rundet die Bilder ab. Bild: eku

Trotz des Beschlusses für den Bau ist noch nicht fix, wann damit begonnen wird. Bis zur Fertigstellung könnte es daher noch Jahre dauern. Dem Naturgenuss tut dies freilich keinen Abbruch.

 

Persönliche Beratung & Buchung der Hurtigruten-Schiffsreise im Ruefa-Reisebüro. Sa, So: 9–17 Uhr, Mo–Fr: 8–20 Uhr, feiertags: 9–17Uhr, Tel.: 0810/6555 9581, ruefa.at/hurtigruten

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