Selenskyj im Nationalrat: "Nicht neutral gegenüber dem Bösen sein"

WIEN. Der ukrainische Präsident hat Österreich für die Hilfe für sein Land gedankt. Die FPÖ protestierte gegen den Auftritt.
Vor dem Parlament demonstrierten in der Früh rund 100 Personen gegen den Auftritt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. „Genug“ stand auf einigen der Transparente.
Im Hohen Haus sollte der Aktionismus eine Fortsetzung finden. Wie von den OÖN bereits angekündigt, nahmen die FP-Abgeordneten ihre Plätze zwar ein. Auf ein Zeichen von FP-Obmann Herbert Kickl verließen sie demonstrativ den Saal, als Selenskyj zu reden begann. Vor dem Abgang stellten sie noch Taferl auf: „Platz für Frieden“, „Platz für Neutralität“.
Im SP-Sektor waren hingegen zahlreiche Abgeordnete gar nicht erst gekommen. Der Klub hatte den roten Mandataren keine Vorgaben gemacht. Rund die Hälfte blieb der Rede fern, SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner war nicht anwesend, sie war krank gemeldet.
Bildergalerie: FPÖ-Protest bei Selenskyj-Rede im Nationalrat

Auch die Regierungsbank war schütter besetzt, Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) war wegen eines Schweden-Besuchs nicht präsent. Auf der Galerie hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen Platz genommen, neben ihm saß der ukrainische Botschafter Wassyl Chymynez. Eine Reihe höher verfolgte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, die Rede.
Österreich hatte als eines der letzten EU-Länder Selenskyj die Möglichkeit geboten , eine Ansprache zu halten. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (VP) hatte ihn eingeladen. Vor dem Wappenadler im Plenarsaal war eine Leinwand aufgezogen worden.
Sobotka sprach die Begrüßungsworte: Österreich sei zwar militärisch neutral, aber nicht politisch. Er sicherte der Ukraine weitere politische, finanzielle und humanitäre Hilfe zu. „Irgendwann wird dieser Krieg ein Ende finden“, sagte er.
- "Eine Schande": So reagierten die Parlamentarier auf den FPÖ-Protest
Video: Die Rede von Wolodymyr Selenski zum Nachschauen
Kurz danach wurde Selenskyj live zugeschaltet. Er bedankte sich bei den Städten Wien, Linz und Graz für die medizinische Behandlung der ukrainischen Verletzten nach dem Hubschrauberabsturz im Jänner.
„Heute ist bereits der 400. Tag des Krieges, den unser Land überleben muss“, sagte er. Selenskyj berichtete, dass die Ukraine täglich im Kampf gegen die russische Armee Menschen verliere. Eine große Bedrohung seien die Minen: 174.000 Quadratkilometer, die doppelte Fläche von Österreich, seien mit Landminen verseucht. „Bitte, denken Sie daran: Wenn wir um Unterstützung für die Ukraine bitten, bitten wir darum, Leben zu retten.“
Schließlich bedankte er sich am Ende der rund zehnminütigen Rede für die Unterstützung für das ukrainische Volk und lud die Abgeordneten in sein Land ein, um sich selbst ein Bild davon zu machen, was Russland der Ukraine antue. Es sei wichtig, „moralisch nicht neutral gegenüber dem Bösen zu sein“, appellierte er. Nach seiner Rede klatschten die Abgeordneten, ohne aufzustehen.
Kritik an FPÖ
Im Anschluss meldeten sich die Parteien zu Wort. Unisono wurde das Handeln der FPÖ verurteilt. „Kickl ist solidarisch mit Putin, wir sind es mit der Ukraine“, sagte VP-Abgeordneter Reinhold Lopatka. SP-Klubvize Jörg Leichtfried warf der FPÖ vor, 30 pro-russische Anträge eingebracht zu haben. „Wenn hier im Hohen Haus jemand die Neutralität verrät, dann ist es die FPÖ“, ärgerte sich die Grüne Ewa Ernst-Dziedzic. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger zollte dem ukrainischen Volk Respekt für „ihr heldenhaftes Einstehen für die europäischen Werte“.

Verschärftes Verbotsgesetz in Begutachtung
Ermittlungsverfahren gegen Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner eingestellt
Landeshauptleute warnen vor "Leistungsabbau"
ÖGB setzt Wiener Ukraine-"Friedensgipfel" vor die Tür
