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Die große Angst vor einem Nahost-Flächenbrand

Von Heidi Riepl, 15. April 2024, 00:04 Uhr
Die große Angst vor einem Nahost-Flächenbrand
Israels Kriegskabinett trat zu einer Krisensitzung zusammen. Bild: APA/AFP/Israeli Prime Minister Office/-

JERUSALEM/TEHERAN. Erstmals in der Geschichte der Islamischen Republik hat der Iran seinen Erzfeind Israel direkt angegriffen. Die Angst vor einem Flächenbrand im Nahen Osten wächst.

Der Angriff: Das Regime in Teheran hat seine tagelangen Drohungen wahr gemacht und mehrere Hundert Drohnen, Marschflugkörper und Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Gleichzeitig mit dem iranischen Luftangriff führten auch die Hisbollah-Miliz im Libanon und die Huthi-Rebellen im Jemen Angriffe gegen israelische Ziele aus. Es war allerdings ein Angriff mit Ankündigung: "Etwa drei Tage vor unseren Einsätzen haben wir unsere Freunde und Nachbarn in der Region darüber in Kenntnis gesetzt, dass Irans Antwort auf Israel sicher, legitim und unwiderruflich war", sagte Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian. Als in Jerusalem dann um 1.42 Uhr in der Nacht auf Sonntag die Sirenen aufheulten, saßen viele schon auf gepackten Notfalltaschen. Teheran nahm jedoch bewusst keine zivilen Einrichtungen oder Städte ins Visier. Und auch am Tag danach bemühte sich das Regime wieder um Deeskalation. Man habe sich bewusst für eine "Strafaktion" anstelle eines "massiven Angriffs" entschieden, sagte Irans Armeechef Mohammad Bagheri. Man habe keine Absicht, die Operation fortzusetzen, es sei denn, Israel lege es darauf an. Man habe alle Ziele erreicht.

Die Gegenwehr: Der israelischen Luftabwehr gelang es eigenen Angaben zufolge, 99 Prozent aller vom Iran abgeschossenen Drohnen und Raketen abzuwehren, teils weit vor Erreichen der Staatsgrenzen. Maßgeblich dafür war offenbar ein Zusammenspiel der Luftabwehr befreundeter Nachbarstaaten und der USA sowie des mehrstufigen israelischen Verteidigungssystems. "Viele Drohnen wurden bereits vor Erreichen der israelischen Grenze von Partnerländern abgeschossen", feierte Israel den militärischen Erfolg. "Den Rest haben wir mit unserem Raketenabwehrschirm Iron-Dome-System über Israel bekämpft."

Mit dieser sogenannten "Eisernen Kuppel" schützt sich Israel seit 2011 gegen Raketenangriffe und hat bereits Tausende Raketen abgefangen. Daher blieb auch diesmal der Schaden gering, es gab zunächst nur wenige Verletzte. Die Basis des israelischen Militärstützpunkts Nevatim sei zwar leicht getroffen worden, funktioniere aber nach wie vor, hieß es aus israelischen Militärkreisen.

Die Vorgeschichte: Ausgangspunkt der aktuellen Spirale der israelisch-iranischen Gewalt ist eine Attacke auf ein Konsulatsgebäude in Damaskus, bei der am 1. April hochrangige Offiziere der iranischen Revolutionsgarden ums Leben kamen. Damit hatte Israel eine rote Linie überschritten. Die Führung in Teheran wertete den Angriff auf ihre diplomatische Vertretung als Angriff auf ihr Territorium und schwor umgehend Vergeltung. Eine militärische Antwort schien unausweichlich. In ihrer Logik der Abschreckung mussten die Mullahs etwas unternehmen, um nicht als Papiertiger dazustehen und das vermeintliche Gleichgewicht des Schreckens wiederherzustellen.

Israels Antwort: Israel stehe jetzt "vor einem strategischen Dilemma", sagen Militäranalysten. Die große Herausforderung ist, wie das Land die Abschreckung wiederherstellen kann, ohne eine weitere Eskalation und die Unterstützung der Partner zu riskieren. Israels Präsident Yitzhak Herzog dankte in einer ersten Reaktion dem israelischen Militär, aber auch dem Verbündeten USA: "Segne die Koalition der Nationen unter der Führung der USA" und ihrem Präsidenten. Israels Außenminister Israel Katz erklärte: "Wir haben gesagt: Wenn der Iran Israel angreift, werden wir im Iran angreifen. Und dieses Bekenntnis ist immer noch gültig." Auch Benny Gantz, Mitglied des Kriegskabinetts und Israels Ex-Verteidigungsminister, kündigt eine Vergeltung für den iranischen Angriff an. "Wir werden eine regionale Koalition bilden und Iran zur Rechenschaft ziehen, zum richtigen Zeitpunkt und so, wie es für uns richtig ist", teilt er mit. Details ließ er offen, auch zum Zeitpunkt äußerte sich Gantz nicht. Das Kriegskabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu traf gestern zu einer Krisensitzung zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Internationale Reaktionen: Der iranische Angriff auf Israel löste international Empörung und Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage in Nahost aus. UNO-Generalsekretär Guterres sah das Risiko einer katastrophalen Zuspitzung der Lage im Nahen Osten. "Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region. Ich fordere alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben", teilte Guterres mit. Der UNO-Sicherheitsrat setzte noch am späten Sonntagabend eine Dringlichkeitssitzung an. US-Präsident Joe Biden sicherte Israel einmal mehr die Unterstützung der USA zu. Bei einer Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der führenden wirtschaftsstarken Demokratien (G7) wurde gestern über das weitere diplomatische Vorgehen beraten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den iranischen Angriff auf Israel ebenfalls scharf und sprach von einer "beispiellosen Eskalation". Die EU-Außenminister wollen am Dienstag zu außerplanmäßigen Gesprächen zusammentreffen.

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Autorin
Heidi Riepl
Redakteurin Außenpolitik, Weltspiegel
Heidi Riepl
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1  Kommentar
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powy01 (1.104 Kommentare)
am 15.04.2024 21:07

Guter umfassender sachlicher Bericht. DANKE!

Auf die Frage ob der Iran den Angriff auf das Konsulat entsprechend beantworten darf, ist tabu zu beantworten. Israeli - sowie die US dürfen unkritisierbar ja alles.
Weiters Stelle ich mir die Frage ob Drohnen aus dem Jemen ca. 2500km fliegen können.
Weiß es aber nicht.

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