Asylpolitik: Solidarität ist nur ein schönes Wort
Die Europäische Union will am 30. September einen neuen, einheitlichen Pakt für Migration und Asyl vorlegen.
Die Feuer, die das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos vernichteten, haben ein verdrängtes Problem beleuchtet: Fünf Jahre nach der großen Flüchtlingskrise von 2014/15 hat die EU immer noch keinen Plan, wie sie mit Asylsuchenden und Migranten umgehen will.
Nach dem Brand haben sich die politischen Akteure in den bekannten Stellungen eingegraben: Staaten wie Ungarn, Polen, aber auch Österreich lehnen eine Aufnahme von obdachlos gewordenen Menschen aus Moria ab. Außenminister Alexander Schallenberg (VP) bot Hilfe vor Ort an, lehnte aber eine Aufnahme in Österreich ab: "Das Geschrei nach Verteilung kann nicht die Lösung sein." Deutschland ringt um eine Linie – sowohl innenpolitisch als auch gemeinsam mit Frankreich. Und die EU-Kommission? Die verspricht Griechenland Unterstützung, versucht aber gar nicht erst, eine Verteilung der Flüchtlinge und Migranten auf andere EU-Staaten zu organisieren. Denn auf deren Kooperation ist nicht einmal Verlass, wenn es das Recht verlangt. Erst im Frühjahr hat der EuGH Ungarn, Polen und Tschechien verurteilt, weil sie entgegen europäischer Beschlüsse von 2016 keine Flüchtlinge aufgenommen hatten. Die Folgen des Spruchs sind gleich null. Vorläufig bleiben Griechenland, Italien, Malta und Spanien mit den an ihren Küsten anlandenden Migranten aus Afrika und Asien weitgehend allein. Der Grund: Nach den so genannten Dublin-Regeln ist jenes Land für Asylbewerber zuständig, in dem diese als erstes einen Antrag stellen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte versprochen, den Gordischen Knoten zu durchschlagen und einen völlig neuen Pakt für Migration und Asyl vorzulegen. Mehrmals wurde die Präsentation verschoben. Nun steht der Punkt für den 30. September auf der Tagesordnung der Kommissionssitzungen. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (VP) geht davon aus, dass von der Leyen das seit Jahren diskutierte Konzept der "flexiblen Solidarität" in ihren Vorschlag übernehmen werde. Gemeint ist damit, dass jeder Staat in der Migrations- und Asylpolitik beiträgt, was er will und kann: Geld, Arbeitsplätze, Knowhow. Die Verteilungsquote, die ohnedies nie funktioniert hat, hätte damit ausgedient. Fragt sich nur, ob das den Ländern im Süden die Entlastung bringt. Geld allein funktioniert jedenfalls nicht.
Die Ruhe war gekauft
Auch dafür ist Moria ein Beispiel. Seit 2015 hat die EU-Kommission Griechenland 2,6 Milliarden Euro zur Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung gestellt. Trotzdem wurden in Moria nicht einmal grundlegende sanitäre Einrichtungen geschaffen. Die katastrophalen Zustände sollten abschreckend wirken. Auch Italien und mehrere afrikanische Länder haben für "Hilfe vor Ort" EU-Gelder erhalten. Die EU hat der Türkei in einem von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel 2016 ausverhandelten Deal sechs Milliarden Euro zugesagt, damit das Land am Bosporus vier Millionen Flüchtlinge in seinem Staatsgebiet hält. Damit hat sich die EU Ruhe erkauft, sich aber auch erpressbar gemacht.
Immer wieder wurde gefordert, Asylverfahren außerhalb Europas durchzuführen. 2018 wurden sogar entsprechende Auffanglager in Nordafrika angedacht. Österreichs Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2018 setzte vor allem in Ägypten große Hoffnungen. Allein: Die Rechnung wurde ohne die Wirte gemacht. Alle Länder winkten ab. Nun soll die deutsche Ratspräsidentschaft bis Jahresende Wunder wirken und einen Kompromiss der 27 Staaten zustande bringen.
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