"Bird Box": Der nächste gefährliche Wettbewerb
Mit Augenbinde durch die Welt: Was reizt an Online-Mutproben?
Viele Menschen setzen sich Augenbinden auf, irren durch ihre Wohnungen und verbreiten Videos davon in den sozialen Medien. Inspiriert hat sie der Thriller "Bird Box" von Netflix, in dem Sandra Bullock mit einer Augenbinde um den Kopf vor einer dunklen Macht flieht.
Die Videos der Nachahmer sammeln sich auf Instagram, Twitter und Facebook unter dem Hashtag #birdboxchallenge. In einem der kurzen Clips rennt ein Mann mitsamt zwei Kindern an seinen Händen blind durch ein Zimmer – bis das kleinere Kind gegen die Wand prallt. Andere Videos zeigen Autofahrer hinter dem Steuer mit verbundenen Augen.
Netflix selbst sah sich nach der ersten Welle sogar genötigt, eine Warnung auszusprechen. "Ich kann nicht glauben, dass ich das sagen muss: Bitte verletzt euch nicht bei dieser ,Bird-Box-Challenge‘, so ein Sprecher via Twitter. In den sozialen Medien wird gelobt, geliebt, gestritten und gehetzt. Und immer wieder sind inmitten dieses Trubels Mutproben entstanden, die einen ungeahnten Bann entfaltet haben. Bei der "Ice Bucket Challenge" schütteten sich Teilnehmer Kübel mit eiskaltem Wasser über den Kopf und spendeten für die Erforschung der Nervenkrankheit ALS. Bei der "Plank Challenge" machten Tausende an den ungewöhnlichsten Orten Fitnessübungen.
Man will "dazugehören"
"Man macht dort mit, um zu zeigen, dass man dazugehört", sagt der Kommunikationswissenschafter Jan-Hinrik Schmidt, der am Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung. Während manche Aktionen wie die "Ice Bucket Challenge" durch ihre Spenden einen guten Zweck verfolgen, geht es bei anderen lediglich um Selbstdarstellung. Bei einigen ist das recht harmlos. Dazu gehören Tanz-Challenges wie der aus New York importierte "Harlem Shake" oder die "Mannequin Challenge", bei der man in einer reglosen Pose verharrt. Gefährlicher wird es bei Aktionen wie der "Tide Pod Challenge", für die die Teilnehmenden auf Waschmittelkapseln bissen. Den eigenen Mut zu beweisen und sich dabei vielleicht sogar gesundheitlich zu schaden, liegt bei manchen Internet-Trends in der Natur der Sache. Und die Bird-Box-Challenge sei eben der nächste gefährliche Wettbewerb. Was kann man dagegen tun? Die EU-Initiative "Klicksafe" rät, Beiträge von risikoreichen Challenges nicht weiterzuverbreiten. Ganz vermeiden lässt es sich jedoch wohl auch in Zukunft nicht, dass Menschen sich für 30 Sekunden Aufmerksamkeit blaue Flecken holen oder giftige Stoffe einverleiben. "Das ist eben ein popkulturelles Phänomen", so Schmidt. Im Zweifel hilft nur: Abwarten. Denn viel länger als ein paar Wochen hat sich noch kein Trend dieser Art gehalten.