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"Ich hab mich als Mutter so bemüht, das hinzukriegen"

20. August 2022, 00:04 Uhr
"Ich hab mich als Mutter so bemüht, das hinzukriegen"
Prozess am Wiener Landesgericht für Strafsachen Bild: Volker Weihbold

WIEN. Weil sie ihre schwer kranke Tochter vernachlässigt haben soll, stand eine 81-Jährige vor Gericht. Sie wurde freigesprochen.

Weil sie sich nicht ausreichend um ihre schwer kranke und seit mehreren Jahren bettlägerige Tochter gekümmert haben soll, hat sich am Freitag eine 81 Jahre alte Frau wegen gröblicher Vernachlässigung mit Todesfolge am Wiener Landesgericht verantworten müssen. Die bisher unbescholtene Pensionistin wurde am Ende "eindeutig" freigesprochen, wie der vorsitzende Richter, Andreas Böhm, betonte: "Sie haben nichts falsch gemacht." Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Der Schöffensenat kam zum Schluss, dass die seit vielen Jahren an Multipler Sklerose leidende Tochter bis zu ihrem Tod klar bei Verstand war. "Sie hat sich bewusst entschieden, sich nicht behandeln zu lassen und zu Hause zu sterben", stellte der vorsitzende Richter fest. Das sei "nach österreichischem Recht zu akzeptieren", die Mutter habe kein strafbares Verhalten gesetzt.

Richter entschuldigte sich

Der Richter entschuldigte sich sogar bei der 81-Jährigen, "dass Sie sich das (die Gerichtsverhandlung, Anm.) auch noch antun haben müssen". Auch Staatsanwalt Michael Radasticz akzeptierte den Freispruch umgehend.

Die 52 Jahre alte Tochter war am 15. August 2021 in ihrer Wohnung in Meidling gestorben. Bei ihrem Tod wog sie nur noch 25 Kilogramm.

Die Pensionistin schilderte, wie sie Ende 2020 in die Wohnung ihrer Tochter zog, um sich um diese zu kümmern, nachdem 2014 ihr Ehemann während einer Operation gestorben war und einige Zeit später ihr Sohn einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hatte. Der Umzug wurde notwendig, weil der Lebensgefährte der Tochter, der sie bis dahin betreut hatte, plötzlich starb.

"Ich hab alles getan, was ich konnte", gab die zierliche, klein gewachsene und auf einen Gehstock angewiesene Angeklagte zu Protokoll, die von den Kindern ihres Bruders zur Verhandlung begleitet wurde. Sie habe ihre Tochter gewaschen, die Pflaster und Verbände gewechselt und sich um das Essen gekümmert: "Ich hab das gemacht, so gut ich konnte. Ich hab ihr zugeredet, dass eine Krankenschwester das besser könnte als ich. Das wollte sie nicht. Ich hab ihr zugeredet, dass sie essen soll, weil sie wieder gesund werden soll. Ich hab mich als Mutter so bemüht, das wieder hinzukriegen."

"Ich habe sie angefleht"

Zu Beginn hätten sie privat organisierte Helferinnen bei der Pflege und Versorgung unterstützt. Corona- und lockdownbedingt sei sie dann aber weitgehend auf sich allein gestellt gewesen. Ihr sei bewusst gewesen, dass ihre Tochter immer schwächer wurde und kaum mehr aß. Sie habe sie "angefleht, zu einem Arzt zu gehen. Sie wollte nicht. Sie hat mir untersagt, einen zu rufen. Sie hat gesagt, sie will in der Wohnung sterben." Sie habe auf eine professionelle Pflege gedrängt, betonte die Angeklagte: "Meine Tochter wollte das nicht." Diese habe ihr vielmehr gedroht, sie werde den Kontakt abbrechen, sollte sie in einem Spital landen, erklärte die Mutter.

Im Arm der Mutter gestorben

Am Tag ihres Todes hatte die 81-Jährige ihren Angaben nach um 6 Uhr in der Früh nach der Tochter gesehen. Sie sei wach im Bett gelegen und habe sie um eine Zigarette gebeten, berichtete die Mutter. Die habe ihre Tochter "in Ruhe" geraucht: "Dann ist sie einfach so dagelegen. Dann habe ich gespürt, dass sie weg ist und verschwindet." Sie habe den Kopf der Tochter in den Arm genommen und ihren Neffen angerufen, als sie kein Lebenszeichen mehr wahrnahm.

Der von diesem verständigte Rettungsdienst stellte kurze Zeit später den Tod der 52-Jährigen fest.

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