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Pkw fuhr in Menschengruppe: "Es hätte doch ein Tag der Freude werden sollen"

12. Juli 2021, 10:55 Uhr
Pkw fuhr in Menschengruppe: "Es hätte doch ein Tag der Freude werden sollen"
Mit seinem VW Tiguan blieb der 86-Jährige schließlich in der Wand stecken. Bild: fotokerschi.at

SANKT FLORIAN. 86-Jähriger verwechselte vermutlich das Gas- mit dem Bremspedal, zwölf Menschen wurden verletzt. Augenzeugen berichten: "Die Menschen flogen wie Puppen durch die Luft".

Ein richtiger Feiertag hätte der gestrige Sonntag in Sankt Florian werden sollen. Pater Rupert Baumgartner feierte sein 55-jähriges Priesterjubiläum, im Marmorsaal fand ein Stiftskonzert statt, und auch der Obsthändler, der nur einmal im Jahr nach Sankt Florian kommt, hatte seinen Marktstand bereits vor dem Tor des Augustiner-Chorherrenstiftes aufgebaut.

Die Musikkapelle bereitete sich auf den feierlichen Tusch vor, als es plötzlich einen lauten Knall gab. Ein 86-jähriger Gramastettner war mit seinem VW Tiguan in die Menschengruppe vor dem Obststand gefahren. Zwölf Personen wurden verletzt, fünf von ihnen schwer. Eine schwebt in Lebensgefahr.

"Es hätte doch ein Tag der Freude werden sollen. Das ist schrecklich, dass dann so etwas passiert", sagt Johannes Holzinger, Propst des Stiftes Sankt Florian. "Da kommen die Leute auch aus der Ferne zu uns, nur um dann so etwas Furchtbares erleben zu müssen."

  • Video: Suche nach Unfallursache in St. Florian

"Wie Puppen durch die Luft"

Nahe dem Obststand wurde in der Stiftsbasilika eine Messe gefeiert. Am 4. Mai 1966 war Pfarrer Rupert Baumgartner zum Priester geweiht worden, Hunderte Gäste waren gekommen, um mit ihm gestern nicht nur das 55-jährige Jubiläum, sondern auch seinen 81. Geburtstag am Samstag zu feiern. Doch manche waren nicht bis zum Ende der Messe geblieben, sie hatten sich bereits auf dem Weg zum Obststand gemacht.

Ein Augenzeuge war in der Nähe des Standes, als das Unglück passierte. "Plötzlich sind die Leute durch die Luft geflogen, wie die Puppen", sagt er. Ein anderer hatte die Messe gerade verlassen: "Wahnsinn, da kommt man aus der Kirche heraus und dann passiert so etwas."

Bildergalerie: Auto fuhr in St. Florian in Marktstand: 12 Verletzte

Auto fuhr in St. Florian in Marktstand: 12 Verletzte
(Foto: fotokerschi.at) Bild 1/16
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Unter den Messbesuchern waren auch der Bürgermeister von Sankt Florian, Bernd Schützeneder (VP), und Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer. "Eigentlich wäre ja ein großer Festumzug geplant gewesen. Vor der Basilika hatte die Musikkapelle bereits Aufstellung genommen, als es plötzlich einen Riesentuscher gemacht hat", sagt Pühringer im OÖN-Gespräch. Der Florianer Bürgermeister hatte die Kirche gerade verlassen, als die Feuerwehrleute, die mit ihm an der Messe teilgenommen hatten, "plötzlich zu laufen begannen". "Vor dem Stift herrschte ein komplettes Desaster", sagt Schützeneder. "Die Verletzten, aber auch die Augenzeugen, alle standen unter Schock."

Bildergalerie: Auto fuhr in St. Florian in Marktstand: 12 Verletzte

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Schaulustige vertrieben

Bis zum Eintreffen ihrer Kameraden schirmten die Feuerwehrleute in Zivil den Unfallort ab und unterstützten die drei praktischen Ärzte, die am Gottesdienst teilgenommen hatten und jetzt Erste Hilfe leisteten.

"Beim Eintreffen herrschte absolutes Chaos. Viele Schaulustige standen herum, die aber von der Feuerwehr bereits vertrieben worden waren", sagt Claudia Engertsberger, Einsatzleiterin des Roten Kreuzes Enns. Die Rettung stand mit neun Fahrzeugen und zwei Notärzten im Einsatz. Sie versorgten nicht nur die Verletzten, sondern suchten auch jene, die im Schock von der Unfallstelle weggegangen waren. Eine Person lag unter dem Pkw, sie musste von der Feuerwehr befreit werden.

"Die fünf schwer verletzten Personen hatten schwere Becken- und Kopfverletzungen, offene Brüche oder Oberschenkelbrüche, sie sind fast alle über 50 Jahre alt", sagt Engertsberger. Die sieben Leichtverletzten, darunter auch der 86-jährige Lenker, seien mit Schnittverletzungen und Prellungen davongekommen. Eine 21-Jährige, die am Stand als Verkäuferin arbeitete, war die Jüngste unter den Verletzten. Die Schwerverletzten wurden in den Linzer Neuromed-Campus, ins Kepler-Klinikum, ins Unfallkrankenhaus und in Spitäler nach Steyr und Wels gebracht. "Eine Person wurde direkt in den Schockraum und gleich weiter in den OP gebracht", hieß es gestern aus dem Kepler-Klinikum.

Lenker hat keine Erklärung

In einer ersten Einvernahme durch die Polizei gab der 86-Jährige zu Protokoll, dass er es sich nicht erklären könne, warum sein Fahrzeug vor dem Obststand plötzlich beschleunigte. 

Am Montag wurde der Lenker noch nicht einvernommen. Er sei verletzt und in Behandlung, habe aber einen Rechtsbeistand hinzugezogen, erfuhr die APA von stv. Dienststellenleiter Dominik Poperahatzky. Die von Zeugen geäußerte Vermutung, dass der betagte Lenker Gas- und Bremspedal verwechselt haben dürfte, konnte die Polizei bisher nicht nachweisen. "Am wichtigsten wäre, mit dem Beschuldigten reden zu können", sagte der Polizist, bezweifelte aber, dass dies am Montag oder Dienstag möglich sein werde. Gegen den Senior wird wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt, Alkohol war eindeutig nicht im Spiel. 

Fahren im Alter: Überprüfung der Fahrtauglichkeit?

Im Sommer 2019 erfasste ein 90-jähriger Pkw-Lenker in Salzburg eine 45-Jährige und ihr vierjähriges Kind. Die Mutter überlebte, das Kind verstarb. Der Mann wurde zu neun Monaten Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Im Prozess forderte sein Verteidiger von der Politik, dass Fahrzeuglenker ab einem gewissen Alter verpflichtend auf ihre Fahrtauglichkeit untersucht werden sollten - ohne Erfolg.

Die großen Seniorenverbände sehen derzeit keine Notwendigkeit dafür. Man könne nicht von einzelnen Unfällen auf die Fahrtauglichkeit älterer Menschen schließen, sagt Oberösterreichs Seniorenbund-Obmann Josef Pühringer (VP). Er kann sich allenfalls „anlassbezogene Führerschein-Überprüfungen“ vorstellen.

Auch Pensionistenverbands-Landeschef Heinz Hillinger (SP) spricht von „schrecklichen Einzelfällen“. Von einer Überprüfung halte er nichts: „Da sind die praktischen Ärzte gefordert, sie müssen auf die mögliche Fahruntauglichkeit ihrer Patienten reagieren.“

Nachgefragt

„Es herrschte absolutes Chaos. Bevor wir arbeiten konnten, mussten wir Schaulustige vertreiben.“
Claudia Engertsberger, Einsatzleiterin Rotes Kreuz Enns

„Wir sind aus der Kirche raus, als die Feuerwehrmänner losgelaufen sind.“
Bernd Schützeneder, Bürgermeister Sankt Florian

„Es ist eine riesige Katastrophe. Die Leute sind alle geschockt und
schrecklich betroffen.“
Josef Pühringer, Augenzeuge

„Dass an einem Tag der Freude so etwas Schreckliches passieren kann.“
Johannes Holzinger, Propst Stift Sankt Florian

OÖNplus Leitartikel

St. Florian und die Frage nach der Lehre daraus

Markus Staudinger

Ein regelmäßiger Check der Fahrtauglichkeit im Alter ist notwendig.

von Markus Staudinger

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