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An Österreichs Kältepol wachsen Kiwis und Feigen

Von Markus Prinz, 23. August 2024, 04:20 Uhr
An Österreichs Kältepol wachsen Kiwis und Feigen
Biogärtner Martin Artner Bild: MARKUS PRINZ

REICHENAU AM FREIWALD. Martin Artner verschrieb sich in seiner Biobaumschule im Waldviertel vor 40 Jahren dem Erhalt alter Obstsorten

Nahe der oberösterreichischen Landesgrenze begann Biogärtner Martin Artner vor 40 Jahren, alte Obstsorten zu rekultivieren. Seither wachsen in der Waldviertler Gemeinde Bad Großpertholz nicht nur seine Pflänzlinge stetig weiter, sondern auch das Sortiment.

Begonnen hat alles wie in der biblischen Schöpfungsgeschichte – mit einem süßen Apfel. Mit einem sogenannten Lagerapfel, der erst im Winter die volle Reife erlangt und dann richtig süß schmeckt. Den hat nicht Adam, sondern Artner in früher Kindheit für sich entdeckt. Es handelte sich damals um eine selten gewordene Sorte, weil die landwirtschaftliche Industrialisierung in der Nachkriegszeit jene Arten förderte, die für Erwerbsobstanlagen in begünstigen Lagen verwendet worden sind.

Der Lagerapfel wuchs auf einem Baum neben seinem Elternhaus, heute steht auch Artners Biobaumschule "Silva Nortica" (übersetzt Nordwald) dort – in einer eigentlich nicht begünstigten Lage auf 800 Metern Seehöhe und im 10-Kilometer-Umkreis zwischen zwei der kältesten Wetter-Messstationen Österreichs: Schwarzau im Freiwald (NÖ) und Gugu in der Mühlviertler Gemeinde Sandl. Vergangenen Winter wurden an beiden Stationen Tiefstwerte von fast minus 25 Grad gemessen. Klimatisch denkbar schlechte Voraussetzungen für die Pflanzenzucht – sollte man meinen. Doch der 59-jährige Gärtnermeister bringt in seinem Betrieb sogar Exoten wie Kiwis, Feigen oder Indianerbananen zur Reife.

Bildergalerie: Wie Kiwis und Feigen an Österreichs Kältepolen gedeihen

Wie Kiwis und Feigen an Österreichs Kältepolen gedeihen
(Foto: MARKUS PRINZ) Bild 1/21
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Wegen Bio-Vorhaben ausgelacht

1980 begann Artner nach dem Schulabschluss eine Gärtnerlehre in der Stiftsgärtnerei Wilhering. In einem der größten und modernsten Betriebe des Landes lernte er sein Handwerk. Doch trotz aller Fortschrittlichkeit missfiel ihm ein Lehransatz: "Gegen jede Krankheit, jedes Ungeziefer, jedes Graserl gab es ein Behandlungsmittel. Ich wollte aber biologisch produzieren", erinnert sich Artner. Deshalb begann er im Frühjahr 1984, nebenberuflich in unmittelbarer Nähe zu seinem Elternhaus die ersten Wildgehölze und Unterlagen auszupflanzen. "Für mich war von Anfang an klar, dass ich alte Obstsorten von früher für höhere Lagen heranziehen will. Es hat aber bei weitem nicht alles sofort funktioniert. Von den ersten 100 Obstbaumsorten fiel die Hälfte in den ersten Jahren aus, weil sie einfach nicht geeignet waren."

Ein weiteres Problem: "Bio in einer Gärtnerei, einer Baumschule – das konnte man sich damals nicht vorstellen. Als ich den Betrieb anmelden wollte, hat man mich bei der Bezirksbauernkammer angeschaut, als würde ich vom Mond kommen. Die haben mich fast ausgelacht", erzählt er.

Heute mehr als 700 Obstsorten

Nach der Meisterprüfung wechselte der Biogärtner 1985 von Wilhering nach Linz zu den Elisabethinen. Seit 1995 widmet sich der Vater von drei Kindern hauptberuflich seinem Betrieb, der inzwischen mehr als 700 verschiedene Obstsorten führt. Auf insgesamt sieben Hektar Fläche werden aktuell nicht nur Pflanzen veredelt, gezüchtet und verkauft, sondern auch die fruchtigen "Nebenprodukte" zu Marmeladen, Sirup, Säften, Edelbränden und Likören verarbeitet. Außerdem betreibt der Waldviertler mit seiner Frau Liane eine Buschenschank und ein Blumengeschäft in Gmünd. Die Apfelsorte, die zu alldem geführt hat, wurde übrigens nach der Adresse seines Elternhauses "Reichenau 1" genannt.

Am Samstag feiert der Baumschulbetrieb ab 9 Uhr das 40-jährige Jubiläum mit einem Festakt. Alle Infos auf artner.biobaumschule.at.

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Autor
Markus Prinz
Online-Redakteur
Markus Prinz
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5  Kommentare
5  Kommentare
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Joshik (3.522 Kommentare)
am 23.08.2024 17:05

Ein Bio=Pionier mit extrem langem Atem. Österreich kann mMn auf solche Leute mehr stolz sein, als auf alle Funktionäre der Bauernkammern zusammen.

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Gabriel_ (4.710 Kommentare)
am 23.08.2024 11:04

"Vergangenen Winter wurden an beiden Stationen Tiefstwerte von fast minus 25 Grad gemessen"

Und das in Zeiten der "Erdverkochung" 😉

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oblio (25.380 Kommentare)
am 23.08.2024 13:15

Gabriel

Vor etwa 30-40 Jahren waren Temperaturen unter -30
in den Wintern keine Seltenheit, auch im Zentralraum!

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EasyPeasy (196 Kommentare)
am 23.08.2024 10:41

Super Sache!

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (32.135 Kommentare)
am 23.08.2024 10:23

Das sind am Foto aber nicht die in der Bildunterschrift versprochenen Feigen...

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