Jugendliche nehmen Politik in die Pflicht: „Klagen nicht aus Spaß“

WIEN. "Es gibt ein Klimaschutzgesetz, das seiner Schutzwirkung nicht wirklich nachkommt, deshalb klagen wir": Zwei der zwölf jungen Klima-Klägerinnen und -Kläger begründen in der ZIB-Nacht ihre Entscheidung, die Republik zu klagen.
Levi und Franziska sind zwei der insgesamt zwölf Kinder und Jugendlichen, die am Dienstag eine Klage vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof eingebracht hatten, weil die Bundesregierung durch fehlende Maßnahmen ihre Zukunft gefährden würde. In der ZIB-Nacht begründeten die Aktivisten ihren Weg vor Gericht.
„Versemmelte“ Klimapolitik
„Wir Kinder und Jugendliche haben demonstriert, protestiert, wir haben sogar schon einmal Semmeln für eine versemmelte Klimapolitik verteilt. Wir suchen weiter nach Möglichkeiten, wie wir für Klimagerechtigkeit und für unsere Zukunft kämpfen können“, sagt die sechzehnjährige Franziska aus Oberösterreich Dienstagabend im ZIB-Interview.
Gemeinsam mit ihrem gleichaltrigen Mitstreiter Levi verteidigt sie das Bestreben der jungen Klägerinnen und Kläger, die Republik auf dem Rechtsweg zum Umdenken in Sachen Klimapolitik zu drängen. Konkret fordern die jungen Aktivisten eine Nachschärfung des Klimaschutzgesetzes aus dem Jahr 2011, das seiner Schutzwirkung aus ihrer Sicht nicht nachkomme. Dabei berufen sie sich auf die verfassungsrechtlich geschützten Kinderrechte.
Vorbild Deutschland
Mit ihrem Versuch, eine bessere Klimapolitik über den Rechtsweg einzufordern, betreten die Burschen und Mädchen in Österreich juristisches Neuland. Ein positives Urteil aus Deutschland gebe ihnen aber Grund zur Hoffnung: 2021 konnten sich Jugendliche mit einer Klimaklage vor dem deutschen Verfassungsgericht in Karlsruhe durchsetzen, die Regierung musste daraufhin beim Klimagesetz nachschärfen. "Darum sind wir auch zuversichtlich und haben Mut gefasst, das hier in Österreich auch zu versuchen".
- ZIB Nacht: Klima-Kläger im Gespräch
Konkret sollten die von ihnen geforderten Verschärfungen beim Klimaschutzgesetz so aussehen: Es müsse ein klar geregeltes Treibhausgasbudget geben, das sich mit dem 1.5 Grad-Ziel vereinbaren lässt. Damit verbunden müsse "die Richtung bei den Emissionen klar nach unten gehen". Außerdem verlangen die jungen Klägerinnen und Kläger eine klare Verteilung der Kompetenzen, sowie eine Kontrollinstanz , denn: "Wenn wir in der Schule unsere Hausübungen nicht machen, hat das Konsequenzen, aber wenn die Regierung ihre Hausübungen nicht macht und quasi kein gescheites Klimaschutzgesetz auf den Weg bringt, hatte das bisher keine Konsequenzen".
"Hätte lieber Faschingsdienstag gefeiert"
Dass sie die Republik nicht aus Jux und Tollerei verklagen, machen die beiden jungen Aktivisten deutlich. Besonders die aus ihrer Sicht mangelnde Handlungsbereitschaft seitens der politischen Entscheidungsträger mache es notwendig, diese Klage auf den Weg zu bringen. „Ich wäre heute wahrscheinlich auch lieber in der Schule geblieben und hätte Faschingsdienstag gefeiert, aber wir haben stattdessen die Klimaklage vor den Verfassungsgerichtshof gebracht", meint der sechzehnjährige Levi.
Auch abseits der Höchstgerichte wollen die Jugendlichen ihren Kampf für mehr Klimaschutz fortsetzen: Am dritten März stehe mit einem neuerlichen Klimastreik bereits der nächste Schritt in ihrem Bemühen um mehr Klimagerechtigkeit auf dem Programm. Die Motivation für ihre aktivistische Tätigkeit begründet Franziska so: "Selbst wenn ich mich zum Beispiel dazu entscheiden würde, in Zukunft nicht mehr aktivistisch tätig zu sein, müsste ich mich ja trotzdem noch mit der Klimakrise beschäftigen. Denn sie betrifft uns schon jetzt und sie wird uns auch in Zukunft betreffen".