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Türkisch-islamischer Kulturverein: "Nicht alle Muslime sind Terroristen"

Von Omer Tarabic, 01. Februar 2024, 09:29 Uhr
Mustafa
Mustafa Sağıroğulları, Vorstandsvorsitzender des Türkisch-islamischen Kulturvereins Atib Ried Bild: Tarabic

RIED. Ein Mann der klaren Worte: Der Rieder Mustafa Sagirogullari ist Vorstandsvorsitzender des Türkisch-islamischen Kulturvereins Ried

 Mustafa Sagirogullari wurde in Gaziantep, einer Stadt nahe der türkisch-syrischen Grenze geboren. Mit drei Jahren zog seine Familie nach Österreich. Zunächst nach Pram, wo der heute 40-Jährige seine ganze Kindheit verbrachte. Nach Beendigung der Schulpflicht verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Ried. Seit vier Jahren ist der Betriebsleiter von Servus Europa in Suben Vorstandsvorsitzender des Türkisch-islamischen Vereins für kulturelle und soziale Zusammenarbeit Atib in Ried.

OÖN: Herr Sagirogullari, Sie wurden in der Türkei geboren und sind in Österreich aufgewachsen. Fühlen Sie sich als Österreicher oder Türke?

Diese Frage wird mir ziemlich oft gestellt. Beide Länder bedeuten mir sehr viel. Ich lebe sehr gerne in Österreich und bin österreichischer Staatsbürger. Ich bin aber auch gerne auf Besuch in der Türkei.

Wie kam es dazu, dass Sie Vorstandsvorsitzender des Atib Ried wurden?

Das hat bei uns in der Familie quasi Tradition. Mein Vater hatte diese Funktion bereits zehn Jahre lang bekleidet. Nach dem Rücktritt unseres letzten Vorstandsvorsitzenden habe ich mich der Wahl gestellt und wurde von unseren Mitgliedern gewählt. Seitdem leite ich die Geschicke unseres Vereins.

Was waren Ihre Beweggründe, als Vorstandsvorsitzender zu kandidieren?

Weil ich unseren Verein unbedingt in der Öffentlichkeit in ein besseres Licht rücken wollte. Leider gibt es nach wie vor viele Vorurteile gegenüber unserem Verein. Dem möchte ich entgegenwirken. Zudem haben mich viele Mitglieder ermutigt, die Position zu übernehmen.

Ein Vorurteil lautet, in Moscheen oder in Räumlichkeiten von türkischen Kulturvereinen wird Wahlwerbung für den türkischen Präsidenten Taycep Erdogan gemacht.

Genau solche Behauptungen stören mich massiv. Weil sie frei erfunden sind. Bei uns in Ried wird definitiv keine Wahlwerbung gemacht. Weder für Taycep Erdogan noch für irgendeinen anderen Politiker. Ganz im Gegenteil: In unseren Räumlichkeiten ist es untersagt über Politik zu sprechen. Das ist bei den anderen Atib-Vereinen in Österreich nicht anders. Politik und Religion passen nicht zusammen. Hier gibt es eine strikte Trennung.

Die Imame (Vorbeter) der türkischen Kulturvereine stehen ebenfalls oft in der Kritik. Es heißt, sie würden vor allem während ihrer Reden im Zuge des Freitagsgebetes gegen das Christentum und Europa hetzen.

Bei uns ist dies noch nie der Fall gewesen und wird es auch nie sein. Warum sollten wir gegen ein Land hetzten, in dem wir leben, dessen Staatsbürger viele von uns sind? Für mich ist das nicht ganz schlüssig. Jeder, der mir das nicht glaubt, ist gerne zu einem Freitagsgebet eingeladen. Die Rede des Imams wird von mir immer auf Deutsch übersetzt. Immerhin kommen nicht nur Türken zu uns zum Beten, sondern auch Bosnier, Kosovaren und Araber. Nachdem diese nicht alle Türkisch sprechen, übersetze ich ihnen die Rede. Sie sollen wissen, wovon der Imam spricht.

Türken wollen sich nicht integrieren und leben in Österreich in einer Parallelgesellschaft. Solche Aussagen sind alltäglich. Wie sehen Sie das?

Natürlich wollen sie sich integrieren. Dieses Vorurteil werden wir aber nie ganz aus den Köpfen der Menschen verdrängen. Dass dies so ist, hat einen ganz einfachen Grund.

Dieser wäre?

Die ersten türkischen Gastarbeiter, die in den 60er Jahren nach Ried gekommen sind, haben tatsächlich in einer eigenen Gemeinschaft gelebt. Dies war aber fast nicht anders möglich, denn in den Firmen haben sie mit Türken gearbeitet und alle in der gleichen Siedlung gewohnt. Sie hatten wirklich wenig Berührungspunkte mit Österreichern. Die neue Generation tickt anders.

Wie meinen Sie das?

Viele der heute in Österreich lebenden Türken wurden hier geboren und haben in Österreich ihre Schulbildung abgeschlossen, sind ein Teil der Gesellschaft und bekleiden öffentliche Funktionen. Dass sie nach wie vor zu ihren türkischen Wurzeln stehen, ist für mich nichts Verbotenes.

Sie haben sich sehr gut integriert, sprechen perfekt Deutsch. Sehen Sie sich als Vorbild für viele junge Türken in Ried?

Als Vorbild würde ich mich nicht bezeichnen, aber ich bin sehr stolz darauf, dass ich mich in Österreich rasch integriert habe. Dass das so war, ist zum Großteil meinen Eltern und der Tatsache geschuldet, dass ich in Pram, einer kleinen Gemeinde, aufgewachsen bin. In Pram gab es nicht viele Türken, also waren meine Geschwister und ich quasi gezwungen, die Sprache zu lernen. Wir wollten keine Außenseiter sein, sondern ein fixer Bestandteil der Gemeinde. Das geht aber nur, wenn die jeweilige Landessprache beherrscht wird.

Welche Rolle haben Ihre Eltern gespielt?

Eine sehr große. Sie haben uns immer gesagt, dass Bildung der Schlüssel zu einem guten Leben ist. Sie waren stark dahinter, dass meine Geschwister und ich so schnell wie möglich die deutsche Sprache beherrschen und dass wir eine gute Ausbildung haben. Dies sollte meiner Meinung nach bei allen so sein. Die Eltern müssen es vorleben. Dann ziehen die Kinder auch mit. Deswegen appelliere ich immer an unsere Mitglieder, dass sie und ihre Kinder Deutsch lernen sollen.

Sie haben drei Kinder. Wird bei Ihnen Zuhause Deutsch oder Türkisch gesprochen?

Beide Sprachen. Für mich und meine Frau ist es sehr wichtig, dass unsere Kinder zweisprachig aufwachsen.

Der Islam steht in Europa massiv in der Kritik.

Ich würde es mittlerweile eher als Hass bezeichnen. Und dieser wird täglich größer. Der Islam steht in einem ganz schlechten Licht. Das stört mich massiv und war eben einer der Beweggründe, warum ich Obmann werden wollte. Ich will zeigen, dass der Islam eine friedliche Religion ist. Nicht alle Muslime sind Terroristen. Islam bedeutet Frieden. Im Koran steht nirgends geschrieben, dass du anderen Leid zufügen sollst. Leider wird der Islam von Terrororganisationen oft als Vorwand verwendet, um Kriege zu führen oder Terroranschläge zu verüben. Es gibt leider überall schwarze Schafe.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Stadt Ried?

Sehr gut und stets auf Augenhöhe. Im Zuge des letzten Fastenmonats Ramadan hat uns die Stadtgemeinde zum Beispiel die ehemalige Eislaufhalle für das tägliche Fastenbrechen (Iftar) zur Verfügung gestellt. Dies ist nicht in allen Städten der Fall, dass die Vereine so unterstützt werden. Dafür sind wir sehr dankbar.

Und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den anderen Religionsgemeinschaften?

Ebenfalls sehr gut. Wir stehen im regen Austausch. Arbeiten eng zusammen. Machen gemeinsame Workshops. Ich muss aber zugeben, dass dies nicht immer der Fall war. Umso mehr freut es mich, dass die Zusammenarbeit gut klappt. Im Endeffekt verfolgen wir alle das gleiche Ziel. Wir wollen in Ruhe und in Frieden gemeinsam leben.

Ihr Verein organisiert jährlich das Kulturfest "Kermes" . Findet die Veranstaltung auch heuer statt?

Die Kermes hat bei uns eine lange Tradition und ist seit der Gründung des Vereins vor 28 Jahren ein fixer Bestandteil unseres Veranstaltungskalenders. Heuer findet das Kulturfest von 30. Mai bis 2. Juni statt. In den vergangenen Jahren kamen sehr viele Besucher, darunter waren auch zahlreiche Österreicher, was uns immer besonders gefreut hat. Unser Kulturfest bietet allen Interessierten die Gelegenheit, hinter die Kulissen unseres Vereins zu blicken, mehr über den Islam und die türkische Kultur sowie unsere Arbeit zu erfahren. Zudem gibt es viele Spezialitäten aus der Türkei, die von unseren Mitgliedern frisch zubereitet werden. Auftritte von türkischen Musik- und Tanzgruppen runden das Rahmenprogramm unseres Kulturfestes ab. Vorbeischauen lohnt sich auf alle Fälle.

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Autor
Omer Tarabic
Lokalredakteur Innviertel
Omer Tarabic
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8  Kommentare
8  Kommentare
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Abstract (35 Kommentare)
am 05.02.2024 14:04

Die Anpassungsprobleme der arabischen Glaubensideologie an die Demokratiebedingungen ? OÖN Vöcklabruck: "Wir sind zu Hassfiguren geworden" www.nachrichten.at/;art71,3900021
"Du-fuehlst-dich-nur-gehasst" empfinden Bosnische Muslime zu Segregation und Islamismus-Vorwürfe ?

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Hartlh (31 Kommentare)
am 01.02.2024 10:54

So funktioniert im Koran die Integration!

Koranvers 51 in Sure 5

„Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Freunden (auliyāʾ)! Sie sind untereinander Freunde (aber nicht mit euch). Wenn einer von euch sich ihnen anschließt (yatawallahum minkum), gehört er zu ihnen (fa-innahū minhum) (und nicht mehr zu der Gemeinschaft der Gläubigen).

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Gugelbua (32.308 Kommentare)
am 01.02.2024 10:30

er hat recht👍
doch viel leben noch im Mittelalter und lassen sich von der Religion unterdrücken😉

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lastwagen (2.135 Kommentare)
am 01.02.2024 10:01

Dafür sind die meisten Muslime mit dem Messer unterwegs, wenn man von den schon fast täglichen Messerstechereien in den Medien liest.

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (27.657 Kommentare)
am 01.02.2024 10:19

Das übliche Blaunpopulismusopfer.
Integration geht nur mit Integrieren-lassen.
"Konzentriert" klappt es halt nicht so mit Kennenlernen - ist aber auch von bestimmten nicht gewollt, da könnten doch Vorurteile verschwinden...

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meierswivel (7.369 Kommentare)
am 01.02.2024 09:40

Von friedlicher Religion konnte man bis dato wenig bemerken.

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rprader (314 Kommentare)
am 01.02.2024 10:15

Schreiben Sie von den Morden der katholischen Kirche u.A. in Südamerika?
Den Unruhen in Irland?

Vielleicht müssten wir lernen, dass Religionen (so wie Fussball) oft als Anlass für Übergriffe missbraucht werden

Nein, ich bin weder Türke noch katholisch

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meierswivel (7.369 Kommentare)
am 01.02.2024 12:49

Einen "heiligen Krieg" gibt es nicht bei den Christen und das die Christenverfolgung nach wie vor und das im 21.JHD sehr hoch ist und erschreckende Ausmaße angenommen hat, von dem wissen Sie natürlich nichts.

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