Skepsis ist oft größer als Spendenbereitschaft
RIED. Bettel-Diskussion: Caritas lud in Ried zur Podiumsdiskussion "Ham s’ an Euro, bitte?"
Unterstütze ich mit meiner Spende eine organisierte Bettler-Bande oder helfe ich Einzelnen? – Es war im Wesentlichen diese Frage, die im Mittelpunkt der Bettel-Diskussion am Mittwochabend in Ried gestanden war. Auch die Fragen und Kommentare der Besucher bestätigten die Unsicherheit bettelnden Menschen gegenüber.
Es gebe vorwiegend drei Gruppen von Bettlern, sagte Jurist Gerhard Obermair von der BH Ried: "Menschen, die aus der Not heraus für sich betteln, organisierte Bettelbanden, die einen Teil der Spenden an die Auftraggeber abliefern müssen – und Kriminelle, die selbst Straftaten verüben oder für andere ausspionieren. Die Gruppe derer, die aus Not für sich betteln, ist die kleinste."
Das sieht Michaela Haunold von der Caritas OÖ – sie ist in der Beratung von Armutsmigranten in Linz tätig – anders: "Organisierte Banden streite ich nicht ab. Aber organisiert zu sein, heißt nicht gleichzeitig kriminell zu sein!" Betteln sei "ein Menschenrecht", so Haunold, dieses könne nicht verboten werden.
Immer aufdringlicher
Sigrid Spindlbeck von der Caritas-Auslandshilfe sagte, es seien vorwiegend Menschen der Volksgruppe der Roma, die durch Armut in ihrer rumänischen Heimat zum Betteln gezwungen würden. "Die Lage dort ist dramatisch." 125 Millionen Menschen in Europa seien von Armut bedroht, alleine in Rumänien seien es vier Millionen. Dort sei die Hälfte der Kinder armutsgefährdet.
Dechant Franz Aumüller aus Taiskirchen schilderte Erfahrungen mit bettelnden Menschen aus fast vier Jahrzehnten als Priester: "Früher sind die Sandler gekommen, dann die Afrikaner und irgendwann die Osteuropäer." Die Aufdringlichkeit der Bettler sei deutlich gestiegen, so Aumüller. "Österreicher kommen jetzt nur noch selten", so der Priester.
Der evangelische Pfarrer Tom Stark kritisiert die Geschichten, die von Bettlern aufgetischt werden: "Mich ärgern diese Geschichten, die halten einen für blöd. Wenn einer sagt: Ich bin Bettler, bitte geben Sie mir Geld – geb ich leichter etwas her."
Auch Stadtpfarrer Rupert Niedl hat schlechte Erfahrungen gemacht: "Freude hab ich keine mit ihnen, ich vertreib aber auch keinen. Wenn aber am Rieder Stadtfriedhof bei einem Begräbnis gebettelt wird, ist das einfach pietätlos. So etwas sollte nicht sein." Bettler im Pfarrhof seien eher selten, dort würden viel öfter heimische Bedürftige um Geld anklopfen. "Da geht es aber meist um größere Summen."
Jeder sollte für sich entscheiden, ob er etwas hergebe – das sagten die Caritas-Vertreterinnen. Das Misstrauen, mit einer Spende vielleicht eine Bettelorganisation zu unterstützen, konnten auch sie nicht schwächen. "Wir können die Probleme nicht lösen, sollten aber bedenken, dass hinter jedem Bettler ein Mensch steckt." Und man sollte sich bewusst sein, dass Betteln ein Beruf sei.
BH-Jurist Gerhard Obermair betonte, sollten Zweifel an der Seriosität von Bettlern oder Bettlergruppen bestehen, sei es kein Fehler, die Polizei zu verständigen.
Eine Besucherin gab zu bedenken: "Wenn beim Wochenmarkt ein Bettler dasitzt, gehen 999 Menschen vorbei, und einer gibt was her. Dabei würde keinem von uns dieser eine Euro abgehen..."
Bettelverbote
Verboten ist nach § 1a des OÖ Polizeistrafgesetzes (gültig seit 27. 9. 2014):
- aufdringliches und aggressives Betteln (wie durch Anfassen, unaufgefordertes Begleiten, Beschimpfen an einem öffentlichen Ort)
- Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus
- gewerbsmäßiges Betteln
- Betteln als Beteiligter einer organisierten Gruppe
- das Veranlassen von anderen Personen zum Betteln
- das Organisieren des Bettelns
- das Mitführen von minderjährigen Personen beim Betteln
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