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In dieses Dorf kommt das Christkind zweimal

Von Gerhild Niedoba, 23. Dezember 2023, 00:04 Uhr
In dieses Dorf kommt das Christkind zweimal
Betreuer Stefan Birnbaumer liest eine Weihnachtsgeschichte vor, seine fünf Schützlinge hören ihm gebannt zu. Bild: VOLKER WEIHBOLD

ALTMüNSTER. Die Marktgemeinde Altmünster liegt zwar am Traunsee, die sechs neuen Häuser für die SOS-Kinderdorf-Familien sind aber nach anderen oberösterreichischen Gewässern benannt. "Mondsee", "Schwarzen-", "Nussen-" oder etwa "Laudachsee" heißen die hellen Massivholzgebäude seit ihrer Fertigstellung im August. "Die Namen haben sich die Kinder mit ihren Betreuern ausgesucht", sagt der pädagogische Leiter, Christoph Hanin.

In einem dieser Häuser haben gerade fünf Kinder rund um den Esstisch Platz genommen. Um ihre Identität zu schützen, dürfen sie sich heute – sehr zu ihrer Freude – Fantasievornamen aussuchen. Diese sind schnell gefunden, danach dreht sich das Gespräch während des Verspeisens der Lasagne rasch wieder um das derzeit vorherrschende Thema: Weihnachten.

Die Vorfreude ist den fünf ins Gesicht geschrieben. Auch weil heuer – wie ihr Betreuer Stefan Birnbaumer anfügt – das Christkind gleich zwei Mal zu den Kindern kommt. Einmal heute und dann noch einmal ganz zeitgerecht am morgigen Heiligen Abend.

Denn sowohl die beiden zehnjährigen Zwillinge Emma und Yannik als auch ihre drei Mitbewohner – der achtjährige Silvio und seine beiden Schwestern Maria (9) und Lydia (10) – verbringen dieses Jahr Weihnachten bei ihren Eltern. Weil das aber nicht immer so ist, versammeln sich alle stets bereits am Tag zuvor vor dem aufgeputzten Christbaum im Kinderdorf, um gemeinsam zu feiern. "Das ist für die Gruppe wichtig. Und für all jene Kinder des Dorfes, die auch am 24. hierbleiben, gibt es an diesem Tag noch einmal ein gemeinsames Weihnachtsfest", sagt Birnbaumer, der seit drei Jahren hier als Betreuer arbeitet. "Und natürlich gibt es dabei immer auch Geschenke", fügt der 36-Jährige mit einem Lächeln an.

Wünsche der "Hausgeschwister"

Wünsche für das Fest gibt es genug, wie eine kurze Fragerunde ergibt: "Fußballkarten und ein dazu passendes Heft", sagt Silvio, der Jüngste der Gruppe. "Einen Puppenkinderwagen und ein Spielhandy. Und die Schultasche krieg ich von der Mama", sagt seine Schwester Maria mit glänzenden Augen. Yannik würde sich über ein Nintendo-Spiel freuen, verrät er. Lydia und Emma wollen die Entscheidung dem Christkind überlassen.

Seit mehreren Jahren wohnen die fünf gemeinsam in einer der sechs Kinderdorf-Familien. "Hausgeschwister" seien sie, fügt Yannik stolz die offizielle Bezeichnung an. "Wir können streiten, wir können spielen – wir können fast alles miteinander", sagt der Bub und lacht.

Aktuell werden 78 Mädchen und Buben aus ganz Österreich im SOS-Kinderdorf in Altmünster betreut. Neben den Familien gibt es etwa auch verschiedene Wohngruppen, eine traumapädagogische Individualbetreuung oder auch ein Jugendhaus. Sobald der Dorfneubau abgeschlossen ist, bietet dieses dann Kapazitäten für insgesamt 100 Bewohner, sagt Gerhard Pohl, SOS-Kinderdorf-Leiter. Aufgenommen werden könnten Kinder bereits ab dem Babyalter.

Die Entscheidung, ob betroffene Kinder im Ernstfall aus ihren Familien herausgenommen werden, sagt Pohl weiter, trifft die Kinder- und Jugendhilfe. "Nicht in allen Fällen ist es möglich, durch ambulante oder präventive Maßnahmen eine Familie zu stärken."

Ziel ist es in jedem Fall, den Kindern und Jugendlichen "ein liebevolles Zuhause zu bieten, wo sie ihre Kindheit entsprechend genießen können", sagt Christoph Hanin. Dazu gehöre zum einen ein normaler Alltag mit Schule, Spielen, Lernen, Ausflügen und der Ausübung von Hobbys. Bei Letzterem spitzen die Kinder besonders die Ohren: "Ich gehe mit ein paar Kindern von den anderen Häusern seit ein paar Monaten in Karate", sagt Maria nicht ohne Stolz. "Und ich", fügt Emma an, "hab beim Zirkus-Unterricht schon das Einradfahren gelernt."

Besonders wichtig sei auch, den Kontakt zu den Herkunftsfamilien zu erhalten beziehungsweise zu fördern, sagt Birnbaumer. Je nach Möglichkeit finden regelmäßige Telefonate sowie mehrere Besuche pro Monat bei den Eltern statt, auch könnten diese hier im Kinderdorf vorbeikommen. Ob und wie oft dies passiere, dürften die Kinder entscheiden, sagt Birnbaumer. "Denn ihr Zuhause ist hier."

Kinderdorf-Eltern und Betreuer

Der 36-Jährige ist einer von 97 pädagogischen Betreuern des Kinderdorfes, die sich abwechselnd um ihre Schützlinge in den Familien- und Wohngruppen kümmern. Die Zahl der klassischen Kinderdorf-Eltern ist im Gegensatz dazu verschwindend klein, wie Hanin anführt: Derzeit gibt es am Standort Altmünster zwei Mütter und einen Vater.

Dies sei dem geschuldet, dass in der "klassischen Kinderdorf-Familie die betreuenden Pädagogen ihren Lebensmittelpunkt ins Kinderdorf verlagern", sagt Hanin. Eine Kinderdorf-Mutter lebe hier an die 22 Tage pro Monat. "Das ist für viele aber nicht mehr möglich, weil sie etwa selbst eine Familie haben." Daher sei das SOS-Kinderdorf "mit der Zeit gegangen. Ein Team setzt sich jetzt aus mehreren Pädagogen zusammen."

Maria hat sich inzwischen zu dem großen, weihnachtlich geschmückten Kartonhaus geschlichen und schielt verstohlen in dessen halb offene Tür. "Das ist unsere Wichtelbox", beschreibt das zierliche Mädchen den "besonderen Adventkalender": "Den hat der Stefan gebastelt." Täglich würden die Kinder neben einer Süßigkeit auch eine Karte darin finden. "Die Weihnachtsgeschichte darf dann immer jemand von uns vorlesen. Meistens einigen wir uns, wer das ist."

Das Weihnachtsessen

Am Esstisch ist unterdessen eine Diskussion darüber entbrannt, was es als Weihnachtsessen geben soll. Während sich Silvio etwa Hotdogs vorstellen könnte, schlagen die anderen Schweinsbraten oder Burger vor. "Normalerweise einigen sie sich immer rasch auf ein Gericht", sagt Stefan Birnbaumer: Im Vorjahr sei die Gruppenentscheidung auf Raclettebrote gefallen, im Jahr davor hätten sie sich Hühnerkeulen mit Erdäpfeln gewünscht. "Einigt euch bitte auf ein Essen. Und auf etwas, das ich kochen kann", sagt er grinsend.

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Autorin
Gerhild Niedoba
stv. Leiterin Regionalressort
Gerhild Niedoba

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