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Der Winter - ein Kapitalist

Von Roman Sandgruber, 02. Februar 2019, 00:04 Uhr
Der Winter - ein Kapitalist
Bild: Volker Weihbold

Heute ist der Winter zum größten Kapitalisten geworden. Wintersport und Wintertourismus werden vom Geld regiert.

Der Winter kann so schön sein: der erste Schnee, die Flockenpracht, das Wedeln im flaumigen Pulver. Und er kann so grausam sein: das mühsame Schneeschaufeln, die Last auf den Dächern, die gesperrten Straßen, die eisige Kälte, die Lawinengefahr, die vielen Verletzungen, der Stillstand der Natur. Der Winter hat zwar viel von seinem Schrecken verloren. Es mangelt uns heute nicht an winterfester Kleidung. Die Häuser sind wohlig warm, die Autos geheizt, die Straßen durch Streusalz eisfrei. Und Hungern im Winter – ja, die Vögel oder sonstige Wildtiere! Doch auch sie werden gefüttert. Aber dass Menschen bei uns hungern oder frieren, kommt fast nicht mehr vor. Die Kinder freuen sich über den Schnee. Die Liftbetreiber brauchen Schnee. Und wenn er nicht vom Himmel fällt, kommt er aus Schneekanonen. Die Straßenerhalter und Hausmeister mögen ihn zwar nicht. Aber auch für sie hält die moderne Technik alles bereit, um dem Winter seinen Schrecken zu nehmen.

Wir verfallen in Katastrophenstimmung, wenn der Winter nicht und nicht kommen will. Es verdirbt uns das Gemüt, wenn am Heiligen Abend nicht leise der Schnee rieselt, es stört das Geschäft, wenn die Pisten aper sind, es ängstigt uns, dass die Winter längerfristig ausbleiben und die letzten Gletscher wegschmelzen könnten, auch wenn man dann und wann noch seine Macht zumindest aus den Nachrichten zu hören bekommt.

Ist der Winter unser Freund geworden? Er war es schon immer. Der große, vor einigen Jahren verstorbene Wirtschaftshistoriker David Landes, der an der renommierten Harvard-Universität lehrte, schrieb den bemerkenswerten Satz: Der Winter ist der größte Freund des Menschen. Gegen Kälte konnte man sich durch Kleidung und Bewegung schützen. Gegen die Hitze gibt es nur den Schweiß und die Kühlmaschinen, oder noch viel besser, keinen Schweiß zu erzeugen, das heißt, Siesta zu halten. Für Landes war klar: Es sind die kalten Länder, die am ehesten den Weg in den Wohlstand geschafft haben, nicht nur weil die Winter die Seuchen regelmäßig zum Erliegen gebracht haben, sondern weil sie auch zur Kapitalbildung gezwungen haben. Das bezieht sich auch auf die Notwendigkeit der Vorrats- und Lagerbildung, die sich in Regionen mit langer Winterszeit sehr viel ausgeprägter darstellte als in Regionen, wo zwei oder sogar mehr Ernten im Jahr möglich sind und die Natur ihr Füllhorn mehr oder weniger gleichmäßig das Jahr über anbietet. Auch die Notwendigkeit warmer Kleidung und fester Häuser stimulierten Nachfrage und Kapitalbildung.

Heute ist der Winter zum größten Kapitalisten geworden. Wintersport und Wintertourismus werden vom Geld regiert. Für die einfache Freude am Schnee, für die Bewegung ohne teure Lifte, für eine Erholung ohne viel Geld bleibt da kein Platz mehr.

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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