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Hitler-Haus: Und was nun?

13. Juli 2016, 00:04 Uhr
Und was nun?
Was soll mit dem Hitler-Haus passieren? Bild: Reuters

BRAUNAU/WIEN. Ministerrat brachte gestern Enteignung auf Schiene. Abriss, Museum, Behördenstandort? Über Nutzung ist sich die Regierung uneins.

Das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau wird enteignet. Die entsprechende Gesetzesvorlage hat gestern den Ministerrat passiert. Voraussichtlich im Herbst wird der Nationalrat das Gesetz beschließen. Die Enteignung tritt dann automatisch in Kraft. Die derzeitige Hausbesitzerin wird entschädigt.

Völlig offen ist nach wie vor, was dann mit der Liegenschaft mit der Adresse Salzburger Vorstadt 15 passieren soll. Innerhalb der Regierung ist eine Debatte über einen möglichen Abriss des Hauses entbrannt.

Innenminister Wolfgang Sobotka (VP) wiederholte gestern seinen Wunsch, wonach das Gebäude abgerissen werden sollte. Bedenken wegen des Denkmalschutzes teilt Sobotka nicht: Seines Wissens sei dies ein Denkmalschutz, der in der Nazizeit verfügt worden sei: "Die Denkmalwürdigkeit ist nicht gegeben." Für einen Abriss spricht sich auch der Leiter des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstand (DÖW), Gerhard Baumgartner, aus. Er forderte im Ö1-Morgenjournal, "dass der Platz, auf dem das Hitler-Haus steht, völlig entpolitisiert und etwa ein Supermarkt an der Stelle gebaut wird." Es müsse verhindert werden, "dass das Haus zu einer Pilgerstätte für Neonazis wird".

Gretchenfrage Denkmalschutz

Die Regierungsspitze kann sich ein Schleifen des Hauses dagegen nicht vorstellen. Bundeskanzler Christian Kern (SP) sprach nach dem Ministerrat von praktischen Problemen, die sich durch den Denkmalschutz ergäben. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (VP) stellte fest, dass das Gebäude aus Denkmalschutzgründen nicht abgerissen werden könne. Mittlerlehner schwebt nach der Enteignung der derzeitigen Besitzerin ein Projekt mit "pädagogischem Wert" vor, etwa ein Museum.

Die Regierung will nun auf jenes Nutzungskonzept warten, das eine zwölfköpfige Expertenkommission erstellen soll. Diese Gruppe hat sich Ende Juni konstituiert.

Ein Mitglied ist der Zeithistoriker Oliver Rathkolb. Für ihn ist ein Abriss "keine Option. Das hätten die Amerikaner 1945 machen müssen. Heute geht das nicht mehr." Rathkolb wünscht sich, dass das Gebäude "vom Nimbus des Geburtshauses Hitlers weggeführt und in die Normalität des 21. Jahrhunderts überführt wird."

Unter Historikern kursiert, wie berichtet, die Idee das "Hitler-Haus" Vorbild der Gedenkstätte Sachsenhausen zu gestalten. Dort ist die Nutzung zweigeteilt. Es gibt ein Ausstellung, die die geschichtliche Bedeutung des Hauses aufarbeitet. Hauptnutzer ist das Finanzamt Oranienburg

4800 Euro Miete pro Monat

Mit der derzeitigen Eigentümerin des Gebäudes konnte sich die Republik nicht auf eine Nutzung einigen. Das Innenministerium überwies als Mieter zuletzt monatlich 4800 Euro. Bis 2011 betrieb die Lebenshilfe dort eine Tagesheimstätte für Menschen mit Behinderung. 2011 zog die Lebenshilfe aus, weil die Besitzerin notwendige Adaptierungen verweigerte. Seither steht das Haus leer. Vorschläge für eine anderweitige Nutzung – im Gespräch war etwa der Einzug der Volkshochschule – wies die Eigentümerin zurück. Die Mietzahlungen liefen derweil weiter. (dmf/mora/mst)

 


Welche Zukunft wünschen Sie sich für das Hitler-Haus?

Für die Braunauer gehört das Geburtshaus Adolf Hitlers im historischen Zentrum einfach zum Stadtbild. Es fügt sich in die Gebäudefronten der mit Geschäften und Lokalen belebten Salzburger Vorstadt ein und normalerweise wird davon kaum Notiz genommen.

Auch als Menschen mit Behinderung darin arbeiteten, war es kein öffentlich zugängliches Gebäude. Radfahrer und an der gotischen Architektur der Stadt Braunau Interessierte kommen als Touristen.

Auch sie sehen sich das Geburtshaus an, was nicht bedeutet, dass sie Nazis sind. Zur künftigen Nutzung gibt es unterschiedliche Vorstellungen, dass es keine Gedenkstätte für Ewiggestrige werden darf, war allen Befragten wichtig.

"Ich finde den Vorschlag des Innenministers gar nicht so schlecht: das Haus abreißen und das Kapitel beschließen." - Reinhard Pfleger, Burgkirchen

"Abreißen auf keinen Fall, warum sollte man das tun? Ich würde das Haus in positivem Sinne nutzen, in Richtung Geschichtsaufarbeitung." - Roswitha Lobe, Gurten, arbeitet in einem Laden nahe dem Hitler-Haus

"Auch wenn das Haus abgerissen würde, der Platz bleibt ja trotzdem. Ich wäre für ein Dokumentationszentrum." - Anna Auer, Hochburg-Ach

"Ich verstehe nicht, dass das erst jetzt Thema ist – nach 70 Jahren. Das Haus gehört zur Geschichte. Ich würde es umbauen und für soziale Zwecke verwenden." - Walter Moser, Kirchberg
 

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7  Kommentare
7  Kommentare
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KarlSchmitzberger (2 Kommentare)
am 25.07.2016 21:04

Es existiert in unserer Gesellschaft eine permanente Angst, sich der NS-Zeit zu stellen. Ich beschäftige mich seit Jahren mit der NS-Zeit in meiner Heimatgemeinde Neukirchen an der Enknach. Bei den Recherchen stieß ich durchaus auf Skepsis und auch Widerstand. Nur die wirkliche Zeitzeugengeneration hat mich von Anfang an vorbehaltlos unterstützt. Nach dem breiten Erfolg einer sehr gut besuchten Zeitgeschichte-Ausstellung spürte ich bei vielen hinterher den Stolz, etwas beigetragen zu haben.
Ich bin fest überzeugt, Braunau selbst ist ohne unqualifizierte Zurufe aus Wien durchaus in der Lage, eine adäquate Nutzung, nicht aufsehenerregend aber durchaus dem Haus gebührend, auf die Beine zu stellen! Von einem Dokumentationszentrum bis hin zum Standort sozialer Einrichtungen scheint vieles durchaus sinnvoll.
Karl Schmitzberger, Neukirchen an der Enknach

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( Kommentare)
am 25.07.2016 21:42

Hoffentlich werden Sie gehört!
Jetzt wären noch ein paar Leute da, die sich erinnern können, denen man ebenso zuhören sollte. Erst vor ein paar Tagen erzählte mit ein altes Ehepaar von ihrer Kindheit, 1938 in einer kleineren oö Stadt, Hitler sollte kommen, etwa tausend Leute im Chor: lieber Führer komme bald, unsere Füße werden kalt.
Das Gedächtnis muss nicht nur an Gebäuden hängen sondern an den Überlieferungen der Menschen.

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KarlSchmitzberger (2 Kommentare)
am 25.07.2016 21:03

Ein Abriss wäre der definitive Beleg von Hilflosigkeit und Überforderung! Das Haus bietet der Stadt die Chance, sich ohne Angst der Aufklärung mit historischen Fakten zu stellen. Ist es doch gerade fehlendes Wissen, das zur Verklärung führt!
Unabhängig davon: Das Haus hat wesentlich mehr Geschichte! Es stand schon etwa 400 Jahre vor Hitlers Geburt, der darin bekanntlich nur als Kleinkind seine ersten Lebensjahre verbrachte. Möglicherweise sogar in einem einfachen hölzernen Anbau, der heute nicht mehr existiert.
Haben wir doch am Stadtplatz mit dem Finanzamt einen durchaus nicht gelungenen staatlichen Eingriff am historischen Kern. Ein solcher sollte der Salzburger Vorstadt erspart bleiben!
Karl Schmitzberger, Neukirchen an der Enknach

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Superheld (13.122 Kommentare)
am 25.07.2016 21:12

Das klingt sehr plausibel.

Die Erfahrung zeigt in Österreich wirklich oft die "Pfui-Gacki"-Mentalität, die man den Kindern im Stadtpark wegen der Hundstrümmerl beibringt: nichts angreifen, nichts berühren, alles ist "Pfui Gacki". So geht man letztendlich auch mit der Geschichte um, wer sich dafür auffällig interessiert, fällt wenig positiv auf.

Dann ist es klar, dass es zu vielen Missverständnissen und Fehlinterpretationen aus Unwissenheit kommt.

Schade eigentlich.

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elster (24 Kommentare)
am 13.07.2016 14:58

Langsam reicht es. Die ständigen Wiederholungen bezüglich des Hitlerhauses in Braunau sind nervend. Nun auch im ORF.
Eine bessere Reklame für dieses Gebäude gibt es nicht. Durch eine entsprechende Widmung möchte man ja gerade das verhindern. Aber die Presse spielt da nicht mit.
Bis zur endgültigen Entscheidung über die weitere Nutzung werden noch viele Artikel erscheinen, bis auch der letzte Neonazi in Europa weiß, das es in Braunau ein Hitlerhaus gibt.

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transalp (10.133 Kommentare)
am 13.07.2016 19:15

Ich stimme dem voll inhaltlich zu! Die Medien sollten sich zurückhalten. Und es gehört ein endgültiger Schlußstrich gezogen: Weg damit, oder es wird immer wieder diese Diskussionen geben! Dieser Platz sollte entpolitisiert werden! Ein für alle mal!

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Kochloeffel (882 Kommentare)
am 13.07.2016 06:54

Abreissen auf keinen Fall, das Haus hat "Geschichte" und sollte
als Gedenkstätte genutzt werden.

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