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Verkaufserfolg ohne Marktforschung

Von Karin Haas, 05. Februar 2011, 00:04 Uhr
Zotter-Schokolade bald auch aus China?
Bio-Chocolatier Josef Zotter verarbeitet jährlich 460 Tonnen Bio-Kakao. Bild: Zotter

Manche sagen zu Josef Zotter Schoko-Papst. Andere nennen den Ökoverliebten einen Spinner. Ein Marketing-Genie ist Zotter allemal. Die OÖNachrichten trafen den Bio-Chocolatier zum Interview.

OÖN: Sie produzieren 314 Sorten Schokolade, auch Kokosbanane mit Pfeffer und Salz. Ist das nicht genug? Warum bringen Sie Ende Februar die total individualisierte Schokolade „Mi-xing bar“ heraus, die per iPhone-App zusammengestellt wird?

Zotter: Wir gehen damit dem Zeitgeist entgegen und der heißt Individualisierung. Der „Mi-xing bar“ kann überall gemacht werden: im Hotel, im Park, im Büro, im Space Shuttle. Wir machen auch nur ein Stück davon. In 20 Minuten ist sie fertig. Wir versenden zu Zotterpreisen plus Versandspesen.

OÖN: Apropos Zotter-Preise. 3,20 Euro für eine 70-Gramm-Tafel ist stolz. Was rechtfertigt das?

Zotter: Der Wareneinsatz ist es nicht. Ich kann mir so besser leisten, Kakao mit einen Aufschlag für Öko und fairen Handel zu kaufen. Wir haben 120 Mitarbeiter und kämen wahrscheinlich mit 70 aus. Es gibt viele Gründe.

OÖN: Also drücken Sie die steigenden Kakaopreise nicht? Immerhin verarbeiten sie jährlich 460 Tonnen.

Zotter: … und 1200 Kilo echte Vanille. Es gibt einige böse Hedge-Fonds. Die suchen sich Lebensmittel-Rohstoffe für ihren Tanz auf dem Vulkan. Die Kakaopreise haben sich verdreifacht. Ich hänge nicht an den Märkten. Ich habe meine eigenen Vertrags-Lieferanten etwa in Nicaragua und Brasilien, die biologisch und fair produzieren.

OÖN: Sie sind gelernter Koch/Kellner/Konditor und sie sind 1996 pleitegegangen. Wie leben Sie nun mit dem Erfolg?

Zotter: Ich habe beim Misserfolg auch nicht gewusst, warum. Der Misserfolg macht einen aber zu einem Menschen. Jetzt, in den Höhen, habe ich Neider. Zu kaufen bin ich nicht. Ich lebe auf einem Bauernhof, bin Energie-autark, habe seit sieben Jahren keinen Fernseher und bin seit rund einem Vierteljahrhundert mit derselben Frau verheiratet und habe drei Kinder mit ihr. Wenn die Jüngste, Valerie, ihre Gute-Nacht-Geschichte will – das ist Leben. Eigentlich geht es um ganz wenig.

OÖN: Sie betreiben keine Marktforschung. Das hat Ihnen eine Einladung an die Uni Harvard gebracht. Die wollten wissen, wie man so Erfolg haben kann.

Zotter: Die haben mir ein Loch in den Bauch gefragt. Denn Nachhaltigkeit ist „in“ und nicht das ewige Wachstumspredigen. Ich mache keine Marktforschung, weil man nicht den Markt fragen soll, was er will. Der Konsument kennt sich ja schon jetzt nicht mehr aus.

OÖN: Wie sehen Ihre Vertriebsnetze aus? So viel Schokolade kann man nicht aus der Hüfte heraus verkaufen.

Zotter: Ich bin zwar in handverlesenen Filialen der großen Handelsketten, es gibt aber keine Zentral-Listungen. Ich mache mir doch meine kleinen Händler nicht kaputt. Zotter-Schokolade gibt es in 5000 Verkaufsstellen. Ich erwirtschafte 14 Millionen Euro Umsatz; die Hälfte im Export. Nur in der Gastronomie (Zotter-Trinkschokolade in 300 Kaffeehäusern) wollen die Leute den Preis nicht zahlen.

OÖN: Was kann Sie noch außer Atem bringen?

Zotter: Mein essbarer Tiergarten, der heuer im Frühjahr eröffnet wird. Man kann die Tiere streicheln, bestaunen und anschließend das Fleisch verzehren. Das schockiert manche, ist aber der Kreislauf der Welt.

OÖN: Ihr Wunsch an die Politik?

Zotter: Dass Öko-Produkte mit einem begünstigten Steuersatz belegt werden. Denn beim höheren Preis von Bio-Produkten schmeißen viele ihre Werte über Bord. Der Konsument hat den größten Lenkungseffekt. Das Portemonnaie ist wie ein Wahlzettel. Derzeit leben wir auf Kosten der Entwicklungsländer. Zwei Drittel unseres Wohlstandes gehen auf Kosten der Dritten Welt. Das ist, als ob sich jeder Europäer zwei Sklaven halten würde.

Werdegang: Höhen & Tiefen

Josef Zotter wird am 21. Februar 50 Jahre alt. Der Chocolatier aus Riegersburg in der Oststeiermark ist gelernter Koch, Kellner und Konditor und ging auf Wanderjahre auch in die USA. Nach seiner Rückkehr nach Österreich ging er 1996 mit vier Filialen pleite. Dann machte Zotter handgeschöpfte, faire Bio-Schokolade in 314 Sorten und ist seit 2001 schuldenfrei. 120 Mitarbeiter erwirtschaften 14 Millionen Euro Umsatz.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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( Kommentare)
am 13.02.2011 13:10

Ich habe als Tischler längere Zeit für und mit Josef Zotter gearbeitet. Sein Erfolg liegt meiner Meinung nach in seinem 100%igen Einsatz. Es gibt für ihn kein "bisserl"! Entweder gesunde Rohstoffe oder "nur billig"! Früher hat er seine Hühner selbst gezüchtet damit er echte "Bio-Eier" von glücklichen Hühnern bekommen konnte. Und seine Mehlspeisen wurden mit Marmelade seiner Eltern versüßt (Bio!). Und trotz seines erfolgs packt er auch heute noch selbst an - scheut keine Arbeit. Und das macht ihn glaubwürdig. "Ehrlich wehrt am längsten" - ich wünsche ihm auch weiter viel Erfolg.
Franz Amtmann

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( Kommentare)
am 05.02.2011 13:19

Herrn Zotter gebührt Respekt und Hochachtung!
Solche inovativen, charakterstarke Unternehmer sollte es viele geben.

HM

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