Frau starb nach mehr als 15.000 Tagen im Koma
NEU-DELHI. Die Krankenschwester Aruna Shanbaug konnte die Geschichte ihrer Vergewaltigung nie erzählen: Wie ein Putzmann ihr am 27. November 1973 im Spital in Mumbai auflauerte, ihr ein Hundehalsband umlegte, sich an ihr verging und dabei so strangulierte, dass sie ins Koma fiel.
Nun, nach mehr als 15 000 Tagen im Koma, ist die Inderin gestorben, wie das King Edward Memorial Hospital am Montag mitteilte.
Während Shanbaug mehr als vier Jahrzehnte lang im Krankenhausbett lag, konnte sich ihr Peiniger schon nach wenigen Jahren wieder frei bewegen. Der Angreifer wurde wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Haft verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe habe er vermutlich seinen Namen geändert und erneut einen Job in einem Krankenhaus angenommen, heißt es in einem Forschungsbericht in der Fachzeitschrift Journal of Indian Academy of Forensic Medicine.
Heute wäre das Urteil wahrscheinlich anders ausgefallen. Denn nach der Gruppenvergewaltigung in einem Bus in Neu Delhi im Jahr 2012 verschärfte das indische Parlament die Gesetze. Seitdem droht Vergewaltigern in Indien die Todesstrafe, wenn das Opfer wegen der Tat dauerhaft ins Koma fällt. Außerdem diskutiert das Land wie nie zuvor über Gewalt gegen Frauen.
Vor ein paar Jahren war Shanbaug noch einmal in den Nachrichten - aber nicht wegen der grausamen Tat, sondern weil sich an ihrem Fall eine Debatte um Sterbehilfe entzündete. Die Autorin Pinky Virani, die eine Biografie über Shanbaug schrieb, hatte vor Gericht versucht, die Versorgung der Koma-Patientin zu stoppen. Sie könne weder sehen noch hören, ihre Haut gleiche Papier und ihre Zähne seien komplett verfault, was ihr starke Schmerzen bereite, schrieb Virani in ihrer Petition an das höchste Gericht Indiens.
Die Krankenschwestern, die Shanbaug pflegten, bekämpften den Schritt. "Die Schwestern säuberten und fütterten sie, wechselten ihre Kleidung - das alles nicht mechanisch. Sie sprachen mit ihr", sagte Pragna Pai, die frühere Vorsteherin des Krankenhauses, dem indischen Sender NDTV. Sie möge Fisch und Mangos und mache dies auch deutlich, während sie ungeliebtes Essen ausspucke oder auf den Finger der Schwestern biss.
Der Supreme Court entschied 2011, Shanbaug solle weiter ernährt werden. In dem wegweisenden Urteil erklärten die Richter allerdings erstmals, dass passive Sterbehilfe in Ausnahmefällen möglich sei. Sie zollten auch den Angestellten für ihre "herausragende, beispielgebende und noch nie da gewesene Hingabe bei der Pflege" Respekt. Sie seien die wahren Freunde der Frau. Die Familie habe sich nicht um Shanbaug gekümmert.
Shaunbag - über ihr Alter gab es unterschiedliche Informationen - war eine der am längsten im Koma liegenden Patienten der Welt. Zuletzt litt sie nach Angaben des Krankenhauses unter einer Lungenentzündung. Zuvor hatte sich ihr Zustand bereits wegen einer Malaria-Infektion verschlechtert. Laut Medienberichten war im Jahr 2012 Edwarda O'Bara in den USA nach 42 Jahren im Koma gestorben.