Filmfestspiele Venedig: Ulrich Seidl erhält Spezialpreis der Jury
Von nachrichten.at/apa,
08. September 2012, 20:19 Uhr
VENEDIG. Ulrich Seidl ist bei den 69. Filmfestspielen von Venedig für seinen Film "Paradies: Glaube" mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet worden.
Große Freude herrschte bei Ulrich Seidl über den Spezialpreis der Jury bei den Filmfestspielen von Venedig. "Man kann sich nur gut fühlen, wenn man diesen Preis gewinnt", sagte Seidl unmittelbar nach der Preisverleihung, "noch dazu mit einem nicht ganz leichten Film, wie ich meine." Dass "Paradies: Glaube", der zweite Teil einer Trilogie, nicht nur eine Minderheit anspricht, hat selbst den österreichischen Regisseur ein wenig überrascht: "Da bin ich sehr stolz und freue mich sehr."
Seidls Film über eine missionarische Katholikin, die ein sowohl masochistisches als auch erotisches Verhältnis zu Jesus pflegt, war in Venedig positiv aufgenommen, aber von Ultrakatholiken auch verteufelt und mit einer Anzeige bedacht worden. "Ich bin der Meinung, dass da nichts dabei herauskommen wird", sagte Seidl. "Aber natürlich ist es schön, dass die Qualität des Films nun vom Festival und von der Jury bestätigt worden ist." Auf den Filmemacher wartete am Abend in Venedig noch das Dinner für die Gewinner, wie er erzählte. "Es wird mit Sicherheit eine lange und rauschende Nacht werden."
Der österreichische Regisseur hatte mit seinem umstrittenen Film bereits am ersten Wochenende für Aufregung am Lido gesorgt und unter anderem eine Anzeige wegen Blasphemie erhalten. Der Goldene Löwen ging nach Südkorea: Kim Ki-duks Drama "Pieta" hat die Jury um US-Regisseur Michael Mann am meisten überzeugt, wie die Preisverleihung am Samstagabend ergab.
Auch der US-Amerikaner Paul Thomas Anderson hatte Grund zur Freude: Für sein Sektendrama "The Master" erhielt er den Silbernen Löwen für die beste Regie, seine Hauptdarsteller Joaquin Phoenix und Philip Seymour Hoffman wurden als beste Schauspieler prämiert. Zur besten Hauptdarstellerin wurde Hadas Yaron für "Fill the Void" gekürt, für das beste Drehbuch der Konkurrenz wurde der Franzose Olivier Assayas für "Apres Mai" geehrt.
Filmfestspiele Venedig - Die wichtigsten Preisträger im Überblick
Die 69. Internationalen Filmfestspiele von Venedig sind am Samstagabend mit der Preisverleihung zu Ende gegangen.
Goldener Löwe für den besten Film: "Pieta" von Kim Ki-duk
Spezialpreis der Jury: "Paradies: Glaube" von Ulrich Seidl
Silberner Löwe für die beste Regie: Paul Thomas Anderson für "The Master"
Preis für die besten Schauspieler: Philip Seymour Hoffman und Joaquin Phoenix für "The Master"
Preis für die beste Schauspielerin: Hadas Yaron für "Fill the Void"
Bestes Drehbuch: Olivier Assayas für "Après Mai"
Die jüngsten Siegerfilme im Überblick
Bewegende menschliche Schicksale, politische Umbrüche, Kriegserfahrungen - die Jury des internationalen Filmfestes in Venedig hat in den vergangenen Jahren sehr unterschiedliche Werke mit dem Goldenen Löwen geehrt.
2012: "Pieta" von Kim Ki-duk (Südkorea). Der drastische Film zeigt anhand eines brutalen Handlangers das erbarmungslose Abbild einer pervertierten Welt, in der das Geld zum höchsten Gut aufgestiegen ist.
2011: "Faust" von Aleksander Sokurow (Russland). Das auf Deutsch gedrehte Werk mit dem österreichischen Hauptdarsteller Johannes Zeiler ist eine freie Adaption des Goethe-Dramas.
2010: "Somewhere" von Sofia Coppola (USA). Der Film erzählt von einem Hollywoodstar, der auf seine elfjährige Tochter aufpassen muss. Durch sie erkennt er, wie leer sein Leben ist.
2009: "Libanon" von Samuel Maoz (Israel). Der Regisseur verarbeitet seine Erfahrungen als junger Soldat im ersten Libanon-Krieg 1982. Der Film zeigt den Krieg aus der Sicht von vier unerfahrenen Soldaten, die in ihrem Panzer festsitzen.
2008: "The Wrestler" von Darren Aronofsky (USA). Die Erzählung beleuchtet den Comeback-Versuch eines abgehalfterten Schaukämpfers.
2007: "Gefahr und Begierde" von Ang Lee (Taiwan/USA). Die Geschichte ist 1939/40 in Schanghai angesiedelt und erzählt von einer Gruppe chinesischer Studenten, die einen politischen Mord planen. Doch die Liebe kommt dazwischen.
2006: "Still Life" von Zhang Ke Jia (China). Ein Film über Menschen, die beim Bau des riesigen Drei-Schluchten-Staudamms in China ihre Heimat verlieren.
2005: "Brokeback Mountain" von Ang Lee (USA). Der Film ist ein tragisches, modernes Western-Melodram um zwei homosexuelle Cowboys.
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