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100 Jahre ohne Bundeskanzlerin

Von Annette Gantner und Barbara Eidenberger, 10. November 2018, 00:05 Uhr
100 Jahre ohne Bundeskanzlerin
Freda Meissner-Blau war die erste Klubobfrau im Parlament, Barbara Prammer die erste Nationalratspräsidentin. Bild: APA

Politikerinnen schafften es seit Einführung des Frauenwahlrechts nur selten an die Spitze.

In den Anfängen des 18. Jahrhunderts hatte mit Maria Theresia das letzte Mal eine Frau in Österreich das Sagen. Vor 100 Jahren wurde das Frauenwahlrecht in Österreich eingeführt. Nur wenige Frauen schafften es seither an die Spitze. Noch nie gab es in Österreich eine Bundeskanzlerin, selten Parteiobfrauen und nur als Vertretung eine "Bundespräsidentin".

Politikwissenschafter führen die schwache Stellung der Frauen auf den starken Einfluss der katholischen Kirche zurück, die das Rollenbild der Mutter und Hausfrau forcierte. In protestantisch geprägten Ländern wie Skandinavien sind Frauen in der Politik deutlich stärker repräsentiert.

Bei den ersten Wahlen 1919 zogen acht Politikerinnen in den Nationalrat ein. Ihr Anteil sollte bis 1975 nie sieben Prozent erreichen. Einzig im Bundesrat zeigte Österreich Frauenpower: 1927 übernahm die christlich-soziale steirische Politikerin Olga Rudel-Zeynik – international erstmalig – für ein halbes Jahr den Vorsitz.

Frauen kommen rascher zum Zug, wenn Positionen wenig gefragt sind. In der Länderkammer waren sie stets stärker repräsentiert als im Nationalrat, wo es bis zu diesem Jahrtausend dauerte, dass Frauen mehr als ein Drittel der Abgeordneten stellen.

"Jessas, ein Weib"

Es war die Volkspartei, die mit Grete Rehor die erste Frau in ein Ministeramt hievte: Die engagierte Gewerkschafterin wurde 1966 Sozialministerin. 1986 wurde Marga Hubineks Kandidatur zur Zweiten Nationalratspräsidentin vom Amtskollegen Anton Benya mit "Jessas, ein Weib" kommentiert.

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Rehor wurde 1966 Ministerin Bild: OÖN

In der Theorie erklimmen bürgerliche Frauen, da sie besser gebildet sind, rascher die Spitze. In der Praxis gab es in der ÖVP nie eine Parteichefin oder Klubobfrau.

In der SPÖ nahmen Männer die machtvollen Positionen ein, in den "soften" Bereichen wie Bildung, und Gesundheit durften sich Frauen versuchen. Frauenanliegen wurden 1991 in einem eigenen Ministerium gebündelt, Johanna Dohnal machte sich mit ihrem Kampf um die Gleichberechtigung in der Partei aber wenig Freunde.

Barbara Prammer war die erste Frau im theoretisch zweithöchsten Amt der Republik: Sie wurde 2006 zur Nationalratspräsidentin gewählt. Stets forderte sie eine Frauenquote – absurderweise folgte auf ihr Mandat ein Mann nach. In der SPÖ gilt das Präsidium seither als Frauendomäne. Doris Bures vertrat als Nationalratspräsidentin zwischen Juli 2016 und Jänner 2017 – die Zeit, in der die Hofburgwahl wiederholt wurde – als Vorsitzende des Kollegialorgans den Bundespräsidenten.

Erst mit dem Verlust von Macht und Nerven konnte sich in der SPÖ eine Frau an der Spitze etablieren: Ende November wird Pamela Rendi-Wagner zur SP-Chefin gewählt.

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Einzige Vizekanzlerin: Susanne Riess-Passer Bild: APA

FP-Chef Jörg Haider förderte Frauen. Er machte Heide Schmidt zur Dritten Nationalratspräsidentin und inthronisierte Susanne Riess-Passer als Vizekanzlerin und Obfrau. Später sollte noch Ursula Haubner die Partei übernehmen. In der FPÖ sind Frauen aber traditionell unterrepräsentiert.

Teilen der Macht

Dass eine Verteilung von Macht möglich ist, zeigten die Grünen. Sie schrieben ein Reißverschlusssystem fest und lebten vor, dass Frauen sehr wohl für die Politik zu begeistern sind. Freda Meissner-Blau war Parteisprecherin und Klubobfrau, es folgten Madeleine Petrovic und Eva Glawischnig sowie Kurzzeit-Chefin Ingrid Felipe.

Die Neos hatten bei ihrem Einzug in den Nationalrat ein Frauenproblem. Seit kurzem hat die Partei mit Beate Meinl-Reisinger eine Obfrau. Bei der Liste Pilz wurden alle guten Jobs im Klub an Männer vergeben, Parteiobfrau der kriselnden Gruppe wurde Maria Stern.

Am Montag feiert die Republik 100 Jahre: Alle politischen Würdenträger, die eine Rede halten, sind Männer.

 

Ein langer Weg

 

  • 21. August 1848: Tausende protestieren in Wien gegen die Senkung der Tageslöhne. Der Protest wird brutal niedergeschlagen. Eine Woche später gründet Freifrau Karoline von Perin-Gradenstein den „Demokratischen Frauenverein“.
  • 1849: Im Vereinsrecht wird explizit festgehalten, dass Frauen sich nicht politisch organisieren dürfen.
  • 1892: Die SP nimmt die Forderung nach einem Frauenwahlrecht in ihr Programm auf. Allerdings eher halbherzig, gelte es doch, „alle Kräfte auf die Erkämpfung des Wahlrechts für Männer zu konzentrieren“, so der Vorsitzende Viktor Adler.
  • 1907: Das allgemeine und gleiche Männerwahlrecht wird eingeführt.
  • 8. März 1911: Zum ersten Frauentag in Österreich rufen Sozialdemokratinnen zu einer Demonstration auf – 20.000 nehmen teil.
  • 1913: Bei der Frauenstimmrechtskonferenz gelingt der Schulterschluss mit der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung.
  • 12. November 1918: Die provisorische Nationalversammlung übersiedelt ins Parlament am Ring und beschließt das „Gesetz über die Staats- und Regierungsform Deutschösterreichs“. Dies bzw. die anschließende Bekanntgabe gilt als Ausrufung der Republik.
  • 27. November 1918: Die provisorische Nationalversammlung erlässt eine neue Wahlordnung inklusive Frauenwahlrecht.
  • 16. Februar 1919: Die Wahl zur konstituierenden Nationalversammlung, die eine neue Verfassung ausarbeiten soll, findet statt. Es ist das erste von Männern und Frauen gewählte Parlament. Stärkste Partei werden mit 41 Prozent die Sozialdemokraten, gefolgt von den christlich-sozialen Parteien (36 Prozent) und den Deutschnationalen (sechs Prozent). Karl Renner bildet eine Regierung aus Sozialdemokraten und Christlich-Sozialen. Acht Frauen ziehen ins Parlament ein.

 

Die ersten Parlamentarierinnen: "Hascherl waren das nicht"

Acht Frauen – sieben Sozialdemokratinnen, eine Christlichsoziale – saßen im ersten Parlament nach der Republiksgründung.

In der konstituierenden Nationalversammlung war es so weit: Acht Frauen nahmen in den Abgeordnetensesseln Platz. Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel, Marie Tusch und Hildegard Burjan.

Obwohl die acht Frauen unterschiedlichen Parteien angehörten, waren sie in vielen Fragen einig. "Das hat auch damit zu tun, dass alle am eigenen Leib die Rechtlosigkeit der Frauen in dieser Zeit erlebt hatten", erklärt Historikerin Gabriella Hauch. Es gab parteiübergreifende Initiativen, bei Reden spielten sich die Frauen die Bälle zu. Die männlichen Kollegen hingegen unterbrachen selbst Parteigenossinnen immer wieder: "Aber da gaben die Frauen schon Konter. Hascherl waren das nicht." Die Frauensolidarität hielt etwa bis 1930 an. "Danach veränderte sich die Zusammensetzung des Parlaments grundlegend", sagt Hauch. Die Solidarität lag auch darin begründet, dass sich die Abgeordneten zwar als Fachpolitikerinnen verstanden, die Frauenperspektive aber immer – und auch klar kommuniziert – präsent war: "Der Gedanke ,Wir sind die Vertreterinnen der Frauen’ war stark."

Die ersten Parlamentarierinnen: "Hascherl waren das nicht"
Sozialdemokratin Adelheid Popp Bild: ONB Bildarchiv Austria

Erfolgreich war diese parteiübergreifende weibliche Achse vor allem bei Bildungsthemen. Die Öffnung der Bubenschulen (Gymnasien) für Mädchen war ein entscheidender Erfolg.

Die erste Generation der Frauenpolitikerinnen kam aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen. Das zeigt sich am Beispiel von Adelheid Popp und Hildegard Burjan. Popp hielt als erste Frau im April 1919 eine Rede im Parlament. Der Titel: "Die Abschaffung des Adels und seiner Privilegien." Den Weg dorthin hatte sich Popp hart erarbeitet. Sie kam aus ärmsten Verhältnissen und hatte die sechsjährige Schulpflicht absolviert. Ihr rhetorisches Talent machte sie zu einer gefragten Versammlungsrednerin, sie war Mitbegründerin der Arbeiterinnen-Zeitung. Die parlamentarische Arbeit war trotzdem keine leichte. Um sich auf die Ausschüsse vorzubereiten, saß Popp nächtelang über juristischen Texten.

Die ersten Parlamentarierinnen: "Hascherl waren das nicht"
Hildegard Burjan, Volkspartei Bild: Archiv

Das fiel Burjan von den Christlich-Sozialen deutlich leichter. Sie kam aus dem gebildeten Bürgertum und hatte Sozialwissenschaft studiert. Ihre Zeit im Parlament dauerte trotzdem nur etwas mehr als ein Jahr. Als einzige Frau im Klub und noch dazu mit jüdisch-preußischen Wurzeln war Burjan massiven antisemitischen Angriffen aus der eigenen Partei ausgesetzt.

Sie zog sich aus der Politik zurück und widmete sich der karitativen Arbeit. Unpolitisch wurde Burjan aber nicht. Sie rief zum Beispiel dazu auf, Betriebe, die Frauen benachteiligen, zu boykottieren. Popp zog sich im Jahr 1933 aus der Politik zurück. 

 

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1  Kommentar
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cochran (4.047 Kommentare)
am 10.11.2018 12:20

Ist eh besser den Frauen gehören zum Haushalt und L´Kindererziehung damit sie brav bleiben

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