Warum die Wahl ausgerechnet auf St. Peter-Zizlau fiel
LINZ. Über die Franckstraße führte der Weg hinaus auf einer von Linden gesäumten, breiten Landstraße, direkt hinein in das Zentrum von St. Peter, das ein barockes Kirchlein und das große kubische Schulgebäude dominierten.
Die restlichen Häuser scharten sich wie Küken um das Gotteshaus. Davon geblieben ist nichts.
"Die Hausfrauen hängten gerade Wäsche auf und dachten an nichts Böses. Da sagte ich ihnen: ,Ihr könnt nicht mehr so lange warten, bis die Wäsche trocken ist, morgen Abend muss das Haus geräumt sein, übermorgen wird es gesprengt.’ Da hielten sie mich für verrückt und fragten mich: ,Ja, wo sollen wir denn hin?’", erinnerte sich Johannes Meissner in einem Interview vor mehr als 20 Jahren, als er im Frühsommer 1938 als junger Anwalt den ersten Bewohnern des Linzer Stadtteils St. Peter-Zizlau den Räumungsbefehl überbringen musste.
Hitlers persönliche Entscheidung
Etwa 400 Familien, 200 Häuser, darunter 20 Bauernhäuser, zahlreiche Gastwirte und auch Fabriken mussten dem Bau der nationalsozialistischen Hermann-Göring-Werke weichen. Neben dem bei den Linzern überaus beliebten Ausflugsgebiet St. Peter-Zizlau waren auch Pichling-Asten, Enns-St. Valentin und die Welser Heide bei Marchtrenk Varianten für die Standortwahl der Göring-Werke. Der damalige NS-Landwirtschaftsminister und spätere FPÖ-Gründer Anton Reinthaller protestierte gegen den Standort Asten, weil dadurch 40 Erbhöfe verdrängt worden wären und die Böden bedeutend besser als in St. Peter waren.
In seinen "Spandauer Tagebüchern" schrieb "Hitlers Architekt" Albert Speer über die Standortwahl: "Hitler persönlich hatte den Bauplatz nahe der Stadt ausgesucht und alle Einwände wegen der zu erwartenden Belästigung durch Rauch, Abgase und Gerüche auf Grund der ständigen Ostwinde im Stromtal der Donau beiseite geschoben. (...) Vorhaltungen, dass Hitler sein schönes altes Linz auf diese Weise in eine verrußte Industrie- und Arbeiterstadt wie Essen verwandele, wies er ebenso zurück wie meinen Einwand, dass das riesige Werk die Ausdehnung der Stadt zur Donau, dem städtebaulich wertvollsten Gelände, blockieren werde", schrieb Speer. (rela)
Ausgebucht! „Der Krieg in der Ukraine: Eine Spätfolge des Zerfalls der UdSSR und ein geopolitischer Konflikt.“
Fit im Internet: Das Weiterbildungs-Event für alle, die sich für digitale Technologien interessieren.
Online-Abschlussveranstaltung des OÖN-Börsespiels 2021
Schwammerl: Zwischen Genuss und Gefahr
Interessieren Sie sich für diesen Ort?
Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.
[i]Überschrift: Warum die Wahl ausgerechnet auf St. Peter-Zizlau fiel[i]
die Antwort sucht man vergebens.
Was Albert Speer da in seinen Erinnerungen zur Standortwahl der neuen Anlagen der Reichswerke Hermann Göring in Linz schrieb ist - wie viele andere inzwischen von Historikern widerlegte Ex-post-Behautungen Speers nach seiner Freilassung - halt Legende.
Wen es wirklich interessiert, muss in dem 1973 vom deutschen Historischer Mathias Riedl nach seiner Habilitationsschreift verfassten Buch :"Kohle und Eisen für das Dritte Reich" nachlesen. Darin wird anhand der HGW-Aktenb der Vorgang nachvollzogen. Der Raum Linz wurde aus der Nähe zum Steirischen Erzberg und der damals schon ins Auge gefassten Möglichkeit der Heranbringung von Kokskohle über die Donau gewählt. Die Linzer Konzeption nach dem Muster Salzgitter (Donau der "Mittellandkanal") war durch den "Anschluss" mögliche Übertragung für das ursprünglich geplante HGW-Hüttenwerk im bayerischen Pegnitztal (!) so schnell ermöglicht.