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Wenn das Kein Witz ist?

Von Bernhard Lichtenberger, 25. März 2016, 12:10 Uhr
Wenn das Kein Witz Ist?
Günther Lainer, Franz Madlmayr Bild: VOLKER WEIHBOLD

Der eine ist ein gestandener Linzer, der andere ein waschechter Mühlviertler. Wenn es um Witze über die jeweilige Region geht, hört sich bei den Kabarettisten Günther Lainer und Franz Madlmayr der Spaß nicht auf. Da passt eher: Scherz lass nach!

Der Mühlviertler-Witz und seine Retourkutsche – wo ist da neutraler Boden, um sich das auszuschnapsen? Wir haben für das Duell den "Wirt am Graben" in Linz gewählt, der sich "Mühlviertler Gastwirtschaft" nennt. Bevor verbal die Fetzen flogen, haben sich die Kontrahenten gestärkt: Günther Lainer mit einer Linzer Torte, Franz Madlmayr mit einem Speckbrot aus der Heimat.

 

  1. Kennen Sie den? Ein Mühlviertler geht in ein Musikgeschäft und sagt: "Ich will das rote Saxofon neben der Tür und das weiße Akkordeon dort an der Wand." Antwortet der Verkäufer: "Den Feuerlöscher können Sie haben, aber die Heizung bleibt hier!"

    Franz Madlmayr: Der geht einem Mühlviertler nicht rein, denn das sind so alte, wirklich tiefe Witze. Ich vergleiche Linzer und Mühlviertler mit Deutschland und Österreich. Beide mögen einander, beide sticheln gegeneinander. Der Deutsche glaubt, er ist der Gescheite, und der Österreicher lässt gerne Witze über sich machen. Aber wenn du in der ganzen Welt schaust, so sind die Österreicher überall beliebt, die Deutschen aber nicht. Was glaubst du, was ein Oberösterreicher antwortet, wenn du sagst, dass du aus Linz bist?
    Günther Lainer: In Linz beginnt’s!
    Madlmayr: Aber beliebt bist deswegen auch nicht.
    Lainer: In Linz hat doch alles angefangen. Wir haben die größte Kirche, das schönste Design Center, die Universität ...
    Madlmayr: ...die aber im Mühlviertel steht.
    Lainer: Ja, das war ein Eigentor. Aber das Musiktheater, das Lentos, das Brucknerhaus sind bei uns und auch das Stadion ...
    Madlmayr: ...in dem aber keine Leute sind.
    Lainer: Und wie viele Zuschauer habt ihr in St. Stefan am Walde?
    Madlmayr: Wir sind 800 Einwohner, und im Schnitt kommen zu unseren Spielen in der 1. Klasse zwischen 300 und 400 Zuschauer. Und wenn bei euch der LASK spielt, musst du einmal schauen, wie viele Mühlviertler im Stadion sind.
     

    Wenn das Kein Witz Ist?
    Franz Madlmayr mit Mühlviertler Speck. Bild: VOLKER WEIHBOLD
  2. Wie lebt es sich damit, nur wegen seiner Herkunft zur Witzfigur gemacht zu werden?

    Madlmayr: Wir Mühlviertler sind das gewohnt. Das macht uns auch sympathisch. Wir sind keine so großkopferten Schädel, wir sind freundlich, fleißig und wissen uns zu benehmen.
    Lainer: Wir sind also großkopfert? Wir sind so freundlich, dass wir viele unserer Arbeitsplätze Mühlviertlern überlassen. In der Voest hab ich gehört, dass die Mühlviertler die besten Arbeiter sind. Eh klar, ein Linzer ist ja nicht so deppert, dass er sich schlechte Arbeiter nimmt. Viele Mühlviertler bleiben dann ja auch in Linz, wohl deshalb, weil es ihnen gefällt, weil es gemütlich ist. Hier kannst du fortgehen und Leute kennenlernen.
    Madlmayr: Linz ist gemütlich, weil viele Mühlviertler da sind.
  3. Wieso überschüttet der Linzer den Mühlviertler gerne einmal mit Hohn?

    Lainer: Man wächst als Linzer damit auf, dass man über die Mühlviertler ein wenig herzieht. Über wen sollen wir sonst schimpfen? Die Innviertler, Hausruckviertler, Traunviertler? Das Mühlviertel liegt einfach so nahe.
    Madlmayr: Das Gute liegt so nah. Wir sind Kabarettisten. Im Kabarett gab es oft den Gescheiten und den Blöden – wobei letztendlich der Gscheite immer blöd dastand. Siehe Farkas und Waldbrunn, Stan Laurel und Oliver Hardy.
  4. Nachdem sich der Lainer für gescheit hält ...


    (Lainer reagiert unflätig, sein Zitat ist nicht druckreif)
  5. Kennen Sie den? Warum sind die Mühlviertler Witze so kurz? Damit sie die Linzer auch verstehen.

    (Lainer versucht einen Witz – und scheitert)
  6. Was hat das Mühlviertel Linz voraus?


    Madlmayr: Ich habe lange in Linz gelebt und bin wieder irrsinnig gern aufs Land gezogen, weil die Lebensqualität besser ist. Das Vereinsleben ist mir wichtig, die Kulinarik, die Landschaft. Ich bin daheim und es fühlt sich wie Urlaub an. Warum fahren die Linzer denn am Wochenende ins Mühlviertel? Und das so langsam, dass es staut. Und am Sonntag dasselbe retour. Und warum fahren sie hinauf? Zum Speckfechten.
  7. Warum werden die Linzer Speckfechter genannt?


    Madlmayr: Weil sie am Wochenende zur Verwandtschaft hinauf kommen, sich dort einnisten, sich bewirten lassen und depperte Mühlviertler-Witze erzählen. Und euer zweiter Spitzname ist Betonkinder. (Anm.: Der Begriff Speckfechter kommt aus der Zeit des Hamsterns im Krieg und in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als Städter aufs Land zogen, um Speck einzutauschen oder zu kaufen, oder auch darum zu betteln.)
  8. Wieso lebt der Lainer gerne in Linz?


    Lainer: Wegen der Vielfalt. Ich kann es mir aussuchen, ob ich meine Ruhe haben oder unter die Leute gehen will. Da habe ich Kino, Theater, Kabarett zur Auswahl. Und was die Luft betrifft: Ersticken tu ich nicht, wenn ich hinaus gehe. Außerdem kann ich anonym bleiben. Am Land wird das nicht so gut gehen. Und ich habe vorher noch nie so viele Leute kurze Distanzen mit dem Auto fahren gesehen wie am Land. Die sind 300 Meter mit dem Auto in die Kirche gefahren. Da war ich wirklich schockiert. In Linz versuche ich, entweder mit dem Radl zu fahren oder zu Fuß zu gehen. Ganz selten nehme ich das Auto – weil ich weiß, dass die Mühlviertler wieder unterwegs sind und die Straßen verstopfen.
    Madlmayr: Fairerweise muss ich zustimmen, dass kurze Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden. Das stört mich auch. Und am Land ist es ein Nachteil, dass jeder vom anderen alles weiß. Da ist der gesellschaftliche Druck schon extrem. Andererseits ist so eine Gesellschaft schon schön, die sich am Sonntag am Kirchenplatz und dann beim Frühschoppen trifft, am Nachmittag zum Sportplatz geht und das Vereinsleben mitträgt.
    Lainer: Das kann ich in Linz auch. Wenn ich in mein Stammbeisl geh’, ins Extrablatt, dann treffe ich immer Leute, mit denen ich eine Gaudi haben kann. Bei uns gibt es genügend Vereine. Am Land kann ich es mir nur zwischen Feuerwehr, Musi und Fußball aussuchen.
    Madlmayr: Da gibt es schon mehrere. Außerdem haben wir auch Kinos und Kabarett.
    Madlmayr: Und wir Mühlviertler kommen nach Linz, um euch Entwicklungshilfe zu geben.
    Lainer: Nein. Wir geben euch die Möglichkeit, dass ihr euch entwickeln könnt.
    Madlmayr: Und wieso hast du eine Mühlviertlerin zur Frau?
    Lainer: Das ist ein Thema, das wir hier nicht besprechen.

    Wenn das Kein Witz Ist?
    Günther Lainer mit Linzertorte Bild: VOLKER WEIHBOLD
  9. So geht das nicht.


    Lainer:
    Ich habe eine Mühlviertlerin als Frau, weil ich sie in Linz kennengelernt habe. Es ist aber auch meine Mutter eine Mühlviertlerin, jetzt kommt es auf. Meine Wurzeln führen nach Herzogsdorf. Und meine Frau ist aus Hundbrenning.
  10. Woher?


    Lainer:
    Kennst das nicht? Das ist gleich nach Sexling. Gattergaßling ist auch dort. Ich hab’ ja meine Frau total gern, und die gemütliche Art der Mühlviertler finde ich klass. Das Witzige ist: Als ich das erste Mal dort war, haben meine jetzigen Schwagern gesagt, den Linzer, den tunken wir ein, dem geben wir so Gas. Dann kam es umgekehrt: Ich war der Lustige, der Gemütliche, und die waren so überrascht, dass ich ihnen ihr Klischee vom Linzer total zerstört habe.
    Madlmayr: Im Grunde mögen sich die Linzer und die Mühlviertler ja.
    Lainer: Das ist ein bissl eine Hass-Liebe.
  11. Gibt’s auch unter den Mühlviertlern Sticheleien?


    Madlmayr: Das ist so wie mit Urfahr und Linz. Die unteren Mühlviertler glauben auch, sie sind etwas Besseres als die oberen Mühlviertler.
    Lainer: Diese Konkurrenz gibt es auch in Linz, etwa zwischen Bindermichl und Spallerhof.
  12. Das Mühlviertel hat den größten Anteil an Biobauern in Oberösterreich. Das müsste für einen vollschlanken Genussmenschen wie den Lainer ein willkommenes Betätigungsfeld sein?

    Lainer: Ich liebe die Mühlviertler Küche, etwa Erdäpfelnudeln mit Sauerkraut und Speck, vom Schweinsbraten ganz zu schweigen.
    Madlmayr: Und bei unseren Wirten bis du wohl deshalb so beliebt, weil du eine gute Kundschaft bist.
  13. Was sind Ihre jeweiligen Lieblingsplatzerl, sowohl in Linz als auch im Mühlviertel?

    Madlmayr: Das ist einmal der Ort der Geburt, die Heimat, also St. Stefan am Walde. Da bin ich gerne bei meinen Eltern, das bedeutet Geborgenheit. Das Grundstück, auf dem ich mein Haus gebaut habe, habe ich energetisch getestet. Die Aussicht ist wunderschön. Ebenso gerne bin ich im Wald – und im Wirtshaus am Stammtisch. In Linz halte ich mich gerne auf der Landstraße auf – bis mir der Wirbel und die Hektik zu viel werden.
    Lainer: Ich mag meinen Schreibtisch, von dem aus sehe ich den Dom, die Leute. Draußen ist es das Rondo am Pöstlingberg. Außerdem gibt’s dort ein gutes Wirtshaus und die Grottenbahn als Kindheitserinnerung. Und wenn ich im Mühlviertel bin, dann am liebsten im Wald – wenn’s flach ist.
  14. Kann man zusammenfassend sagen: Was sich liebt, das neckt sich?


    Lainer & Madlmayr: Absolut

 

Günther Lainer

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Günther Lainer

Bild: Weihbold

Der gelernte Tischler und Pastoralassistent macht es sich seit 1993 auf Kabarettbühnen gemütlich. Seit 2007 gehört der 46-jährige Linzer zum Rateteam der ORF-Sendung "Was gibt es Neues?" Aktuell mit Ernst Aigner und dem Programm "Frühling, Sommer, Ernst und Günther" unterwegs, ab Ostern im Globe Wien in Michael Niavaranis Komödie "Romeo & Julia" zu sehen. Termine unter guentherlainer.at

 

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Franz Madlmayr

Bild: Weihbold


Franz Madlmayr

Der "Wirtsbua" aus St. Stefan am Walde ist im Brotberuf Sachbearbeiter im Zentralbetriebsratsbüro der gespag. Als „Sepp Temba“zieht der 48-Jährige gemeinsam mit Sigi Mittermayr (alias "Guss Longford") mit dem Musikkabarett „Fleckerlspeis“ durchs Land. Termine unter sepptemba.at

 


Ebenseer & Ostfriesen

Irgendeine Region trifft es immer

Kaum ein Land, in dem es keine Witze über die Bewohner einer bestimmten Region gibt. Die Scherze speisen sich daraus, dass sich die Absender in irgendeiner Form den Adressaten überlegen fühlen. In Deutschland fällt die Opferrolle etwa den Ostfriesen zu, auf den Britischen Inseln trifft das Geiz-Klischee die Schotten, im Salzkammergut teilen die Bad Ischler gerne gegen die Ebenseer und Goiserer aus.

In Frankreich macht sich der südliche Teil über die schwer zu verstehende Aussprache der nordfranzösischen Sch’tis lustig. Die Deutschen ätzen gegen die Österreicher, und in den Restbundesländern kursiert fröhlich der Burgenländer-Witz. Bei diesen Witzen mit Stereotypen zeigt sich, dass sie durch Kulturen und Nationen wandern und universell verwendbar sein können.

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6  Kommentare
6  Kommentare
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klausaki (4 Kommentare)
am 26.03.2016 10:38

Ich bin auch ein Kind mit mühlviertler Migrationshintergrund,
wie so viele auch in Linz :-D

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jeep42001 (1.473 Kommentare)
am 25.03.2016 20:16

Linzer und 50 Prozent Mühlviertler

Seit dem Abzug der russischen Besatzung haben sich die Mühlviertler In Linz um 50 Prozent vermehrt. Zählt man zwei Generationen zurück so wir die 50 Prozentmarke überschritten.

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Ledererturm (1.000 Kommentare)
am 25.03.2016 18:10

Was an dem Kabarettisten Günther Lainer lustig ist, frag ich mich allerdings schon lange !

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alpe (3.482 Kommentare)
am 25.03.2016 14:48

Richtigstellung :
Das Rote an der Wand ist ein Dudelsack!

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Alcea (10.015 Kommentare)
am 25.03.2016 14:27

Linzer - Mühlviertler; das ist der "Ausländerhass" der kleinen Leute!

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ziegenpeter (1.093 Kommentare)
am 25.03.2016 14:45

Genialer Vergleich, können sie Poster wie der damalige Hochofen oder alte streunende honigsammelnde und Rosen liebende Narr hinter die Ohren schreiben. Gerade Letzterer gibt sich ja stets so weltmännisch, dass ihn Ihr Vergeich vermutlich schmerzen wird.

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