Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Der führende Diplomat Afrikas - Kofi Annan ist tot

Von nachrichten.at/apa, 18. August 2018, 17:06 Uhr
Bild 1 von 8
Bildergalerie Kofi Annan ist tot: Acht denkwürdige Zitate
Bild: (REUTERS)

NEW YORK. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan ist tot. Er wurde 80 Jahre alt. Das meldet die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen.

Wie kein zweiter war Kofi Annan das personifizierte Weltgewissen. Der integre Diplomat aus Ghana hat sein Ansehen als moralische Autorität geschickt eingesetzt, um als UN-Generalsekretär globale Probleme wie die Aids-Epidemie und Terrorismus anzupacken.

Als erster UN-Chef hatte er sich in der Verwaltungshierarchie der Weltorganisation hochgearbeitet und war zudem der erste Amtsinhaber aus den Staaten Afrikas südlich der Sahara. Nun ist Annan im Alter von 80 Jahren gestorben.

In den höchsten Etagen der Vereinten Nationen hinterließ Annan ab 1987 als stellvertretender Generalsekretär seine Handschrift, bald auch als Chef der Abteilung für Friedenserhaltende Einsätze (DPKO). Mit dem Völkermord in Ruanda im Jahr 1994 ereilte ihn dort eines der dunkelsten Kapitel seiner UN-Karriere. Spannungen zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi führten zum Tod von 800.000 bis einer Million Menschen und Annan brauchte zehn Jahre, um in einem BBC-Interview und später in seinen Memoiren zumindest einen Teil der Verantwortung für den Fehlschlag der Friedensbemühungen zu übernehmen.

Denn der Alarmruf aus dem bitterarmen Staat in Ostafrika hätte lauter nicht sein können: Der kanadische General Romeo Dallaire, damals Oberkommandierender der Blauhelme in Ruanda, hatte vor der Vernichtung der Tutsi-Minderheit gewarnt. Aber Annan stoppte einen von Dallaire geplanten Angriff auf ein Waffenlager, das für den Massenmord genutzt werden sollte, und verwies die Sache auch nicht an den UN-Sicherheitsrat. Annans späteres "Bedauern" und die Aussage, die "internationale Gemeinschaft" - nicht er selbst - habe versagt, kam als Aufarbeitung des Blutbads vergleichsweise schwach daher.

Auch das Massaker an 8.000 Muslimen in der bosnischen Stadt Srebrenica im Jahr 1995 - das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg - lastete mit auf Annans Schultern. Dass niederländische Blauhelme das Gemetzel wohl hätten verhindern können, ließ das "Peacekeeping" auf einen neuen Tiefstand fallen. Beide Tragödien verfolgten Annan auch nach seinem Antritt als UN-Generalsekretär im Jahr 1997. Die von ihm angeordneten Untersuchungsberichte fanden deutliche Kritik am Vorgehen der UN in beiden Fällen.

Als Nachfolger des Ägypters Butros Butros-Ghali führte Annan als UN-Chef die Weltgemeinschaft mit ruhiger Hand durch zehn wechselhafte Jahre. In einer großangelegten Kampagne sagte er dem HI-Virus und der Aids-Epidemie den Kampf an. Für seinen Weltfonds Global Fund, mit dem auch Tuberkulose und Malaria ausgemerzt werden sollen, holte er den Microsoft-Gründer Bill Gates und später auch den U2-Sänger Bono und die damalige französische First Lady Carla Bruni-Sarkozy ins Boot.

Annan paarte als UN-Chef Realismus mit moralischer Führungsstärke und nutzte sein Verhandlungsgeschick, um die UN-Staaten bei globalen Fragen wie der Erderwärmung, Armut, Drogen und Terrorismus aus ihrer nationalen Reserve zu locken. Er kam als bescheidener Spitzendiplomat daher. Als er und die Vereinten Nationen 2001 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden, bezeichnete ihn das "Time"-Magazin als womöglich "beliebtesten politischen Power-Player weltweit". Nach Worten des Nobelpreis-Komitees war er zu dieser Zeit der "führende Diplomat Afrikas". Bemerkenswert war Annans offene Kritik an den USA für deren Invasion des Iraks im Jahr 2003.

Aber auch die Jahre, in denen Annan vom obersten Stockwerk des UN-Hauptquartiers in New York dirigierte, hatten ihre Schattenseiten. Ein Beispiel ist die Umsetzung des Programms "Oil For Food", das dem Irak den Ölhandel trotz bestehender Sanktionen teilweise erlaubt, um Lebensmittel und andere Güter für die Bevölkerung zu kaufen. Der Diktator Saddam Hussein konnte das Programm laut einer CIA-Studie missbrauchen, um durch Schmiergelder, Zuschläge und Ölschmuggel rund 12,6 Milliarden Dollar zu verdienen. Das Fehlverhalten von UN-Mitarbeitern plagten das Programm mit.

Annans Vorname ist in Ghana keine Seltenheit, denn Kofi bedeutet in der örtlichen Sprache Akan schlicht "Freitag". Kofi Atta Annan wurde am 8. April 1938 - einem Freitag - in Kumasi geboren, als sein westafrikanisches Heimatland noch die britische Kolonie Goldküste war. Er war der Spross einer prominenten Familie: Seine Großväter und ein Onkel waren Stammesführer der Volksgruppe der Fante, sein Vater ein erfolgreicher Manager.

Annan wuchs in den Jahren der ghanaischen Unabhängigkeitsbewegung auf, was ihn sehr prägte. Ab 1958 studierte er in Ghana - ein Privileg, das nur wenigen Einheimischen zugängig war -, bevor er mit Hilfe eines Stipendiums in die USA und später nach Genf wechselte.

Schon 1962 begann er seine Karriere als Beamter bei den Vereinten Nation in Genf. Es folgten Stationen unter anderem in Äthiopien, Ägypten und New York, bevor er am Massachusetts Institute of Technology einen Master in Wirtschaftsstudien ablegte. 1974 verließ er die UN und ging für zwei Jahre zurück nach Ghana - doch es hielt ihn nicht in der Heimat. Annan wechselte zum UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) nach Genf, später folgten Positionen in New York, wo er ab 1986 zur Führung gehörte.

Nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit als UN-Chef gab es in Ghana Spekulationen, ob er als Präsidentschaftskandidat antreten würde. Obwohl er keine nennenswerte Parteibasis hatte, rechneten Beobachter ihm Chancen zu, denn die Ghanaer waren stolz auf "ihren Sohn", den Weltenlenker. Annan selbst zog es wohl nicht ernsthaft in Erwägung. Als Wohnsitze behielt er New York und Genf.

In der Schweiz gründete er 2007 auch die Kofi Annan Stiftung, die sich für die Förderung von Demokratie und Vermittlung in Krisenlagen einsetzt. Er machte sich auch für eine Modernisierung der Landwirtschaft in Afrika als Schlüssel zu einer besseren Zukunft stark. Obwohl er als Erwachsener nie für eine längere Zeit nach Ghana zurückgegangen war, schlug sein Herz auch immer für die Heimat.

Besonders deutliche Worte fand er dabei nach dem Ende seiner Amtszeit: Zu viele Politiker in Afrika hätten sich persönlich bereichert "und an ihrem Amt auch lange nach dem Ende ihres Mandates festgehalten". Annan meinte, Afrikas Wachstum könne sich verdoppeln und die Armut könne drastisch reduziert werden, wenn sich endlich die Regierungsführung verbessern würde. "Eine der Folgen der schlechten Führung ist weit verbreitete Korruption", konstatierte er 2015.

Annan hat aus einer 1970 geschiedenen Ehe mit der Nigerianerin Titi Alakija zwei Kinder. Seine zweite Frau, Nane Maria Lagergren, hat eine Tochter aus einer früheren Ehe.

mehr aus Außenpolitik

Israel ruft zu Evakuierung von Shifa-Spital und Umgebung auf

Putin: "Umfassender Konflikt mit der NATO nicht auszuschließen"

Wählen um zwölf Uhr als Protest gegen Putin

Russland-Wahl: Putin verlor Wahlen in Salzburg

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

9  Kommentare
9  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Gugelbua (31.756 Kommentare)
am 19.08.2018 11:19

wenn man tot ist wird man heilig grinsen

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 19.08.2018 11:05

Srebenica fällt mir da ein..

lädt ...
melden
GunterKoeberl-Marthyn (17.917 Kommentare)
am 18.08.2018 18:25

UN-Generalsekretär Kofi Annan war ein Menschenfürst und sein Ableben ist ein schwerer Verlust für die Welt! Berührend von Upikus: Ruhe in Frieden guter Mensch!

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 18.08.2018 20:36

Danke😒

lädt ...
melden
jago (57.723 Kommentare)
am 18.08.2018 16:43

Hier tu ich was, was ich normalerweise nicht mag, ich verweise auf eine Konkurrenzzeitung, Die Presse.

Dabei geht es "nebenbei" auch um das Thema Afrika, das gerade in einem Artikel verarbeitet worden ist. Es geht noch nicht um das aktuelle Flüchtlingsproblem aber um die Vorgeschichte dazuDie Presse - Kofi Annan: "Manchmal muss man dem Teufel die Hand schütteln"Ein Interview von CHRISTIAN ULTSCH am
08.03.2014

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 18.08.2018 15:20

Ruhe in Frieden guter Mensch!😧

lädt ...
melden
sachsalainen (450 Kommentare)
am 18.08.2018 13:53

Ein wahrer Held ist leider verstorben.
Ruhe so, wie Du gelebt hast.

lädt ...
melden
Superruss (1.085 Kommentare)
am 18.08.2018 13:44

Ruhe in Frieden
Den Deine Nachfolger sind nur Gesteuerte Pfeifen von den Eu Doimis.
Schade um Dich

lädt ...
melden
Mellitus (21 Kommentare)
am 18.08.2018 12:01

RIP Great man

lädt ...
melden
Aktuelle Meldungen