"Wir passen nicht rein ins Popmusik-Regal"
Zweite neue CD innerhalb kurzer Zeit, Live-Shows vor Schönbrunn und in Linz – den Pop-Heroen von Bilderbuch wird nicht fad – Frontman Maurice Ernst im OÖN-Interview.
Nachdem im Dezember "Mea Culpa" das Licht der Welt erblickte, schenken die Kremsmünsterer Bilderbuch der Platte mit dem morgen erscheinenden "Vernissage My Heart" einen Nachfolger. Darüber spricht Frontmann Maurice Ernst im großen OÖN-Interview.
OÖN: Die Entscheidung, die Songs auf "Mea Culpa" und "Vernissage My Heart" aufzuteilen, war eine kurzfristige. Gab’s einen Moment der Erleuchtung?
Maurice Ernst: Ja, den gab es. Ich saß in der Früh beim Kaffee und hab’ mir grübelnd die Liste aller neuen Songs angeschaut. Müssen wir Lieder streichen? Oder wird das ein Riesenalbum? Auf einmal hatte ich eine Eingebung und habe die Stücke – meine "Babys" – intuitiv auf zwei Playlists aufgeteilt. Sogar in der richtigen Reihenfolge. Gedauert hat es vier Minuten. Im Nachhinein ergab es Sinn, der Kopf hat diese Bauchentscheidung eingehend geprüft. Die Energie der Songs von "Mea Culpa" geht nach innen, "Vernissage My Heart" ist offener und drängt nach außen. "Mea Culpa" und "Vernissage My Heart" sind Zwillinge, aber keine eineiigen.
Um klassische Songstrukturen scheren sich Bilderbuch auf den beiden Alben nicht länger?
Wir erarbeiten Musik sehr unbewusst. Wir haben nicht beschlossen: So, jetzt hauen wir das Konzept "Song" komplett zusammen! Unser Ansatz ist stark dem Hip-Hop geschuldet. Dort liefert der Rapper die erste Strophe, dann singt ein Sänger die Hook, die zweite Strophe kommt von einem Gaststar, der diese komplett anders interpretiert, zum Schluss ist wieder der Sänger dran. Wir machen das auch. Warum soll ich die zweite Strophe denn exakt so singen wie die erste? Da limitiere ich mich nur selbst. Wenn Musiker intuitiv arbeiten, ist es fast schon Jazz (lacht). Wir passen nicht rein ins Popmusik-Regal – das ist uns aber wurscht.
"Europa 22" ist Bilderbuchs politischstes Stück. Auch wenn es mehr um Hoffnung als um Politik per se geht. Wie kam’s dazu?
Es dreht sich um "gefühlte Politik". Wenn du als Songschreiber ein ganz konkretes Thema – wie in diesem Fall Europa – aufgreifst, dann darfst du nicht zu realpolitisch werden. Wir wollten kein Pamphlet verfassen, niemandem unsere Meinung aufdrücken. Es ging uns darum, ein Gefühl zu skizzieren. Ich bin jetzt 30 geworden – und will nicht zusehen, wie das positive Erbe Europas hergeschenkt wird. Ich will niemanden auf eine politische Seite ziehen, sondern aufwecken und Hoffnung vermitteln. Das kann nur Musik. Wir stehen für Liebe, Utopie und Händereichen.
Viele Ihrer Songs besitzen einen Gospel-Gestus, auch die Live-Shows erinnern stellenweise an eine Art Gottesdienst. Sind das die Nachwehen des Internatlebens in Kremsmünster?
Ganz sicher. Wenn mir die Kirche irgendwas eingeflüstert hat, dann ein Gespür für Drama, Pathos und Showbiz-Gestus. Es ist ein Stilmittel, aber keine Karikatur. Du brauchst eine gewisse Zuneigung zu einem Subjekt, um es zu parodieren. Ich hatte einen spannenden Religionsunterricht im Kloster. Ich war im katholischen Epizentrum und habe hautnah mitgekriegt, wie die Zeit an dieser Institution vorbeirauscht. Ich habe das Recht, das Katholische in mir zu fühlen und auf die Bühne zu bringen.
Im Mai steht ein Schönbrunn-Doppelpack an – mit je 15.000 Fans spielen Bilderbuch die größten Einzelkonzerte der Karriere. Wie surreal fühlt sich das an?
Surreal trifft’s. Wenn ich mit meinem Elektromoped an Schönbrunn vorbeifahre, dann entsteht jedes Mal ein ganz eigenes Gefühl in mir. Kein mulmiges, eher ein Staunen. Diese Konzerte werden etwas in uns ändern. Was, weiß ich nicht.
Danach steht am 13. Juli mit dem "Ahoi"-Festival in Linz ein Heimspiel an. Ist Linz ein besonderes Pflaster für Bilderbuch?
Die Donaulände ist eine geile Location. Nach dem Schönbrunn-Wahnsinn werden wir sehr entspannt und relaxed performen. Das wird uns eine spezielle Leichtigkeit geben. Einer unserer besten Auftritte war das Tabakfabrik-Open-Air. Der Auftritt ist an mit vorbeigerauscht.
Zum Abschied noch Gratulation zum Sieg bei der "Oberösterreicher des Jahres 2018"-Wahl!
Danke, das hat uns ehrlich gefreut! Das Krasse ist, dass wir ja noch mitten in unserer Karriere stehen. Wenn wir älter sind, werden wir mit diesem Preis noch mehr Freude haben. Meine Platin- und Gold-Schallplatten habe ich meinen Eltern geschenkt – auch die "Oberösterreicher des Jahres"-Urkunde wird bei meiner Mama ein Platzerl finden. Auch als Erinnerung, dass der Bua eh was G’scheits gelernt hat (lacht).
CD-Kritik: Alles geht, nichts muss. Diesem Motto haben sich Bilderbuch auf "Vernissage My Heart" verschrieben. Verzerrte Gitarren, Lounge-Sounds, Hip-Hop-Anklänge – und doch klingt ihr sechstes Album so stimmig wie aufregend. Popmusik ja, aber ohne Scheuklappen! Anspieltipps: "Frisbee", "LED go", "Europa 22"
OÖN Bewertung:
Jetzt reinhören:
Dort kommt in auch nicht hin ihr Möchtegernpopper.
Der Zuseherkreis ist überschaubar und angesagte Karrieren finden nicht statt.
Wer will schon so einen seichten Schmälern hören?
Korrektur
Da kommt ihr auch nicht hin ihr Möchtegernpopper.
.... seichter Schmarrn....