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Selbstverletzung: Schmerz als Ventil

19. September 2018, 00:04 Uhr
Selbstverletzung: Schmerz als Ventil
Selbstverletzungen hinterlassen fast immer sichtbare Spuren. Sie werden aber oft versteckt. Bild: colourbox.de

20 Prozent aller Jugendlichen geben an, dass sie sich schon einmal selbst verletzt haben. Eine Expertin erklärt, worauf es bei der Therapie von Betroffenen ankommt.

Selbstverletzendes Verhalten ist ein Phänomen, das seit den 80er Jahren bekannt ist. "Dabei handelt es sich um Selbstschädigung, die meist keine Suizid-Absicht im Hintergrund hat", sagt Andrea Crofskey-Kratzert von der psychosozialen Beratungsstelle von Exit-sozial in Bad Leonfelden. Gerade in den letzten Monaten hat die Sozialarbeiterin immer öfters mit diesem Krankheitsbild zu tun. Zirka 20 Prozent aller Jugendlichen in der Gesamtbevölkerung geben an, sich bereits einmal selbst verletzt zu haben. Genaue Zahlen lassen sich statistisch schwer erheben, da die Wunden vorwiegend heimlich zugefügt und Narben meist geschickt durch Kleidung versteckt werden.

Schmerz entlastet

Was bringt einen offensichtlich gesunden, jungen Menschen dazu, sich mit Rasierklingen zu ritzen, mit Zigaretten zu brennen oder sich die Haare auszureißen? "Mit der Selbstverletzung werden verschiedene unerträgliche Situationen entlastet: Betroffene beschreiben den Drang, sich zu schneiden, wenn sie großen psychischen Druck, Anspannung oder Wut verspüren. Andere wiederum fühlen sich erst lebendig und ganz da, wenn sie das eigene Blut fließen sehen", sagt Crofskey-Kratzert. "Manchmal ist es auch das Bedürfnis, nichts mehr zu spüren, außer körperlichem Schmerz, einfach alles andere vergessen zu können. Kontrolle über meinen eigenen Körper haben – es sind so viele Gefühle, die da eine Rolle spielen", beschreibt eine Betroffene.

Auch Schuldgefühle nach Konflikten können Auslöser sein, ebenso ein Gefühl innerer Leere oder akuter psychischer Schmerz. "Die tiefer liegenden Ursachen sind so vielfältig wie die Leidensgeschichten der Betroffenen und sollten individuell aufgearbeitet werden", erklärt Sozialarbeiterin Crofskey-Kratzert. In den meisten Fällen werden durch therapeutische Gespräche Gefühle der eigenen Wertlosigkeit und der Angst vor Kontrollverlust herausgearbeitet. Häufig finden sich in der Biografie selbstverletzender Menschen Erlebnisse physischer, psychischer oder sexualisierter Gewalt.

Vor allem Mädchen betroffen

Selbstverletzung betrifft vor allem junge Frauen und Mädchen von der beginnenden Pubertät bis ins junge Erwachsenenalter. Dies lässt sich einerseits dadurch erklären, dass Aggression bei jungen Männern eher gesellschaftlich anerkannt ist. Es gilt sogar als "ausgesprochen männlich", wenn ein Mann Durchsetzungsvermögen zeigt und sich dabei sogar aggressiver Verhaltensweisen bedient.

Frauen hingegen wird eine "passive, leidensbereite und gefühlvolle" Rolle zugeschrieben, daher wird Aggression eher gegen sich selbst gerichtet, um die gesellschaftliche Anerkennung zu erhalten. Auch fällt es Frauen und Mädchen scheinbar schwerer, mit Konflikten umzugehen, weil sie Angst haben, wichtige Beziehungen zu gefährden oder nahestehende Menschen zu verletzen. "Schuldgefühle, die durch Aggression einem anderen Menschen gegenüber entstehen, werden durch Autoaggression kompensiert", sagt Crofskey-Kratzert.

Angehörige brauchen Geduld

Selbstverletzende Handlungen sind ein Versuch, Kontrolle über den eigenen Körper und das eigene Leben zu erlangen. Daraus kann eine Sucht entstehen: Nach nur wenigen erfolgreich erlebten Entspannungsversuchen wird die Selbstverletzung immer häufiger eingesetzt, das Schneidewerkzeug immer griffbereit mitgeführt. "Hohe Erwartungen und die Warnung vor Konsequenzen können den Drang zur Selbstverletzung noch verstärken. Auch eine übertriebene Sorgereaktion kann diesen mit zu viel an Aufmerksamkeit belohnen", sagt die Expertin. Dennoch sollte dieser nonverbale Hilfeschrei ernst genommen werden: Verständnis, Gesprächs- und Hilfeangebot und eine gemeinsame Suche nach Alternativen können auf dem Weg zur Heilung der Seele förderlich sein. (dh)

Infos über Therapien: Exit-sozial – PSZ Sterngartl Böhmerstr. 3, Bad Leonfelden Tel. 07213/6006 Exit-sozial – PSZ Linz Wildbergstr. 10a, Linz-Urfahr Tel. 0732/719 719

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