Wolfgang Katzian: Mann mit zwei Gesichtern
Es war ein Start ohne Aufwärmphase, den Wolfgang Katzian als frischgebackener Gewerkschaftschef hingelegt hat, als er am Donnerstagabend in der ZiB2 den "Raubzug gegen Gesundheit und Geldbörsen" geißelte.
Da war er gerade einmal fünf Stunden gewählter ÖGB-Präsident und drohte der Regierung wegen des eben fixierten Zwölf-Stunden-Arbeitstages schon mit Streik.
Es war also das zweite, das harte Gesicht, das Katzian bisher lieber "in den Gremien", also bei Bedarf hinter verschlossenen Türen gezeigt hat – ob als einflussreicher Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) oder auch als Vorsitzender der roten Gewerkschafter.
Denn eigentlich pflegt der gebürtige Stockerauer (Jahrgang 1956) sein Image als gemütlicher, immer erst den Konsens suchender Sozialpartner der alten Schule. Nie mit Krawatte, dafür öfter im Polo oder Flanellhemd und auch mal im breiten Dialekt geht Katzian barrierefrei auf sein Gegenüber zu. Dass der verheiratete Vater eines Sohnes zu den Genussmenschen zählt, hat den an sich Sportbegeisterten auch schon zu Zugeständnissen bei der Konfektionsgröße gezwungen.
Auch beim Stichwort Sport beweist Katzian, dass er nicht ganz einfach einzuordnen ist. Dass er gerne den Golfschläger geschwungen hat, ist wohl deutlich ungewöhnlicher für einen Spitzengewerkschafter als die zweite, breitenwirksamere Passion Fußball. Wobei sich Katzian in seiner letzten Amtszeit als Präsident der Wiener Austria angesichts der abgelaufenen Saison vor allem in Leidensfähigkeit üben musste. Letzteres ist abseits des Fußballplatzes auch in der Politik von ihm zu erwarten, könnte für die Regierung aber zum gefährlichen Spiel werden. Nach seiner Lehre in der Devisenabteilung der Länderbank verfolgte Katzian ab 1977 als GPA-Jugendsekretär konsequent seine Karriere in der Gewerkschaft und wurde ein gewichtiger Vertreter des linken SP-Flügels. Man kann davon ausgehen, dass er dieses Gesicht an der Spitze des ÖGB nun auch öfter zeigen wird.
"Raubzug gegen Gesundheit und Geldbörsen"
So wie die meisten SPÖ-Gewerkschafter und Freunde aussehen, kann man davon ausgehen, dass dieser Raubzug gegen den eigenen Körper eher in der eigenen Privatsphäre stattfindet!
Gesundheitsthemen und Umwelt kommen bei vielen dieser Körperfettakrobaten ganz einfach unglaubwürdig bis peinlich rüber.
Bravo, Wolfgang Katzian!