Ex-UN-Botschafterin Haley macht Trump zum Opfer
Donald Trump findet zu Beginn der öffentlichen Phase der Impeachment-Ermittlungen Trost in dem neuen Buch seiner ehemaligen UN-Botschafterin. Nikki Haley streut den Amerikanern Sand in die Augen.
Die Auszüge aus "With All Due Respect" (dt. "Mit allem gebotenen Respekt") lesen sich wie die Realität gewordenen Fieberträume eines Präsidenten, der überall um ihn herum Verrat wittert. Haley schildert darin, wie der frühere US-Außenminister Rex Tillerson und der Ex-Stabschef im Weißen Haus, John Kelly, versuchten, sie als Verbündete gegen Trump zu gewinnen.
Sie habe nicht mitgemacht und sei Trump loyal geblieben, behauptet Haley in dem Buch, das heute erscheint. "Einen Präsidenten zu unterminieren, ist wirklich eine gefährliche Angelegenheit", sagte Haley dem Fernsehsender CBS. Der "Washington Post" vertraut die vor einem Jahr freiwillig aus dem Amt geschiedene Politikerin an, sie sei "so schockiert" gewesen, "dass ich nichts gesagt habe".
Der im März 2018 gefeuerte Außenminister reagierte nicht auf die Behauptungen. Dagegen feuerte der ein paar Monate später ausgeschiedene Stabschef zurück. Wenn gegen Trump zu arbeiten bedeute, ihm den "besten und offensten rechtmäßigen und moralischen" Rat zu geben, "bekenne ich mich schuldig".
Weder aus den Auszügen noch aus den Interviews geht hervor, worauf sich Haleys Vorwürfe gegen Tillerson und Kelly konkret beziehen. Experten wie Nicholas Burns, der unter George W. Bush als Staatssekretär im US-Außenministerium tätig war, meinen, es sei um den Vorschlag der ehemaligen UN-Botschafterin gegangen, "jegliche Hilfe für palästinensische Flüchtlinge zu kürzen". Trump habe seinerzeit Haleys Idee unterstützt, während sein Außenminister und sein Stabschef dagegen waren. Daraus abzuleiten, Kelly und Tillerson wollten den Präsidenten unterminieren, sei eine "gewagte" Behauptung.
Analysten werten das Buch Haleys als Schaulaufen für höhere Weihen. Sie wird seit einiger Zeit als möglicher Ersatz für Mike Pence als Vizepräsidentschaftskandidatin 2020 gehandelt. Darauf deutet ihr Versuch hin, Trump in dem Impeachment-Verfahren zu verteidigen. Sie könne nicht sehen, warum das Verhalten des Präsidenten in der Ukraine-Affäre eine Amtsenthebung rechtfertige, sagte sie. Es seien keine "harten Forderungen" gestellt worden, und die Militärhilfe sei am Ende geflossen.
Kritiker raten Haley, den öffentlichen Anhörungen zu folgen, die am Mittwoch mit der Befragung des Karriere-Diplomaten George Kent und des amtierenden Botschafters in der Ukraine, Bill Taylor, eine neue Phase in dem Amtsenthebungsverfahren einläuten. Trump jedenfalls ist entzückt über Haleys Buch, das ihn als Opfer erscheinen lässt. "Bestellen Sie ein Exemplar", fordert der notorische Nichtleser auf. "Viel Glück, Haley!"
Thomas Spang ist OÖN-Korrespondent in Washington.
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