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Bahnhofstraßennimmersatt

Von Tex Rubinowitz, 08. Oktober 2024, 16:28 Uhr
Tex Rubinowitz
Welser Stadtschreiber Tex Rubinowitz Bild: apa

Wels scheint eine sehr, ja geradezu enorm reiche Stadt zu sein, das stellt der Stadtschreiber fest, denn der Name der Stadt klingt, wenn man das End-s verlispelt, wie das englische Wealth, also Reichtum, Wohlstand, aber nicht nur wegen dieser onomatopoetischen Analogie, sondern wegen der schlichten und schlicht schlecht zu begreifenden Tatsache, dass sich die Stadt Wels nicht eine, nicht zwei, sondern sogar drei Bahnhofstraßen leistet

Als Rainer Maria Rilke mal bis Wels kam, schuf er das bekannte Sonett "An Bahnhofstraßen überreich, Wels, nimmersatt sind deine Wege, die zum Bahnhof führen". Natürlich leistet sich jede Stadt irgendein Prestigeobjekt, Zwentendorf hat ein schlüsselfertiges, aber funktionsloses Atomkraftwerk, Hallstatt ein spiegelverkehrtes Ebenbild in China und Wels eben diese drei Bahnhofstraßen.

Wenn der Stadtschreiber Welser darauf anspricht, erklären sie etwas von einem Kreisverkehr und einem Knick, den eine einzige Bahnhofstraße macht, aber das knickt man sich metaphysisch zurecht, wie einen Strohhalm, durch den man eine gefühlte Wahrheit einsaugt. Aber darf ich denn nicht den Umstand der drei Bahnhofstraßen thematisieren und in der Zeit meines Aufenthalts eine Initiative starten, Wels eine vierte Bahnhofstraße zu verschaffen? Wels soll Weltmeisterin im Bahnhofstraßenhaben werden, auch wenn mich der alerte Bürgermeister Andreas Rabl bei meinem Antrittsbesuch schnippisch darauf hinweist, dass unter seiner Ägide keine Städte, schon gar nicht seine, weiblich gegendert werden.

Die britische Stadt Wells in Somerset, Südwestengland, hat einen Bahnhof, aber keine Bahnhofstraße. Straßen in Wells heißen Beach Plum Lane (Strandpflaumenpfad), Barberry Street (Berberitzenstraße) und Quail Run Lane (Wachtelrennengasse), das ist alles ganz zauberhaft, ich kenne noch nicht alle Straßennamen in Wels, OÖ, aber glaube kaum, dass man hier etwas ähnlich Irisierendes wie den Whispering Pines Circular (Flüsterkiefernkreis) hat, stattdessen aber einen ganzen Sack voll schnöder Bahnhofstraßen. Könnte man nicht vielleicht, statt eine vierte Bahnhofstraße zu kreieren, Wells eine Bahnhofstraße abgeben? Um dafür von Wells für Wels die Hummingbird Avenue zu bekommen, geht nicht jeder anders, beschwingter auf einer Kolibri-Promenade?

Die Stadt Wells hat auf ihrer Homepage eine "Road Name Request Form", also ein Formular, in das man Straßennamenwünsche eintragen kann ("Desired Road Names to be Considered"), ich hab das im Namen der Stadt Wels ausgefüllt, das bin ich als Stadtschreiber der Stadt schuldig, und ihnen eine Bahnhofstraße angeboten, jetzt warten wir mal ab, ob Wells bereit ist, Wels zu entlasten.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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hasta (3.033 Kommentare)
am 09.10.2024 09:31

Die Situation der "Bahnhofstraßen" in Wels ist mehr als eigenartig und für ortsfremde Personen sehr verwirrend. Das ist eben Wels. Die Welser sind schon immer etwas eigen - sie kratzen sich auch mit der rechten Hand wenn ihnen das linke Ohr juckt.

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (30.456 Kommentare)
am 08.10.2024 21:02

Das mit den Bahnhofstraßen-Fragmenten ist wirklich unübersichtlich und ändernswert. Ich würde nur noch den Teil vorm Bahnhof so nennen. Der Rest bitte nach berühmten, linken Frauen benennen. *duck*

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soistes (3.589 Kommentare)
am 08.10.2024 18:58

Na, jetzt haben Sie es aber den Welsern hineingesagt

Kann denn Wells auch damit auftrumpfen, dass es eine der ersten römischen Städte war?

Und dass der Welser Bürgermeister nicht bei dem unnötigen gendern mitmacht, spricht für ihn.

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