Strom für Rechenzentren: Amazon und Google wollen Mini-AKW nutzen
SEATTLE. Bedarf ist wegen künstlicher Intelligenz enorm – Microsoft will Reaktor wieder hochfahren
Wegen des wachsenden Stromhungers seiner Rechenzentren nutzt auch Amazon neuartige Mini-Atomreaktoren. Dazu unterzeichnete der Onlinehändler, dessen Tochter Amazon Web Services (AWS) der weltgrößte Cloud-Anbieter ist, diese Woche drei Verträge zur Entwicklung kleiner modularer Reaktoren (Small Modular Reactors, SMR). "Unsere Vereinbarungen fördern den Bau neuer Nukleartechnologien, die Energie für die kommenden Jahrzehnte liefern werden", sagte AWS-Chef Matt Garman.
Der Konzern finanziert unter anderem eine Machbarkeitsstudie für den Bau einer SMR-Anlage im Bundesstaat Washington. Im Gegenzug erhalte der Konzern das Recht, Strom aus vier der bis zu acht geplanten Module zu beziehen. In der größten Ausbaustufe hätte das Atomkraftwerk eine Leistung von 960 Megawatt, mit der mehr als 770.000 Haushalte mit Strom versorgt werden könnten. Daneben investiert Amazon 500 Millionen Dollar in X-Energy, einen SMR-Entwickler. Außerdem will die Firma mit Dominion Energy den Bau eines Mini-AKW mit einer Leistung von 300 Megawatt in Virginia ausloten.
Wegen des enormen Strombedarfs von Rechenzentren für künstliche Intelligenz (KI) suchen Cloud-Anbieter nach zusätzlichen Stromquellen. Einige wenden sich der Atomenergie zu, die praktisch keine Treibhausgase erzeugt.
SMR werden in Fabriken vormontiert und sollen daher billiger sein als konventionelle Atomkraftwerke (AKW). Kritiker bemängeln allerdings, dass die Kosten im Vergleich zum Nutzen immer noch zu hoch seien. Außerdem gebe es noch kein US-Endlager für radioaktiven Abfall. Bisher ist in den USA kein einziger SMR in Betrieb. Die Firma NuScale, die als einzige eine Genehmigung für den Bau solcher Reaktoren besitzt, hatte ein Pilotprojekt unter anderem wegen gestiegener Kosten im vergangenen Jahr beerdigt.
Die Alphabet-Tochter Google hat unlängst ebenfalls einen Vertrag zur Entwicklung von SMR geschlossen.
1979 kam es zur Kernschmelze
Zudem nehmen die Pläne von Microsoft, das Unglücks-AKW Three Mile wieder hochzufahren, Gestalt an: Diese sehen vor, dass der Komplex auf einer Insel im Fluss Susquehanna ab 2028 835 Megawatt (MW) Strom erzeugt. Diesen will Microsoft nutzen, um den Energiehunger seiner KI-Anwendungen zu stillen.
1979 kam es im Block 2 von Three Mile Island zu einer teilweisen Kernschmelze. Wieder hochgefahren werden soll Block 1. Microsoft und der Versorger Constellation Energy haben einen Vertrag mit einem Volumen von 1,6 Milliarden Dollar geschlossen. In den USA ist nach dem Abschalten noch nie ein Reaktor wieder hochgefahren worden.
das Netz braucht eben konstante Erzeugung und (Frequenz)-Stabilität. Beides können nur gute alte Kraftwerke mit ausreichend rotierenden Massen gewährleisten. Darum, und um CO2 Emissionen zu vermeiden, sind weltweit rd. 80 AKW in Bau.
Kluger Schachzug
Was ist dran klug? Man setzt auf experimentelle Reaktoren (Microsoft auf eienen abgewohnten Schrottreaktor), braucht Brennstoff, der überwiegend aus Russland kommt und hat noch immer das Endlagerproblem nicht gelöst, das noch hunderte Generationen nach uns als Erbe aufgebürdet wird.
Dabei werden viele Kosten - auch eine adäquate Risikoversicherung - ganz selbstverständlich sozialisiert.