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65 Jahre ohne Antwort

Von Gabriel Egger, 09. April 2019, 00:04 Uhr
65 Jahre ohne Antwort
An der großen Suchaktion beteiligten sich im April und Mai 1954 täglich mehr als 350 Personen. Unten: das letzte Bild der Schülergruppe. Bild: Anderle/Privat

OBERTRAUN/HEILBRONN. Am 15. April 1954 brechen zehn Schüler und vier Begleiter zu einer Wanderung auf. Nur eine Frau kommt lebend zurück. Viele Fragen sind offen. Die Antworten blieben am Dachstein.

Benno Denz hat sich wie wild geärgert. Damals, als Lehrer Seiler abends durch die Zimmer der Bundessportschule Obertraun ging und die Schüler für die Wanderung auf das Dachsteinplateau auswählte. So gern wäre der 15-Jährige mit seinen Klassenkollegen auf den Krippenstein gewandert und auf der Gjaid Alm eingekehrt. Aber Denz durfte nicht mit.

"Ich hab eine Woche vorher beim Holzhacken die Kuppe meines linken Daumens verloren. Der Seiler hat gesagt, dass ich für so eine Wanderung aber beide Hände brauche, und mich nicht mitgenommen", sagt er. Heute, 65 Jahre später, weiß Denz, dass ihm diese Verletzung das Leben gerettet hat. Denn die Gruppe, die Richtung Dachstein aufbrach, kam nie zurück.

Ein Sturm verwischt die Spuren

Es ist der 15. April 1954, Gründonnerstag. Hans Georg Seiler, Lehrer der Knabenmittelschule Heilbronn, wandert um sechs Uhr früh mit drei erwachsenen Begleitern und zehn Schülern von der Bundessportschule Obertraun Richtung Schönbergalm. Für die Schüler aus Heilbronn, wo der Wiederaufbau der Stadt nach der totalen Zerstörung im zweiten Weltkrieg noch voll im Gange ist, soll es die Krönung einer 13-tägigen Ferienreise werden. Eine Reise, die den Aufbruch in eine bessere Zukunft symbolisiert.

Das Wetter ist gut, die Aussichten darauf weniger. Ab Mittag sind Schnee und Windspitzen bis zu 50 km/h angesagt. Susanna Berschitz, Hüttenwirtin der Schönbergalm, macht Lehrer Seiler darauf aufmerksam, als die Gruppe um 9.30 Uhr dort ankommt. Zu diesem Zeitpunkt ist Begleiterin Hildegard Mattes bereits wieder auf dem Weg ins Tal. Sie will Verwandte in St. Wolfgang besuchen. Eine Entscheidung, die sie weiterleben lässt.

Denn Seiler setzt die Wanderung fort und schlägt auch die Warnung des Bautrupps, der seine Arbeit an der neuen Seilbahn wegen des Wetters um kurz nach 11 Uhr abbricht, in den aufkommenden Wind. Die Arbeiter sind die letzten Menschen, die die Heilbronner Schulgruppe lebend sehen. Der Schneesturm verwischt ihre Spuren auf dem Dachsteinplateau.

"Wir haben auf sie gewartet, haben an den Fenstern gelauert, riefen nach ihnen. Aber es kam nichts als Stille zurück. Dann ist es Nacht geworden, und der Schneefall hat auch bei uns im Tal eingesetzt", erinnert sich Benno Denz.

Eine Rakete leuchtet am Himmel

Am Karfreitag 1954 beginnt die bis dato größte Suchaktion in der alpinen Geschichte. Zuerst hofft man noch, die Gruppe könnte sich auf dem Krippenstein in eine Bauhütte gerettet haben. Der Aufstieg bei Nacht und Schneesturm ist lebensgefährlich, die Hütte leer. Nach Tagesanbruch dasselbe Bild: nämlich keines. Sturm, Schneefall und Nebel machen die Suche beinahe unmöglich, sogar eine Gruppe von sechs erfahrenen Rettern gerät in Bergnot und kann nach einer Biwak-Nacht in Richtung Steiermark absteigen. Neun Tage vergehen, bis sich der Himmel über dem Dachstein beruhigt. Am 24. April schicken die Einsatzleiter mehr als 350 Helfer in die Schneewüste. Unter ihnen auch der damals 18-jährige Franz Preimesberger aus Hallstatt. "Jeder von unserem Suchtrupp hat eine Leuchtrakete bekommen. Die sollten wir abfeuern, wenn wir etwas finden", sagt der heute 83-Jährige. Mit Skiern an den Füßen und Sonden in den Händen durchkämmen sie das Gebiet rund um Däumling und Speikkogel.

Franz Preimesberger
Franz Preimesberger war an der Suchaktion beteiligt. Bild: Volker Weihbold

Dann plötzlich ein Knall: Eine Leuchtrakete verglüht am Himmel. "Da hab ich gewusst, dass man sie gefunden hat", sagt Preimesberger. Zuerst werden das Lehrer-Brautpaar Hans-Werner Rupp und Christa Vollmer aus dem Schnee gezogen. Danach findet man in der Nähe weitere sieben erfrorene Schüler. Erst am 28. Mai, sechs Wochen nach dem Karfreitag, werden die letzten Vermissten entdeckt: Lehrer Seiler, der seinen Schüler Rolf Mößner eng umschlungen hält. Alle Toten hat man gefunden, die Antwort auf das "Warum?" aber nie. Warum drehte Seiler nicht rechtzeitig um? Wer trägt die Verantwortung?

Benno Denz hat den Verantwortlichen längst gefunden: das Schicksal. Der 80-Jährige wird auch heuer beim Klassentreffen am Heilbronner Dachstein-Grab seiner verstorbenen Mitschüler gedenken. Ohne Schuldzuweisungen. Nur in liebevoller Erinnerung.

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Autor
Gabriel Egger
Redakteur Oberösterreich
Gabriel Egger
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30  Kommentare
30  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
vjeverica (4.309 Kommentare)
am 09.04.2019 10:56

Der Artikel selber gibt die Antwort!

1. Warnung: Ab Mittag sind Schnee und Windspitzen bis zu 50 km/h angesagt. Susanna Berschitz, Hüttenwirtin der Schönbergalm, macht Lehrer Seiler darauf aufmerksam, als die Gruppe um 9.30 Uhr dort ankommt.

2. Warnung: Denn Seiler setzt die Wanderung fort und schlägt auch die Warnung des Bautrupps, der seine Arbeit an der neuen Seilbahn wegen des Wetters um kurz nach 11 Uhr abbricht, in den aufkommenden Wind.

Fazit: Uneinsichtige "Führer". Die Kinder / Jugendlichen konnten sich ja nicht gegen die wehren, die mussten mit (auch falls sie vernünftiger als ihre Lehrer gewesen sein sollten)

UND: viele sogenannte Bergsteiger, (Berg)Wanderer sind heute noch nicht schlauer.

Sie bringen wissentlich, offenen Auges sich selber, die ihnen evt. Anvertrauten in Gefahr.

Und nicht nur das - sie bringen auch die Bergretter in Gefahr. So mancher von denen musste schon sein Leben lassen für die Dummheit, Ignoranz, Unvernunft sogenannter Freizeitsportler!!!

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Rufi (4.739 Kommentare)
am 09.04.2019 13:45

Alles richtig. Ein Darum hast du so wenig wie ich.

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caber (1.956 Kommentare)
am 09.04.2019 13:53

Es ist das Recht jedes Menschen, sich selbst einem Risiko auszusetzen! Vertretbar sollte es halt bleiben!

Das sieht im Übrigen auch die Bergrettung so - und handelt selbst ebenfalls nach diesem Grundsatz.

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 09.04.2019 14:03

Als Lehrer???

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caber (1.956 Kommentare)
am 09.04.2019 14:15

Auch sich SELBST als Lehrer und in VERTRETBAREM Ausmaß. Was als Lehrer mit Schülern vertretbar ist, wird sich davon allerdings unterscheiden...

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FakeNewsLeser (2.157 Kommentare)
am 09.04.2019 09:34

Dann wirds heuer die nächste TV Doku drüber geben, auch wenn die bereits bestehenden je nach Ursprungsland eindeutig tendenziös darüber berichten bzw im Nachhinein verklären, lässt sich aufgrund der gesicherten chronologisch ablaufenden Ereignisse wohl doch eher sagen, dass das böse Schicksal nicht schuld hat. Und jeder der selbst schon Mal dort oben unterwegs war weiß dass das selbst wenn nur etwas dichterer Schneefall ohne Sturm ist, ohne richtig gute Geländekentnisse nicht lustig ist - als Erwachsene, von Kindern gar nicht zu reden;

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tacitus (4.799 Kommentare)
am 09.04.2019 09:29

RIP
Lasst die Opfer und die Geschichte rohen ! Jedes Jahr findet sich wieder ein Schreiber, der diese Traurige Geschichte herausholt, um Leser zu unterhalten, noch dazu auf der Titelseite.
Keine Ehrfurcht vor den Toten, Hauptsache Quote!

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MitDenk (29.558 Kommentare)
am 09.04.2019 12:10

Es sollen hier auch nicht die Toten geweckt werden, sondern die heute Lebenden von den Gefahren in den Bergen erfahren. Wie man ja immer wieder sieht, sind immer noch Naive da unterwegs und gefährden ihr Leben und auch weitere durch ihr Verhalten.

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betterthantherest (34.181 Kommentare)
am 09.04.2019 09:06

Ich denke, auf die wesentlichsten Fragen gibt es sehr wohl Antworten.

Diese dürfen heutzutage aber nicht artikuliert werden.

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watergate2000 (1.471 Kommentare)
am 09.04.2019 09:23

warum nicht?
Ernst gemeint! Mich würden diese Antworten ehrlich interessieren!

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betterthantherest (34.181 Kommentare)
am 09.04.2019 09:41

Der aktuelle Zeitgeist ist es, dass die Schuld nicht bei sich selbst sondern bei anderen gesucht wird.

Wer aber eine konkrete Schuldzuweisung macht, dem wird sofort die Hölle heiß gemacht. Weil das unmenschlich, unethisch, moralisch verwerflich, ... ist.

Heutzutage gilt: wasch mir den Pelz, mach mich aber nicht nass.

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caber (1.956 Kommentare)
am 09.04.2019 10:24

Wer macht Ihnen die Hölle heiß? Vor Gericht würden Sie mit Ihrer Argumentation vermutlich durchaus "richtig" liegen...auch wenn Erkenntnistheoretiker da - je nach Position - u. U. Einwände hätten.

Und solch abweichende Sichtweisen sollten wir aus einer toleranten Grundhaltung heraus m. E. auch ganz "gewöhnlichen" Leuten zubilligen.

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betterthantherest (34.181 Kommentare)
am 09.04.2019 10:33

caber, wer die Hölle heiß macht?

Sie brauchen nur öfters hier im Forum mitzulesen.

Und wenns den OÖN zu heiß wird, dann fällt das sachlich korrekte Postings unter "entspricht nicht den AGB und ... ".

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sumpfdotterblume (3.159 Kommentare)
am 09.04.2019 12:30

"...sachlich korrekte Postings...": Du solltest dir diverse Paragraphen im Mediengesetz bzw. ABGB von kompetenten Personen erklären lassen und auf so einen Stumpfsinn verzichten!

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betterthantherest (34.181 Kommentare)
am 09.04.2019 14:13

Sumpfdotterblume, Sie erklären mir:
Das Mediengesetz schreibt vor, dass nicht faktengetreu berichtet werden darf?

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sumpfdotterblume (3.159 Kommentare)
am 09.04.2019 17:04

Oh, Sie haben tatsächlich keine Ahnung! Fakten sind nachweisbar. Keine Frage. Aber was das Gros der Poster für Fakten hält, sind eben keine. Sondern Beleidigungen, Verleumdungen etc.

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betterthantherest (34.181 Kommentare)
am 09.04.2019 20:07

Ich schreibe nicht für den Großteil der Poster.
Ich schreibe für mich.
Und ich weiß, was ich schreibe.
Und ich weiß auch, welche meiner Beiträge schon den AGB und Forumsregeln zum Opfer gefallen ist. Mit dem Wahrheitsbeweis habe ich keine Probleme.

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Zappelphilipp (134 Kommentare)
am 09.04.2019 09:03

Was hat sich zum Heute geändert? Sind da auch die „Nazis“ schuld, wenn unbelehrbare Idioten die Warnungen der Einheimischen nich ernst nehmen und in den Tod stürzen oder in Lawinen umkommen!

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cochran (4.047 Kommentare)
am 09.04.2019 08:39

Dieses Unglück war schlimm und ist noch ein Nachkommen der Nazizeit wo Härte trumpf war und dumm. schade um diese Jungs aber so war es die Natur ist stärker .

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phare (2.638 Kommentare)
am 09.04.2019 08:58

Das passt aber jetzt ganz so zu der Tendenz deiner üblichen Postings. Doch lernfähig? Mich würd's freuen.

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MitDenk (29.558 Kommentare)
am 09.04.2019 08:23

Dieses Unglück sollte nicht nur als solches beweint werden, sondern für alle eine Mahnung sein, die Natur und das eigene Leben, mehr als es heutzutage üblich ist, zu respektieren.
Es ist auch heute keine Seltenheit, dass viele Helfer ihr Leben auf das Spiel setzen müssen, weil diese Achtsamkeit fehlt.

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FuerGerechtigkeit (1.462 Kommentare)
am 09.04.2019 08:12

Wenn das in der heutigen Zeit passieren würde, hätte der Lehrer zu 100% schuld.

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MitDenk (29.558 Kommentare)
am 09.04.2019 08:19

Und damals war es wer?
Die Schüler hatten wohl noch weniger eine Chance sich als Auserwählte zu verweigern und noch weniger, dann am Berg den Gehorsam zu verweigern.

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FuerGerechtigkeit (1.462 Kommentare)
am 09.04.2019 09:01

Also laut Artikel war damals das Schicksal schuld!

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MitDenk (29.558 Kommentare)
am 09.04.2019 12:16

Und wenn es der Artikel sagt, was darf man dann noch? Wohl doch auch anders denken, z. B. an Vernunft und weniger dem Schicksal überlassen, was passiert.

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caber (1.956 Kommentare)
am 09.04.2019 09:57

In der Meinung der Öffentlichkeit hat er das ohnehin immer! zwinkern

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caber (1.956 Kommentare)
am 09.04.2019 07:45

Ursache? Schuld?

Menschliches Denken strukturiert die Welt kausal. Das zeitigt in vielen Lebensbereichen auch durchaus große Erfolge; ob es der Realität - so es denn eine gibt - entspricht, ist allerdings offen...

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weinberg93 (16.387 Kommentare)
am 09.04.2019 08:42

" Hier ist auch wieder der Zusammenhang mit diesem Artikel hergestellt"

Und Radio Eriwan hat noch kein Plus von dir?

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betterthantherest (34.181 Kommentare)
am 09.04.2019 07:32

So traurig diese Sache auch ist - es ist ein klassischer Fall von: "was schert mich der Rat der Einheimischen - ich weiß besser was ich kann".

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was (581 Kommentare)
am 09.04.2019 07:48

Für mich liegt die Schuld auch weniger beim Schicksal als vielmehr beim Lehrer, der trotz Warnungen und widrigster Wetterbedingungen versucht hat, seine Schützlinge über den Dachstein zu treiben.
Hätte er überlebt und wäre es zu einer Gerichtsverhandlung gekommen, halte ich einen "schicksalshaften Verlauf" für das unwahrscheinlichste Ergebnis.

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