"Narziss und Goldmund": Zwischen Gottesfurcht und Sixpack
Stefan Ruzowitzky adaptierte Hermann Hesses Klassiker fürs Kino, eine einwandfreie Fusion von Alt und Neu gelingt dabei nicht.
In den Kinos geht nach dem Corona-Erlass der Betrieb weiter. Somit ist ab heute das neue Werk von Regisseur Stefan Ruzowitzky ("Die Fälscher") zu sehen. Der Wiener, der mit seinem KZ-Drama "Die Fälscher" (2007) den Oscar gewann, hat sich mit "Narziss und Goldmund" für die Adaption eines Klassikers der deutschen Literatur entschieden.
Ein beachtlicher Schritt. Denn das Werk von Hermann Hesse, (1930) spielt im Mittelalter und liefert somit Bilder entgegen den aktuellen Kinotrends – Comic-Wahn und Diskussion des 21. Jahrhunderts (Kapitalismus, Gleichberechtigung). Eine Rückkehr ins "klerikale Kostümgenre", zunächst eine erfrischende. Ruzowitzky weiß die visuellen Reize des Lebens der eng verbundenen Klosternovizen Narziss (Sabin Tambrea) und Goldmund (Jannis Niewöhner) auszuschöpfen, verbunden mit inhaltlich progressiven Ansätzen. Die Kulisse für den analytisch-intellektuellen Narziss und den musisch begabten, instinktiv handelnden Goldmund sind Berge und Täler, deren Monumentalität (Kamera: Benedikt Neuenfels) stummer Zeuge eines harten Alltags wird – voll Gottesfurcht, Zucht, Disziplin. Einer unmöglichen "Liebe" verdächtigt, hält ihr Bund äußerem wie innerem Druck nicht stand.
Narziss findet Freiheit und Entwicklung im Denken, im Studium der Schriften, Goldmund, der das Kloster verlässt, in der Lust am wurzellosen Sein und am weiblichen Körper. Es entspinnt sich eine "werktreue", ewig gültige Suche – nach Glück, sich selbst, immer wieder nach einander. Die besten Momente dünnen so aber aus – jene zwischen Tambrea und Niewöhner, einzeln stark, im Duo berührend.
Die Suche Goldmunds zeigt zwar sexuell emanzipierte Frauen, doch sie sieht aus, als hätte man einen alten Märchenfilm restauriert – samt einem sexy "Prinzen", der zu oft seinen Sixpack zeigt. Die Gratwanderung zwischen Historie, Tiefgang und moderner Kinokunst gelingt dabei zu oft nur bedingt.