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Mode zwischen Hightech und Handwerk

Von Herbert Schorn, 04. Jänner 2020, 00:04 Uhr
Mode zwischen Hightech und Handwerk
Mode der Zukunft an der Kunst-Uni Linz: Michael Wieser entwickelt neue Nahtverbindungen. Bild: Alexander Schwarzl

Zwei Welten prallen derzeit in der Mode aufeinander: Digital designte Hightech-Kleidung trifft auf den Trend zum Selbernähen. Die OÖN sahen sich in beiden Welten um.

Wer die Trends in der Mode kennenlernen möchte, fragt in Linz am besten im Institut "Fashion & Technology" der Kunst-Universität nach. Es liegt im fünften Stock der Tabakfabrik. Dort tüfteln Studenten unter der Leitung von Ute Ploier und Christiane Luible-Bär an Maschinen zur Herstellung neuer Stoffe, züchten Bakterien, um daraus möglicherweise Garne herzustellen, oder entwickeln in 3D-Modellen Designs.

Einer von ihnen ist Michael Wieser. Der Masterstudent entwickelte mit einem Kollegen und einem Professor ein Verfahren, mit dem Grafiken am Computer entwickelt und sofort per transportablem 3D-Roboterarm auf Kleidungsstücke gedruckt werden können. Gedanklich ist der 27-Jährige aber schon weiter. Er forscht, wie die Einzelteile von Kleidungsstücken ohne aufwändiges Nähen verbunden werden können, zum Beispiel durch Kleben. "Das große Ziel ist es, Kleidung irgendwann automatisiert auch in Einzelstücken konkurrenzfähig zur Massenproduktion herzustellen." Dazu müsse der Anteil der Handarbeit möglichst reduziert werden.

Fasern aus Kaffee oder Pilzen

"Wir wollen eine neue Generation von Designern ausbilden", sagt Leiterin Luible-Bär. Denn die Mode-Industrie könne nicht mehr weitermachen wie bisher: "Die Emissionen an Treibhausgasen aus der Textilindustrie sind höher als jene des gesamten internationalen Flug- und Schiffsverkehrs zusammen", zitiert sie eine Studie.

Belinda Winkler forscht unterdessen an neuen Stoffen. Beim Betrachten einer Garnspule kam ihr eine Idee: Könnte man nicht mit dem Prinzip, mit dem der Faden auf die Spule gespannt wird, Stoff herstellen? Sie entwickelte eine Maschine, die Garn auf eine riesige Spule spannt.

Mode zwischen Hightech und Handwerk
Belinda Winkler baute eine Maschine, die Garn auf eine Rolle wickelt und so Stoff (l.) erzeugt. Bild: Alexander Schwarzl

"Durch die Spannung hält das Garn ohne weitere Bearbeitung zusammen", sagt sie. Genevieve Howard hat dagegen einen sehr künstlerischen Zugang: Die Irin visualisiert in einer aufwendigen Methode Musik und entwickelt so Designs für Stoffe.

Mode zwischen Hightech und Handwerk
Genevieve Howard visualisiert in ihren Designs Musik. Bild: Alexander Schwarzl

Die Mode müsse sich von der "Fast Fashion" und ihren wöchentlich wechselnden Trends verabschieden, sagt Leiterin Ploier: "Wir zahlen dafür ökologisch und menschlich einen hohen Preis." Vor allem in zwei Richtungen wird derzeit geforscht: Erstens die Ökologie. So arbeiten Forscher mittels Biotechnologie an neuen Fasern aus natürlichen Rohstoffen wie Zitrusfrüchten, Kaffee oder Pilzen. Oder an biologisch abbaubarer Mode, die ins Ausgangsmaterial zerlegt werden kann. Die zweite Stoßrichtung sind billigere Produktionsverfahren wie 3D-Strick oder 3D-Weben. Dabei wird die Kleidung ohne Zuschnitt und Nähen hergestellt – oder kommt gleich direkt aus dem 3D-Drucker. Insgesamt brauche es längerfristige Innovationen, sagt Ploier: "Damit wir Mode umweltfreundlich, zu fairen Bedingungen und regional produzieren können."

Sehnsucht nach selbst genäht

Mit Geschick und Kreativität entsteht Mode für Individualisten.

Selbernähen ist im Trend. Die Nähkurse im Land sind ausgebucht. "Vor allem viele junge Frauen kommen in die Kurse", sagt Sabine Kautsch (48), Schneidermeisterin und Nähkursleiterin aus Linz. Mit dem Stricken habe es begonnen, jetzt stehe das Nähen im Vordergrund. "Da werden auch Traditionen wieder gepflegt und alte Techniken erlernt", sagt Kautsch, die bei einer Goldhaubengruppe dabei ist.

Männer sieht man in den Nähkursen selten. Sie würden sich vor allem Workshops für das Reparieren von Gewand wünschen, sagt Martina Eigner (49) aus Katsdorf. Die Grafikerin und Kunsthandwerkerin ist eine der Gründerinnen der Nähküche in Linz. Hier wird in offenen Werkstätten und in Kursen Ausgetragenes, Verwaschenes, Löchriges und Altes recycelt, um es in individuelle, schöne und persönliche Einzelstücke zu verwandeln.

"Individualität ist gefragt, das war auch bei mir der Grund fürs Selbernähen", sagt Eigner. Außerdem sei das Selbermachen eine Form des Cocooning, also des Einigelns zu Hause, in einer komplizierten unübersichtlichen Welt.

Sehnsucht nach selbst genäht
Martina Eigner schafft in der Nähküche aus alten Kleidungsstücken ganz persönliche Einzelteile. Bild: privat

Die Sehnsucht nach dem Selbermachen haben viele, man brauche aber schon auch Wissen und gewisse Fertigkeiten, sagt Eigner. Am Anfang stehen das Kennenlernen der Nähmaschine, Geradeaus-Nähen und Kanten-Nähen. "Wir beginnen mit Tascherl und Nadelkissen." Für Kautsch sind Fingerfertigkeit, ein bisschen Kreativität, Offenheit und die Freude am Tun die Zutaten für ein gelungenes Werkstück. Besonders trendy ist derzeit das Plotten. "Dabei werden mit großen Druckern Folien ausgeschnitten und dann aufgebügelt", erklärt Eigner. Auch Siebdrucken sei angesagt.

Die intensive Beschäftigung mit Schnitt und Material macht die selbstgenähten Stücke zu etwas ganz Besonderem. Und während beim Shopping das Glück schnell wieder vergeht, bleibt es beim Selbernähen viel länger. "Man schätzt dadurch das Kleidungsstück wieder mehr", sagt Kautsch, die fast nur Selbstgenähtes trägt.

Wer näht, beschäftigt sich auch mit der Textilproduktion. "Was in einem Baumwollstoff an Arbeit steckt, sehen die meisten nicht", sagt Kautsch. Die Produktionsbedingungen in der Branche seien schrecklich, sagt Nähküchen-Sprecherin Eigner. Nicht einmal ein Bio-Shirt sei zwingend fair und nachhaltig hergestellt. "Mein Ansatz ist deshalb das Wiederverwerten."

Nähkurse gibt es zum Beispiel in der VHS Linz (vhskurs.linz.at) und in der Nähküche (naehkueche.wordpress.com)

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Autor
Herbert Schorn
Redakteur Kultur und Leben
Herbert Schorn
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