"Weil da war etwas im Wasser": Tagebuch eines Ungeheuers
Mit dem experimentell erzählten Debütroman "Weil da war etwas im Wasser" ist der in Wien lebende Luca Kieser für den Deutschen Buchpreis nominiert
Alles außer gewöhnlich: Das ist der erste Roman "Weil da war etwas im Wasser" von Luca Kieser. Das, was im Wasser war, ist ein Riesenkalmar – und Kieser erzählt die Geschichte des Seeungeheuers (zumindest teilweise) aus der Sicht seiner acht Arme. Weitere Handlungsstränge finden unter anderem in Form eines Tagebuchs, einer Familienchronik oder von Film-Nacherzählungen ihren Niederschlag im Roman.
Die Jury des Deutschen Buchpreises, die gerne das Rampenlicht auf Romane abseits des Mainstreams lenkt, fand das Debüt des 30-Jährigen preisverdächtig und hievte es auf die Longlist. Im Vorjahr siegte mit Kim de l’Horizons "Blutbuch" eine ebenso ungewöhnlich erzählte Geschichte.
Per Fußnoten durch das Buch
Bei Kieser ist es der riesige Tintenfisch, der die gesamte Geschichte zusammenhält: "Ein Wesen, das immerzu in Finsternis lebt. Das mit jedem Atemzug die Schwärze einsaugt und wieder aus sich herausdrückt." Dann gibt es noch Sanja. Sie macht auf einem Frosttrawler, der in der Antarktis nicht nur Krill (kleine Krebstierchen) fängt, sondern auch gleich verarbeitet und einfriert, ein Praktikum. Als statt Krill der Teil der Riesenkrake ins Netz geht, spürt Sanja eine besondere Verbindung zu dem Tier. Ihr Tagebuch und der ausführlich erzählte Familienstammbaum geben Aufschluss, warum. Dazwischen streut der Autor Berichte darüber ein, wie große Meeresgeschichten wie "Der weiße Hai" oder "Moby Dick" entstanden.
Luca Kieser ist ein großer Erzähler. Er schildert anschaulich, farbenfroh, ironisch, mitunter aber auch belehrend. Nie verliert er den Überblick über seine komplexe Geschichte, die sich wie ein Mosaik Stück für Stück im Kopf zusammenbaut und letztlich wunderbar auflöst. Dennoch verlangt der in Wien lebende Deutsche, der seinen Erstling beim Wiener Picus-Verlag veröffentlichte, dem Leser viel ab. Er verwendet gerne Fremdwörter, die sich nicht sofort erschließen, und schickt den Leser per Fußnoten kreuz und quer durch das Buch, sodass das Ende auf Seite 153 (von 317) zu finden ist. Für viele Passagen braucht der Leser einen langen Atem, bei manchen ist unklar, was sie zur Erzählung beitragen: Warum berichtet Kieser plötzlich von seinen Penisschmerzen? Ein Roman, der anders erzählen will und dieses Experiment weit ausreizt.
Luca Kieser: "Weil da war etwas im Wasser", Roman, Picus-Verlag, 317 Seiten, 27 Euro
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