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"Iphigenia" wird erneut geopfert

20. August 2022, 00:04 Uhr
"Iphigenia" wird erneut geopfert
Die doppelte Iphigenia: Oda und Rosa Thormeyer Bild: APA/Neumayr

Die letzte Schauspielpremiere bei den Salzburger Festspielen geriet durchwachsen.

Griechische Tragödie in eine heutige Geschichte verpackt? Das kommt einem bekannt vor. Tatsächlich erinnert das, was die polnische Theaterregisseurin Ewelina Marciniak bei den Salzburger Festspielen aus dem Iphigenie-Stoff gemacht hat, stark an die Aneignungen des Australo-Schweizers Simon Stone. Es ist Stone mit Tanz allerdings. Denn die spannendsten Momente der zweieinhalbstündigen "Iphigenia"-Uraufführung auf der Perner-Insel verdankten sich am Donnerstag den Tanzeinlagen.

"Frei nach Euripides/Goethe von Joanna Bednarczyk" heißt es im Programmheft, doch die von der polnischen Dramatikerin ersonnene Grundgeschichte beweist starke Eigenständigkeit und führt in den Haushalt einer nur scheinbar glücklichen Familie. Der Philosophieprofessor Agamemnon (Sebastian Zimmler) ist kurz davor, sein Opus Magnum herauszubringen, eine Analyse der vielschichtigen Täter-Opfer-Beziehung unter Bezugnahme auf aktuelle Diskurse. "Der Verlag glaubt, das wird ein Bestseller", trumpft die stolze Gattin Klytaimnestra (Christiane von Poelnitz) auf. Stolz ist der Vater aber besonders auf Tochter Iphigenia (Rosa Thormeyer). Der 20-Jährigen scheint eine Karriere als Klaviervirtuosin sicher. Auch ihr Freund Achilles (Jirka Zett), ein Fußballer, wird im Familienkreis willkommen geheißen.

  • Die Regisseurin Ewelina Martschiniak inszenierte eine Schauspiel-Tragödie frei nach Euripides und Johann Wolfgang von Goehte:

Alles könnte also eitel Wonne sein. Doch alles ändert sich im Verlauf weniger Stunden. Denn da sind noch die schöne, flittchenhafte Helena (Lisa-Maria Sommerfeld) und ihr Mann, Onkel Menelaos (Stefan Stern). Helena kennt das dunkle Geheimnis zwischen Iphigenia und Menelaos, und als die brave Tochter nicht mehr schweigen will und über den jahrelangen Missbrauch durch den Onkel spricht, bekommt sie von ihrer Mutter zu hören: "Warum hast du das getan?" Auch der Vater, der Tochter (zu) innig verbunden, ist konsterniert: Das wird ein Skandal, seine Karriere ist ruiniert. Es sei denn, Iphigenia bringt ein Opfer – und hält den Mund.

Das Pulver verschossen

Aus dieser Ausgangslage könnte sich ein echter Thriller entwickeln, eine zeitgemäße Mischung aus Familientragödie und Soap. Nichts von alledem – Bednarczyk hat mit der Entwicklung der Grundkonstellation ihr Pulver verschossen. Statt Verwicklungen und Verstrickungen, Vorwürfen, Erpressungen und Befreiungsschlägen gibt es biedere Rekurse auf die Vorlagen vom Alten Testament bis zu den alten Griechen – und noch unspektakulärere Bebilderungen, mit Ausnahme der erwähnten Tanzszenen, "Body Expressions", mit denen die Emotionen laut der Regisseurin "intensiver und authentischer" vermittelt werden können. Auch die Verdoppelung der Iphigenia-Figur (mit Oda Thormeyer, der Mutter der Hauptdarstellerin, ideal besetzt) wirkt dramaturgisch zwar nicht schlüssig, ist aber eine Bereicherung.

Ob es dieser Koproduktion mit dem Thalia Theater Hamburg tatsächlich gelingt, das Frauenopfer der griechischen Mythologie neu zu hinterfragen, ist zu bezweifeln. Szenisch ist der lange Abend ein Reinfall. Der zweite Teil liefert den "Iphigenie auf Tauris"-Teil, also quasi das Sequel, Jahrzehnte danach. Aus dem süßen Buben Orest ist der Muttermörder geworden (gespielt vom Darsteller des Achilles), Helena hat sich trotz ihrer 60 Jahre gut gehalten, und Iphigenia betreibt ein Inselhotel. So weit, so unnötig. Am Ende brennt das Klavier und ertönt Händel: "Lascia la spina". Lass den Dorn und pflück die Rose! Das dachte sich auch das Premierenpublikum und spendete ausgiebig Beifall.

  • Fazit Die Jünger der Theatergöttin Thalia sind offenbar bereit, so manches Opfer zu bringen.
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