Harry Styles: Der Reifeprozess eines Teenie-Stars
Mit „Fine Line“ hat Ex-One-Direction-Star Harry Styles sein zweites Album veröffentlicht. Das hat ein paar ganz große Pop-Momente zu bieten und zeugt davon, dass Styles der Jugend langsam entwächst.
Harry Styles hat die Vergangenheit als gefeierter Über-Nacht-Star bei „X Factor“ sowie in der Folge als Teil von One Direction (ab 2010) nicht geschadet. Mit seinem Mega-Hit „Sign Of The Times“ hat er vor zwei Jahren den Mantel des vornehmlich von weiblichen Fans bekreischten Teeniestars erfolgreich abgestreift. Nun folgt mit „Fine Line“ das zweite Album des 25-jährigen Briten, das zeigen soll: Hier steht ein Sänger, ein Songwriter und keine Marionette der Marketing-Maschinerie.
Natürlich hat die Inszenierung mit wohl dosierten Auftritten wie in der TV-Show „Saturday Night Light“ vor der heutigen Veröffentlichung des Albums eine Erwartungshaltung produziert, von der man nicht so genau weiß, ob sie auf der Realität aufbaut.
Schlagzeilen wie „Warum der Ex-One-Direction Star Fisch-Sperma aß“ oder „Harry Styles isst lieber Kabeljau-Sperma als Kendall Jenner zu antworten“ sind deutliche Indizien dafür, dass der Boulevard mehr an der Person denn an der Musik interessiert ist.
Es beginnt mit einem Versuch
Also widmen wir uns hier der Musik von „Fine Line“. Es beginnt rasch greifbar mit „Golden“, dem Versuch eines Ohrwurms, der zwar das Gehör erreicht, aber doch nichts anrichtet, woran man sich etwas später noch konkret erinnern könnte.
Aber schon „Watermelon Sugar“ kommt mit lässiger Attitüde um die Ecke. Der „das hat etwas“-Effekt schärft die Ohren. Das nutzt das folgende „Adore You, ein feiner Pop-Song, der über den Moment hinaus wirkt (das dazugehörige Video, das ein kleines Kunstwerk mit Tiefgang und einer Geschichte ist, verstärkt den Song noch).
Das leicht folkig angehauchte „Cherry“ hat verspielten Charakter, während „Falling“ eine erstklassige Ballade mit Herzöffnungs-Garantie ist. Da werden vor allem die weiblichen Fans von Harry Styles dahin schmelzen. „Canyon Moon“ ist noch so ein cooler Song mit Chillfaktor.
„Fine Line“ endet schließlich opulent mit dem knapp sechsminütigen Titelsong, der zwar kein Gassenhauer, aber das unbedingte Zeichen dafür ist, dass Harry Styles keine Lust hat, einem Markt nach dem Mund zu schreiben. Wenn es denn so gewollt war.
Ein passables Pop-Album, das viele Seiten eines Künstlers zeigt, der unbestritten ein Typ ist. Vor allem auch musikalisch.