Gmunden feiert glanzvoll – mit Abstand
Eröffnung der Salzkammergut Festwochen im Toscana Congress, heute zu Gast: Stefan Mickisch.
Wenn der Applaus im Corona-bedingt zart bestuhlten Toscana Congress in Gmunden so ausgelassen klingt, als wäre der Saal bummvoll gewesen, dann ist etwas Außerordentliches gelungen. Die Abstandsregeln hatten die Gästezahl zur Eröffnung der Salzkammergut Festwochen am Donnerstag auf 240 eingedampft (statt 730), die waren allerdings begeistert – vom Kammerorchester Oberton+ und davon, dass dieses Festival trotz aller Einschränkungen Fahrt aufnimmt. Bis 22. August finden von Pianist/Musikerzähler Stefan Mickisch (heute) über den Schwerpunkt von und mit Schriftsteller Daniel Kehlmann bis zum finalen Konzert des Bruckner Orchesters 20 erlesene Veranstaltungen statt.
"Ohne stetig die eigene Position zu bestimmen, könne ein Mensch sich nicht fortbewegen", zitierte Festival-Chefin Johanna Mitterbauer Kehlmanns "Die Vermessung der Welt". Dieser Satz strotze vor Symbolkraft für die Corona-Zeit, in der die Festwochen ein positives Zeichen setzen. Mitterbauer, der künstlerische Leiter Christian Hieke und Gmundens Bürgermeister Stefan Krapf ehrten OÖN-Herausgeber Rudolf Andreas Cuturi für seine jahrelange Unterstützung des Festivals mit dem Gemälde "Boje" von Xenia Hausner.
Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner nannte die Festwochen in Vertretung von Landeshauptmann Thomas Stelzer ein "Juwel", das just am Tag der Wiedereinführung der Maskenpflicht glänze.
Zum Auftakt hatten sich unter anderen verführen lassen: Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger, Uniqa-Landesdirektor Alexander Schinnerl, Linsinger-Chef Günter Holleis, Andreas Pilstl (Handelshaus Pilstl), Star-Geiger Benjamin Schmid (als Zuhörer, ohne seine Stradivari "ex Viotti") sowie Komponist/OÖ.-Versicherung-Marketing-Chef Helmut Rogl. Minutenlanger, dicker Applaus. (pg)
Kraftvoller musikalischer Auftakt
Drei Szenarien bot die künstlerische Eröffnung der Festwochen: die Kammermusikformation Oberton String Octet, das zu Oberton+ erweiterte Orchester und in Verschränkung dazu die Solostimmen Julia Hagen (Violoncello), Aaron Pilsan (Klavier) und Jevgenijs Cepoveckis (Violine). Jugendlich-frische, unverbrauchte Töne des Streichorchesters blickten zurück in „Holbergs Zeit“ – ein Gang in Richtung Barock durch das Teleskop Edvard Griegs. Ein reizvolles Entrée, das den nachfolgenden Arrangements zu Schubert-Liedern die Tore öffnete. Komprimiert im Oktett-Klang und so nicht gekannte Hörschichten der originalen Klavierbegleitung freilegend, meinte man, „Die Forelle“ oder „Erlkönig“ wären den Streichern zugedacht. Frappant das Klangergebnis bei der finalen „Winterreise“: Die „starren Finger“ des „Leiermanns“, der „barfuß auf dem Eise wankt“, waren zu vernehmen über Töne, die sich ins Ende hineindrehten. Fulminant und den Blick in die Zukunft freigebend dann Beethovens „Tripelkonzert“ mit Hagen, Pilsan, Cepoveckis: So, als würden die Corona-Ketten gesprengt werden, setzte dieses Trio Beethoven in einen vibrierenden Klangraum um. Kammermusikalisches Agieren und großes Solieren in technischer Souveränität und mit vollem Charisma. (kw)
Fazit: Ein kraftvoller Auftakt in Gmunden – drei große Solostimmen und ein frisch wie feinfühlig streichender Klangkörper.
Info: festwochen-gmunden.at