Ein Linzer Höhenrausch, "Wie im Paradies"
Im OÖ. Kulturquartier lädt bis 17. Oktober ein vielseitiger Rundgang zum letzten Mal auf die Dächer von Linz
Gerade in Krisenzeiten sehnen wir es vielleicht umso mehr herbei: eine heile Welt, ein Paradies. Im Hier und Jetzt. Doch gibt es das? Ein Vergleich – "Wie im Paradies" – ist dem achten und nach zwölf Jahren letzten "Höhenrausch" im OÖ. Kulturquartier als Titel eingeschrieben. 35 Arbeiten spüren in der von OK-Leiter Martin Sturm und Rainer Zendron kuratierten, gelungenen Ausstellung einem Mysterium nach – humorvoll, sinnlich, aber auch kritisch zweifelnd.
Das Paradies ist ein schwer fassbarer Ort, sagenumwoben und mythisch. So überlässt es Sophia Süßmilch vier Frauen, seinen Eingang zu bewachen, Zigaretten sind das flammende Schwert ihres mit Rollenbildern spielenden "Cherubim".
Schützenswertes Paradies
Das Paradies ist auch ein Ort, den wir bewachen und beschützen müssen. Diese Botschaft begleitet den Besucher. Gleich im Eingangsfoyer empfängt einen ein Tapetenreich aus farbiger Blütenpracht und bunter Vogelwelt. Der schöne Schein trügt, denn das US-amerikanische Duo "Fallen Fruit" zeigt vom Aussterben bedrohte Arten.
In ihrem "Opferstock" laden Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger zu einem speziellen Fruchtbarkeitsritual: Mit einer Karaffe in der Hand erklimmt der Besucher eine Flugzeugtreppe, um einen "Baum der Erkenntnis" mit auskristallisierendem Kunstdünger zu gießen und so wachsen zu lassen. Ein Seitenhieb auf die Konsumgesellschaft ist Gregor Grafs Fotografie des seit sechs Jahren leerstehenden UNO Shopping in Leonding. Menschenleer gleicht das ehemalige Kaufhausparadies einer Kathedrale. Nicht nur der Kaufrausch versetzt uns mitunter in Ekstase. Auch die Musik, wovon eine Videoinstallation von Candice Breitz mit 30 singenden Madonna-Fans zeugt.
Vernebelt auf dem Parkdeck
Vernebelt im wahrsten Wortsinn wird der Besucher auf dem Parkdeck, über das der japanische Künstler Fujiko Nakaya dichte Nebelschwaden ziehen lässt: ein gegensätzliches Erlebnis zu den vielen den Blick schärfenden Arbeiten des Rundgangs. Jenen in die Zukunft wirft das Linzer Kollektiv Time’s Up. Mit seiner begehbaren Installation RISE. ("Erhebt euch") entführt es in einen möglichen Alltag im Jahr 2047: Wir haben es in der Hand, ob wir auf vergiftetete Ozeane blicken oder doch gemeinsam neue Wege einschlagen wollen.
Dass der Dachboden der Ursulinenkirche nach Honig duftet, ist Katharina Struber und ihrer Rauminstallation zu verdanken, die auf Wachspapier geschriebene Liebesgedichte wie einen Bienenschwarm durchs Gebälk ziehen lässt. Eine poetische Arbeit, bevor die Besucher eine steile Treppe in den Kirchenraum hinabführt: In heiligen Hallen endet der vielseitige und durchdachte letzte Parcours über den Dächern – "Wie im Paradies", das jeder für und in sich selbst entdecken muss. Paradiesische Augenblicke bietet dieser Höhenrausch allemal.
Infos: Geöffnet ab heute bis 17. 10., täglich 10 bis 20.30 Uhr (bzw. bis zum Ende der nächtlichen Ausgangssperre 19.30 Uhr), sonst letzter Einlass: 19.30 Uhr. Infos: 0732 77 20 52501, www.ooekulturquartier.at
Gibt's da auch Eintritt Tests oder Impf Pass Bevorzugung.
Oder kann das Jeder Jede besuchen?
Diese ganze Höhenrausch Aktion wirkt schon sehr bemüht - ist künstlerisch aber seit jeher völlig belanglos.