Gilbert & George im Lentos: Gegen Religion, für Sex
Die weltberühmten britischen Kunst-Exzentriker Gilbert & George zeigen eine Werkserie im Lentos. Die OÖNachrichten sprachen mit den beiden.
OÖN: Was sind Ihre Hauptthemen?
Gilbert & George: Tod, Hoffnung, Leben, Angst, Sex, Geld, Rasse, Religion.
George: Wir haben zwei Anliegen: Religion verbannen und Sex entkriminalisieren. Während wir hier sitzen, werden so viele Menschen wegen ihrer Sexualität verletzt oder getötet oder begehen Selbstmord. Das ist entsetzlich. Und niemand spricht darüber.
OÖN: Sie stellen Ihre Themen sehr provokant dar.
Gilbert: Weil sie sichtbar gemacht werden müssen. Wir wollen das Publikum verführen, einfangen, damit es unsere Botschaft wahrnimmt.
OÖN: Wie gehen Sie an eine neue Serie wie die „Jack Freak Pictures“ heran?
Gilbert: Zuerst fotografieren wir. Drinnen, draußen, bis wir das Gefühl haben, die Bilder sprechen zu uns. Wir machen tausende Fotos, ordnen sie nach Motiven.
George: Während wir das tun, finden wir heraus, worum es eigentlich geht.
OÖN: Es gibt Schlüsselelemente, die immer wieder in den Arbeiten auftauchen, wie Sie selbst, Ihre Gesichter, Ihre Körper. Was ist mit den Anzügen? Haben die eine tiefere Bedeutung?
Gilbert: Das fing 1969 an, als wir versuchten, uns den Galerien zu verkaufen, und wir haben es beibehalten. Wir haben sie die „Verantwortungs-Anzüge“ genannt.
George: Wir wollten nicht wie die anderen Künstler sein, die sich seltsam anzogen, Sandalen und seltsame Schnurrbärte trugen. Wir wollten, dass unsere Mütter sich nicht schämen mussten.
OÖN: In den aktuellen Arbeiten tritt der Union Jack, die britische Flagge, sehr dominant auf. Was symbolisiert er für Sie?
George: Wir verwenden den Union Jack, seit wir junge Künstler waren, aber damals brachte uns das Probleme. Denn in den 1980er Jahren gehörte der Union Jack zwei Gruppen: der extremen Rechten, die ihn für sich beanspruchte, und den Intellektuellen, für die er ein Symbol des „Bösen“ war. Und das ist falsch. Denn er gehört uns allen. Wir versuchten, ihn zurückzustehlen. Das ist ein Stück weit gelungen, denn heute ist er freier.
OÖN: Wie setzen Sie sich mit Religion auseinander?
George: Der moderne Künstler ignoriert Religion. Religion hat aber immer noch einen großen Einfluss auf unsere Umgebung. Wir haben das Gefühl, dass sie bekämpft, zurückgedrängt werden muss. Wir wollen Religion nicht ignorieren. Es werden Leute getötet im Namen der Religion. Sie ist eine furchterregende Macht. Vor einigen Jahren dachten wir, sie löst sich auf, verschwindet – und heute, durch den Islam, wird sie wieder mächtig. Und die katholische Kirche versucht aufzuholen. Dieser neue Papst, der sagt, Nichtkatholiken wären minderwertige Menschen, seine Einstellung zu Kondomen in Afrika, zu Scheidung, Abtreibung: schrecklich.
Gilbert: Es hat so lange gedauert, gegen diese Indoktrinierung durch Religion anzukommen. All das Leid, das durch Religionen verursacht wurde und wird. Auch durch den Islam. Seine Anhänger glauben, sie hätten das Recht, Ungläubige umzubringen. Wir haben eine Moschee am Ende unserer Straße. Bis zu den Anschlägen in New York war dort alles voll mit Plakaten gegen den Westen, gegen Frauen, Schwule, Christen, Atheisten. Nach 9/11 haben sie alles runtergenommen. Aber eines Tages müssen sie sich befreien.
OÖN: Gilbert und George sind zwei Personen, die als eine Einheit auftreten. Macht das die Dinge einfacher oder komplizierter?
Gilbert: Es macht die Dinge erst möglich.
George: Es entsteht eine unheimliche Kraft. Deshalb sind Paare auch die häufigste Einheit in der Welt. Nur meistens sind sie unterschiedlichen Geschlechts. Das führt aber auch zu Ungleichheiten. Einer verdient Geld, der andere nicht. Einer bekommt das Baby, der andere nicht. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist die Verteilung vielleicht gleichmäßiger.
OÖN: Sie sind weltberühmt und zu Ikonen der Kunstwelt geworden. Würden Sie sagen, es war ein harter Weg nach oben?
George: Ja, aber nicht nur hart. Wir hatten viel Unterstützung, viel Glück. Aber wir haben auch sehr hart gearbeitet. Wir haben auch gelitten.
Gilbert: Wir hatten unglaubliche Kämpfe auszutragen, mussten gegen enorme Widerstände ankommen. Nicht nur in den Inhalten, auch in unserer Form. Papier war nicht akzeptiert in den 70ern. Die Kämpfe über die Inhalte gehen immer noch weiter.
Lentos: Gilbert & George
Besuch zweier älterer Herren
Sie sind schwul, exzentrisch, genial, very british und Ikonen der Kunstwelt: Gilbert & George. Ab heute zeigt das Lentos 78 Exponate aus der Werkserie „Jack Freak Pictures“.
Seit Gilbert Prousch, geboren 1943 in Südtirol, und George Passmore, geboren 1942 in Plymouth, einander im London der späten 60er Jahre erstmals begegneten, erschüttern die beiden die Kunstwelt. Begonnen haben sie ihre Karriere als Performancekünstler. Als „Living Sculptures“ machten sie sich selbst zum Material ihrer Arbeiten, und bis heute lehnen sie es ab, die Kunstfiguren Gilbert & George von den realen Personen zu trennen.
Mit dem beharrlichen Verfolgen ihrer Idee von Kunst sind sie jedenfalls längst zu Stars geworden, geehrt unter anderem mit dem Turner Prize (1986), der Gestaltung des britischen Pavillons für die Biennale in Venedig (2005) und unzähligen Einzelausstellungen in den wichtigsten Museen der Welt.
Schon bald begannen Gilbert und George mit ihren großformatigen Fotomontagen. Tabus gibt es für die beiden Künstler keine. Fäkalien und Genitalien werden ebenso zu Ornamenten ihrer Kunst wie religiöse Symbole, Tags und andere Street-Art-Elemente, oder, ganz aktuell, die britische Nationalflagge.
Und immer wieder die Künstler selbst: ihre Köpfe, ihre Körper, nackt oder im Anzug. Mit einem freundlichen Lächeln hauen Gilbert & George ihrem Publikum die Zustände der menschlichen Existenz nur so um die Ohren. Und es funktioniert. Keiner kann sich diesen riesigen, bunten und, ja, perversen Monstrositäten, die da in Zweierreihen an der Museumswand hängen, entziehen. Denn sie sind gleichzeitig auch wunderschön.
Man kann nur entzückt darüber sein, dass es Direktorin Stella Rollig gelungen ist, eine derart hochkarätige Ausstellung nach Linz zu bringen.
Hab noch nie von denen gehört. Was machen die so?
Es ist schon erstaunlich, wie es dem Lentos manchmal gelingt, richtige Stars nach Linz zu locken. Für eine kleine Stadt wie Linz ist eine Ausstellung von und mit Gilbert & George eigentlich eine kleine Sensation!
good job!
...im Prinzip soll ja jeder glauben was er glauben will. Aber er soll andere Menschen nicht mit seinem Glauben belästigen oder ihnen diesen Glauben oder desssen Regeln aufzwingen wollen.Leider haben die meisten Religionen aber einen Missionierungsauftrag um die Machtbasis zu erweitern. Bei uns es es ja auch erst wenige Jahrzehnte her, dass man nicht mehr nach der Pfeife der Kirche tanzen muss.Prinzipiell gilt, je weniger gebildet die Menschen sind, desto mehr kann man sie durch religiöse Vorschriften manipulieren !
Kein Mensch ist, wie gesagt, gezwungen, sich über ein Leben nach dem Tod Sorgen zu machen. "Religion", oder besser die "böse Kirche" hatten lediglich den Menschen eine Option aufzeigen wollen, nach der dieses ewige Leben gelingen kann. Jemand, der sich seinen Gott selber modelt, stellt sich nicht unter ihn, sondern macht sich zum Schöpfer selbst. Das heisst, er sieht sich in seinem Stolz nicht als erlösungsbedürftig, obwohl er weiss, dass er sich einmal vor Gott verantworten wird müssen. Die "Dummen" haben den Vorteil, dass sie in ihrer Nichtablehnung von Religion wenigstens nicht das existenzielle Eigentor des Stolzes begehen, mögen sie dabei auch noch sosehr als dumm bezeichnet werden. Alles Gute!
Das nutzen auch die Politiker gewaltig aus,
die immer noch meinen, dass das Volk nicht mitbekommt
was da unter der Decke alles gemauschelt wird,
um sich auf Kosten der Steuerbezahler
den Status immer höher zu schrauben!
Natürlich gibts noch genug dumme,
zur Zeit werden sie gerade mehr,
welche einem bierbestellenden Hammel nachlaufen!
Denen werden auch noch die Augen aufgehen,
HOFFENTLICH BALD !!