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Erwin Steinhauer: Die Verführung des Lebens

Von Reinhold Gruber, 06. Juli 2012, 00:04 Uhr
Die Verführung des Lebens y Erwin Steinhauer über Musik, Texte, das Kabarett und das vereinte Europa
In der musikalischen Ecke fühlt sich Erwin Steinhauer sehr wohl. Bild: Nancy Horowitz

Erwin Steinhauer über Musik, Texte, das Kabarett und das vereinte Europa

Die Musik ist stärker in den Blickpunkt deines künstlerischen Schaffens getreten. Ist Musik so viel spannender, als in Zeiten wie diesen Kabarett zu spielen?

Steinhauer: Es ist eine Rückkehr, weil in meiner Kabarettzeit bis ins Jahr 1992 immer die Hälfte der Programme musikalisch war. Aber ich habe in den 1970er Jahren noch mit Liselotte Pulver und Peter Fröhlich am Theater an der Wien Musical gesungen. Ich habe also eine starke musikalische Vergangenheit, bin nur durch Film und Theater total von der Musik weggekommen.

Was hat dich jetzt wieder stärker zur Musik gebracht?

Steinhauer: Es hat sich so ergeben, weil ich mit Musikern unterwegs war. Normalerweise ist es so, dass man ein paar Texte liest und zwischendurch spielen die Musiker. Irgendwann wird das fad. Warum muss ich immer nur lesen? Machen wir doch etwas Musikalisches. So war es beim Peter Gillmayr. Wir haben uns gemeinsam ein paar Lieder erarbeitet und dann haben wir es probiert. Seit zwei Jahren machen wir das sehr erfolgreich bis in den süddeutschen Raum hinein.

Warum ist es mit Peter Gillmayr gerade ein Oberösterreicher geworden?

Steinhauer: Er hat mich gefragt. Der Peter hat die Idee gehabt, mich angerufen, von einem Zukunftsprojekt gesprochen und ich habe dann noch eine große Liebesbeziehung zum oberösterreichischen Publikum. Das hat gepasst.

Woher kommt die?

Steinhauer: Ich gastiere seit den 1970er Jahren in Oberösterreich und es war immer ein großer Unterschied zwischen dem Publikum in Linz und dem Rest von Österreich.

Woher kommt deine Liebe zum Wienerlied? Weil es von zeitloser Güte ist?

Steinhauer: Man muss unterscheiden zwischen dem Heurigen-Wienerlied und der reinen Schrammelmusik. Die Schrammelmusik ist ähnlich wie Tango oder Fado in der Stadt entstanden, ist eine rein städtische Musik Ende des 19. Jahrhunderts. Die Brüder Johann und Josef Schrammel haben sie ins Leben gerufen und binnen kürzester Zeit war das so in, dass tausende Menschen diese Musik gehört haben. Die Wienerlieder sind der unterhaltende Aspekt. Da geht es ja eigentlich nur um den Alkohol, mit dem spielerisch umgegangen wird. Es gibt aber irrsinnig witzige Textzeilen wie etwa ‘Solang’ i no steh kann, bleib’ i no sitzn’. Das ist eine ganz tiefe philosophische Begründung zum Weitertrinken. Natürlich hat das alles mit dem damaligen Suchtmittel Nummer 1, dem Alkohol zu tun. Die Leute hören das aber gerne. Musik ist ja auch ein Genussmittel.

Wie kam es zum Lieblingslieder-Programm?

Steinhauer: Die Idee kam auch wieder nicht von mir. Ich bin mit den Musikern Peter Rosmanith und Georg Graf auf Tour gewesen, um „Dracula Dracula“ von H.C. Artmann zum Besten zu geben. Ich habe rein gelesen, gespielt. Auf einer Fahrt nach Hause meinte Peter, warum ich mit ihnen nichts Musikalisches mache. Ich habe gesagt: In meinem Alter? Worüber soll ich denn singen? Über die Liebe? Das ist ja peinlich. Der Peter hat gesagt: Warum nicht? Die Liebe kennt kein Alter. Das war eigentlich der Startschuss dazu, dass wir begonnen haben, Lieder zu sammeln. Und wir haben geschaut, ob wir auf einen gemeinsamen Geschmack kommen.

Ging das leicht?

Steinhauer: Es hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass der „Feier.Abend“ zweigeteilt ist. Der erste hat nostalgisch-historischen Charakter, weil wir die ersten 20 Jahre meines Lebens musikalisch Revue passieren lassen, von 1951 bis 1971. Das geht vom deutschen Schlager bis zu Janis Joplin und Kinks. Im zweiten Teil spielen wir rein Lieder, die uns gefallen. So ist das gewachsen und daneben ist auch meine Liebe zum Gitarrespielen wieder entflammt, allerdings habe ich schwer üben müssen, damit ich wenigstens einfache Rhythmussachen mit meinen Musikern zusammenbringe. Es macht mir Spaß, ich würde mich deswegen aber nicht als Gitarrist bezeichnen (lacht).

Mit Musik und gewissen Liedern verbindet man gewisse Stationen des eigenen Lebens. Ist das bei dir auch so?

Steinhauer: Ja. Ich habe viele Sachen ins Laufen gebracht, bei denen meine Musiker, die deutlich jünger sind, gefragt haben, wer ist das? Das hat mich schon tief in der Seele getroffen. Dann haben wir uns Gott sei Dank auf Kinks einigen können. Ganz wichtig ist für mich Georg Kreisler. Ich bin wirklich als Kind ein glühender Verehrer der Fernseh-Sendung gewesen, in der Kreisler mit Topsy Küppers Chansons gesungen hat. Das hat mich so beeindruckt, dass ich mein ganzes Leben lang den Kontakt zu Kreisler-Liedern nicht verloren habe. Seine Texte sind von zeitloser Güte.

Suchst du speziell nach Liedern?

Steinhauer: Ja. Ich bin nach wie vor auf der Suche nach tollen Texten.

Was muss ein Text haben, damit er dir genügt?

Steinhauer: Er muss mich anspringen, muss mir in die Seele greifen, meine Fantasie beflügeln. Ich muss das Gefühl haben, ich kann ihn vermitteln. Es gibt Texte, die eine derartige Komplexität haben, dass man sich fragt, wie das Menschen verstehen sollen. Du kannst in einem Liederabend keine intellektuelle Auseinandersetzung führen. Aber ein Text muss Prägnanz und Niveau haben.

Auch wenn du jetzt singst, wirst du immer mit Kabarett, Satire, mit dem Finger, der dorthin zeigt, wo es weh tut, in Zusammenhang gebracht werden. Musst du dich immer noch erklären?

Steinhauer: Erklären will ich überhaupt nichts. Man stellt etwas hin und die Leute müssen das kapieren oder nicht. Viele kommen in das Programm und sagen, dass sie sich etwas anders vorgestellt haben. Aber dann hat das keine Rolle mehr gespielt, weil sie von dem Gebotenen verführt wurden. Im Leben geht es immer um Verführung.

Würde dich Kabarett noch reizen?

Steinhauer: Sag’ niemals nie. Als ich 1992 nach 18 Jahren Kabarett erstmals wirklich aufgehört habe, kam plötzlich Rupert Henning, hatte die Idee zu „Freundschaft“ und hat mich verführt. Also sage ich nicht kategorisch Nein. Auf der anderen Seite ist es so, dass zu dem permanenten alterslosen Kritisieren, satirisch Drüberstehen, Distanz dazugehört. Je mehr du betroffen bist, desto weniger bist zu in der Lage, darüber zu witzeln. Je älter ich werde, desto mehr bin ich betroffen. Ich will nicht belehren. Der erhobene Zeigefinger ist schrecklich. Das interessiert mich nicht.

Wie geht es dir, wenn du dir die Welt anschaust, wie sie sich darstellt?

Steinhauer: Mir geht es insofern schlecht, als ich ein glühender Europäer war, als die Idee kam. In der Fortdauer der Zeit bin ich drauf gekommen, dass es auch in diesem Europagedanken nur ums Geld und ums Geschäft geht und um sonst nichts. Es wird keine Politik mehr gemacht, sondern es wird Wirtschaftspolitik gemacht. Wir müssten eigentlich den Primat der Ökonomie so zurückdrängen, dass die Politik wieder für die Menschen da sein kann. Jetzt versuchen sie nur, den Menschen so zu zerstören, dass sie Geld herausbringen. Wir reden immer von den Griechen, wie viel Geld die verschlingen. Im Grunde genommen geht es nur um die Banken. Die Griechen haben von den Geldern, die wir da runter schicken, null. Das ist das Fürchterliche. Dass Europa so einen Weg genommen hat, finde ich schrecklich.

Gibt es einen Weg aus der Krise?

Steinhauer: Der Weg ist die Solidarität, das Gefühl der Gemeinsamkeit, dass alle versuchen, der Wirtschaft und der Finanztransaktion so starke Fesseln anzulegen, dass sie nicht einfach durch ihre Ratingagenturen ganze Länder kaputtmachen können.

Zur Person
Der Schauspieler und Kabarettist Erwin Steinhauer ist eine Fixgröße im deutschsprachigen Raum. Egal ob Fernsehen, Film oder Theaterbühne, als Rezitator – Steinhauer ist ein Allrounder. In seinem nun schon reiferen Alter hat er ein weiteres Talent wiederentdeckt: das Singen. Die Interpretation von Wienerliedern ist seit Jahren ein erfolgreiches Konzertprogramm mit den OÖ Concert-Schrammeln unter der Leitung von Peter Gillmayr. Das Programm „Das Glück is a Vogerl“ ist am 28. Juli ab 19.30 Uhr im Rosengarten am Pöstlingberg in Linz zu erleben. Mit seinem neuen Programm „Feier.Abend“ musizieren und singen sich Steinhauer & seine Lieben durch Lieder des Lebens, die viel mit Liebe zu tun haben. Zu erleben am 22. Juli ab 20.30 Uhr in Stadt Haag.

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