Ein Konzert, von dem man gern mehr gesehen hätte
Das Bruckner Orchester nahm es beim Konzert in der Post City mit drei Tänzern, einem Industrieroboter und fünf Stampfern auf
Hector Berlioz hat mit seiner fantastischen Sinfonie "Épisode de la vie d’un artiste" einen Meilenstein in der romantischen Musik gesetzt. Das war 1830, und die industrielle Automatisierung steckte noch in den Kinderschuhen. Am Sonntagabend musste es Berlioz’ aufrüttelndes Werk mit einem Industrieroboter namens "Kuka KR600" aufnehmen.
Ein für sein Gewicht von knapp 2,7 Tonnen überraschend behändes, vollautomatisiertes Bewegungstalent, das sich stimmig zur Musik einmal breakdancend, dann wieder bedrohlich, versöhnlich und jedenfalls gut hörbar surrend (und deswegen auch ein bisschen störend) präsentierte. Mit dem "Berlioz Project" haben das Bruckner Orchester und sein kongenialer Dirigent Markus Poschner in der überraschend klangfrohen, ehemaligen Gleishalle der Linzer Post ihre Gestaltungskraft abseits üblicher Konzerthallen untermauert. Unter Poschner traut man sich was im Orchester und nimmt nicht planbare Unwegbarkeiten wie umfallende, laut hallende Gegenstände in Kauf. Auch in einer Gleishalle erkennt man sofort die Spielfreude des Klangkörpers.
Mensch und Maschine
Im Falle des "Berlioz Projects" muss das Gesamtwerk beurteilt werden. Also die Musik, der Roboter, die Inszenierung und der Tanz. Und letztlich auch fünf von Poschner per Tablet gesteuerte und mit den fünf Orchesterperkussionisten mittrommelnde Vibrationsstampfer. Ein genialer "Schaukampf", den die Maschinen kläglich verlieren.
Für diese Mixtur gibt es ein "Ja, aber". Ja für die Interpretation des musikalischen Meisterwerkes. Ja vor allem für die überwältigende Tanzperformance von Silke Grabinger, Gergely Dudás und Elias Choi Buttinger. Von der tänzerischen Annäherung an das technische Ungetüm bis zum vertrauten Schauturnen auf dem Riesenbohrer war alles stark und intensiv. Genial, wie nahe sich die Bewegungen von Mensch und Maschine gekommen sind.
Der Rest der Inszenierung fällt durch, weil man in der riesigen Halle mit ihren Pfeilern und der fehlenden Bühne vergessen hat, dass das Publikum auch gerne sehen möchte, was da passiert. Auf sechs große Leinwände wurden verwirrende Fantasiegebilde projiziert. Auf Livekameras und eine Übertragung auf diese Leinwände wurde verzichtet. Warum auch immer. So blieb vieles nur halb- oder unsichtbar.
Fazit: Ein grandioser, faszinierender Performance-Abend. Falls man ihn gesehen hat.
Sehr interessanter Bericht von Helmut Atteneder.
Auf den Punkt gebracht: "Wir haben uns selber. Das einzige was stört, ist der Besucher."