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Hass im Internet: "Die Plattformen agieren im Grunde wie Richter"

Von Valentin Bayer, 06. Oktober 2023, 00:50 Uhr
Hass im Internet: "Die Plattformen agieren im Grunde wie Richter"
Ranjana Achleitner forscht am Institut für Europarecht der JKU. Bild: privat

LINZ. JKU-Forscherin Ranjana Achleitner über Schwächen im "Digital Services Act" der EU

Der "Digital Services Act" (DSA) der EU bringt weitgreifende Veränderungen im Internet: Große Plattformen wie Facebook, Google und Amazon müssen unter anderem ihre eigenen Inhalte auf Rechtswidrigkeit überprüfen, Transparenzvorgaben einhalten und ihre Daten an Forschungsstellen weitergeben. Ranjana Achleitner vom Institut für Europarecht an der Johannes Kepler Universität spricht mit den OÖN über Chancen und mögliche Schwachstellen der Verordnung, die ab Februar 2024 vollständig gilt.

OÖN: Was ist aus Sicht der EU die Grundintention hinter dem Digital Services Act?

Ranjana Achleitner: Die Prämisse ist, dass Onlineplattformen aufgrund ihrer Struktur schädlich für die Gesellschaft sein können. Deshalb sieht der DSA zum Beispiel vor, dass Plattformen selbst überwachen müssen, ob und welche Risiken von ihnen ausgehen. Kritiker weisen darauf hin, dass die Plattformen von Privatunternehmen betrieben werden. Jeder kann sie nutzen oder, wenn er ein Problem mit ihnen hat, eben nicht. Das finde ich zu kurz gegriffen: Diese Plattformen nehmen in unserer Gesellschaft mittlerweile eine wichtige Rolle ein.

Wälzt die EU mit dieser Selbstkontrolle für die Unternehmen Verantwortung ab?

Ja, wobei die Frage ist, ob es eigentlich Aufgabe der EU oder der Nationalstaaten wäre. Aber die Plattformen agieren im Grunde wie Richter und müssen zum Beispiel bei Inhalten auch Grundrechtsabwägungen machen, etwa zwischen Persönlichkeitsrechten und Meinungsfreiheit. Grund dafür ist auch, dass sonst die Rechtsdurchsetzung im Internet zu lange dauern würde. Hinzu kommt, dass die Ergebnisse der von den Plattformen durchzuführenden Risikoanalysen wiederum von privaten Audit-Stellen bewertet werden, die von den Plattformen bezahlt werden. Die EU überwacht den Prozess zwar, aber insgesamt sind sehr viele private Akteure für sehr schwerwiegende Entscheidungen verantwortlich. Davon, dass viele dieser Aufgaben Algorithmen übernehmen und gar keine Menschen, reden wir noch gar nicht.

Bekommt die Öffentlichkeit Einsicht in diese Prozesse?

In allen Mitgliedstaaten werden Koordinationsstellen eingerichtet. Bei diesen können Forscher Zugang zu Daten aus den Risikoanalysen beantragen. Dieses Recht gibt es derzeit nur auf dem Papier, in der Praxis wird sich die Frage stellen, wie weitreichend der Zugang ist. Aber das wäre ein riesiger Fortschritt. Schon jetzt bekommen einige Wissenschafter Daten, aber eben nicht alle. Sehr optimistisch hoffe ich, dass die Forschung in der Praxis sogar eine Kontrollfunktion übernimmt. Außerdem müssen die Unternehmen jährlich Transparenzberichte veröffentlichen.

Welche Rolle spielt die EU-Kommission in diesem Gefüge?

Die EU-Kommission hat sich eine immense Machtposition geschaffen. Sie ist bei der Erarbeitung und Umsetzung der Verordnung involviert und kann sie im Nachhinein mit Akten konkretisieren. Die Frage ist, ob sie das hochqualifizierte Personal findet, um in Zukunft Schritt zu halten – da steht sie jetzt in direktem Wettbewerb mit Meta und Google.

Der DSA wird oft als "das Ende von Hass im Netz" verkauft.

Das sehe ich kritisch. Der DSA legt nicht fest, welche Inhalte illegal sind. Das obliegt noch immer dem nationalen oder EU-Recht. Er schreibt nur vor, wie Nutzer gegen problematische Inhalte vorgehen können. Auch beim Jugendschutz sehe ich Verbesserungsbedarf: Ihre Daten dürfen zwar zum Beispiel in Zukunft nicht mehr für gezielte Werbung genutzt werden, aber die Frage ist, wie Webseiten feststellen, ob die Nutzer minderjährig sind.

Abschließend: Wie bewerten Sie den DSA?

Bei aller Kritik bringt er neuen Wind in die Diskussion. Damit er aber wirklich ein wirksames Werkzeug wird, braucht es eine rigorose Umsetzung. Aufgrund der verschiedenen Akteure in der Überwachung läuft er Gefahr, in der Praxis schwächer als auf dem Papier zu werden. Die Rolle der Unternehmen muss rigoros kontrolliert werden.

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Autor
Valentin Bayer
Redakteur Oberösterreich
Valentin Bayer

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