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Ein Student mit 77: "Ich bin ein Minimalist"

Von Herbert Schorn und Martin Roithner, 08. März 2016, 00:04 Uhr
Ein Student mit 77: "Ich bin ein Minimalist"
Helmut Schreiner besucht einen Uni-Lehrgang für Immobilienmanagement an der Kepler-Uni: „Es gefällt mir, dass es so ins Detail geht.“ Bild: Weihbold

LINZ. Rund 500 Senioren über 55 studieren an Oberösterreichs Hochschulen – Helmut Schreiner ist einer der Ältesten.

Helmut Schreiner ist für seinen Uni-Tag bestens vorbereitet. In der Aktentasche steckt der dicke grüne Ordner mit allen Unterlagen für das kommende dreitägige Modul. Auf der ersten Seite ein Plan, wo der Seminarraum zu finden ist. Danach fein säuberlich mit Trennblättern unterteilt die Skripten für die folgenden Seminare: Baurecht I und II, Wohnrecht, Immobilienrecht. Dazu eine Wasserflasche, ein Kugelschreiber. Fertig.

Die perfekte Ausstattung ist – bei aller Liebe zur Uni – aber nicht Schreiners Werk. "Der Luxus des Alters", sagt er, und blickt verschmitzt auf den grünen Wälzer. "Das hat meine Sekretärin zusammengestellt." Denn der 77-Jährige ist nicht nur mit Leib und Seele Student, sondern auch Steuerberater. Und als solcher immer noch aktiv.

Zweitältester an der Kepler-Uni

Helmut Schreiner ist einer von rund 500 Senioren über 55 Jahren, die an Oberösterreichs Hochschulen studieren. Mit seinen 77 Jahren ist er der zweitälteste Student an der Linzer Kepler-Uni. Der Liezener schrieb sich mehr als 51 Jahre, nachdem er am 2. Februar 1964 das Welthandelsstudium in Wien abgeschlossen hatte, erneut an einer Uni ein. Seit Herbst vergangenen Jahres besucht er den Universitätslehrgang "real estate finance", in dem vier Semester lang Studenten die Grundlagen des Managements von Immobilien lernen. Pro Semester sind acht mehrtägige Module zu besuchen, als Abschluss winkt ein Master-Titel. "Ich habe schon lange nach einer derartigen Ausbildung gesucht", erklärt er. Grund für sein Interesse ist die Immobilienfirma, die er neben der Arbeit als Steuerberater aufbaute. Mittlerweile sind in den Häusern und Wohnungen 80 Mieter zu betreuen. Das macht zwar nun Sohn Günther, aber der Senior will ihn bestmöglich beraten: "Je mehr man weiß, umso leichter tut man sich."

Diesen Grundsatz lebt er auch als Steuerberater: "Bei den Steuern gibt es laufend Änderungen. Man muss sich jedes Jahr fortbilden." Nachdem er von seinem Vater in den 1960er-Jahren die Liezener Kanzlei mit 73 Klienten übernommen hatte, brachte er es in seinen besten Zeiten auf acht Kanzleien etwa in Wien, Linz und Graz mit 100 Mitarbeitern. Die meisten hat er verkauft, bei zwei ist er noch Gesellschafter. Er kommt täglich ins Büro und wenn’s haarig wird, ziehen ihn seine Partner noch immer zu Rate: "Bei heiklen Fällen muss ich zur Finanz. Mich schmeißen sie nicht so leicht hinaus."

Heikle Fälle gab es im Studium bis jetzt noch nie. Abgesehen vielleicht von der ersten Prüfung: "Da habe ich mich mit der Zeit vertan", berichtet er. Er beantwortete die ersten drei Fragen derart genau, dass für die letzten keine Zeit mehr blieb. "Durchgekommen bin ich trotzdem." Und genau das ist sein Prinzip: "Ich bin ein Minimalist. Es gibt Kollegen, die zählen die Punkte. Bei mir ist das so: Wenn die Prüfung positiv ist, ist es abgehakt. In meinem Alter muss man mit seinen Kräften haushalten", sagt er. Ihm gehe es weniger um den Abschluss als um die Inhalte: "Ich kann mir keine leeren Kilometer mehr leisten."

Seniorenplus: keine Ablenkung

Das Lernen bereitet ihm trotz des Alters keine Probleme. "Mir macht es Spaß. Es gefällt mir, dass es sehr ins Detail geht." Er sieht sogar – abgesehen von der hilfreichen Sekretärin – Vorteile im Seniorenstudium. "Man ist nicht mehr abgelenkt von anderen Dingen. Um Frauen oder Partys brauche ich mich nicht mehr kümmern."

Damit er während der bis zu zwölf Stunden langen Uni-Tage stets aufmerksam bleibt, greift der Steirer zu einem Trick. Er setzt sich immer in die erste Bank. So bekommt er das größte Gefahrenpotenzial für Studenten in den Griff: "Es wäre mir furchtbar peinlich, wenn ich einschlafe." Aber das ist wohl keine Frage des Alters.

Nach 51 Jahren wieder an Uni

Am 12. Februar 1964 schloss Helmut Schreiner, der nach der Handelsschule in die Steuerberatungskanzlei seines Vaters eingestiegen war und die Matura nebenberuflich absolviert hatte, sein Welthandelsstudium an der Uni Wien ab. 51 Jahre später, im September 2015, inskribierte er an der Kepler-Uni für den Lehrgang „real estate finance“ für Immobilienmanagement.

Schreiners Lernmethode: „Ich versuche während des Seminars herauszuhören, was wichtig ist. Zum Lernen erstelle ich mir ein Skriptum, das ich mehrmals durchlese.“

Senioren als Studenten

393 Studenten, die älter als 55 Jahre sind, sind im Wintersemester 2015/16 an der Johannes Kepler Universität in Linz inskribiert. Davon sind 266 Männer und 127 Frauen. Die beiden ältesten Studenten sind jeweils 77 Jahre alt.

129 Studenten, die über 50 Jahre alt sind, studieren derzeit an der Katholischen Privat-Universität in Linz. Damit hat die KU den höchsten Anteil an Seniorenstudenten unter den oberösterreichischen Hochschulen: Es sind rund 30 Prozent der insgesamt 430 Studierenden.

4 Seniorenstudenten gibt es an der Fachhochschule Oberösterreich. Dies dürfte wohl an der extrem berufspraktischen Ausrichtung des Studienangebotes liegen.

An der Anton-Bruckner-Privat-Uni gibt es keine Seniorenstudenten, insgesamt fünf Personen über 55 Jahre nehmen als außerordentliche Hörer an Vorlesungen teil. Laut Auskunft der Kunst-Uni wird dort nicht erfasst, ob es Seniorenstudenten gibt.

 

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